Читать книгу Der 31. September oder die List des Teufels - Werner Kogelnig - Страница 5

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Prolog

Gespenstische Stille war in der Basilika, durch die der Sträfling Boris, der aus einem polnischen Gefängnis entflohen war, in seiner schwarzen Jesuitenkutte huschte.

Mit diesen außergewöhnlichen Fälligkeiten, die ihm die unsterbliche Seele des Judas Ischariot – die in seinem Körper wohnt – verlieh, war er als Sekretär eines polnischen Kardinals bis in den Vatikan gelangt.

Eine dieser Fälligkeiten war es, in seinem Aussehen so zu erscheinen, wie er es wollte und wie er es in der jeweiligen Situation für richtig hielt. Dabei war es gar nicht er selbst, der sich veränderte. Die Verwandlung geschah in den Augen der Menschen, denen er gegenübertrat. Sie sahen jene Gestalt in ihm, die er ihnen suggerierte und nicht sein wahres Gesicht.

Die Flammen unzähliger Kerzen – am Vortag von den Gläubigen gespendet – flimmerten sanft, als er vorübereilte, und ihr Licht warf zitternde Schatten an die Wände und die Statuen rings um ihn und tauchte das riesige Gewölbe des Doms, in dem der abgestandene Duft von Weihrauch die stickige Luft erfüllte, in eine seidig nebelige Atmosphäre.

hatte mit einem raffinierten Trick das Gitter geöffnet, hinter dem die enge, schmale Treppe hinab in die Vatikanische Grotte führte, zum Grab Petri.

Der sanfte kühle Lufthauch, der von den dunklen Gewölben nach oben drang, ließ die Kerze in seiner Hand gespenstisch flackern und brachte sie fast zum Erlöschen, als er vorsichtig, Stufe für Stufe, hinunterstieg und sich dabei an die uralte felsige Mauer stützte, um nicht zu stürzen.

„Petrus“, flüsterte er dann, als er vor dem Grabmal stand. „Lass dich in deiner Ruhe nicht stören. Aber du weißt, wie sehr mich das Gold in seinen Klauen hält. Auch wenn ich wollte, ich könnte nicht anders handeln.“

Dann fuhr der verkleidete Sträfling mit den Händen den Sarkophag entlang, bis er die Nische fand, den Deckel anhob, eine schwarze, schmale Mappe entnahm und die Öffnung wieder verschloss.

Nun bin ich am Ziel, sagte er triumphierend zu sich selbst. Und so sehr er auch in sich horchte, da regte sich nichts. Da waren kein schlechtes Gewissen und auch keine Reue, auch wenn er noch so danach suchte.

Später, noch in der Nacht, nachdem er den Vatikan verlassen hatte, stand er auf dem Bahnhof Termini. Aber es war nicht mehr ein Priester in einer schwarzen Kutte, der in den Zug nach Venedig stieg. Es war ein jüdischer Rabbi, der in der einen Hand einen kleinen Koffer trug und in der anderen eine schwarze Mappe hielt, die er an seinen Körper presste, als wäre in ihr ein wertvoller Schatz verborgen.

Der 31. September oder die List des Teufels

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