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Vorwort zur ersten Auflage
ОглавлениеDie vorliegenden Erläuterungen zum Kommunalwahlrecht wenden sich in erster Linie an die Praktiker, die in der Wahlorganisation und in den Parteien und Wählergruppen mit der Abwicklung von Kommunalwahlen befasst sind. Es handelt sich jedoch nicht um einen alle Aspekte der Wahlpraxis umfassenden Leitfaden, sondern um ein Hilfsmittel zur Anwendung und Auslegung einzelner Rechtsvorschriften.
Zu den Rechtsgrundlagen für die niedersächsischen Kommunalwahlen gehören neben dem Kommunalwahlgesetz auch noch andere Rechtsvorschriften, die in die Erläuterungen einbezogen werden. In der Gemeindeordnung und in der Landkreisordnung finden sich grundlegende Wahlrechtsbestimmungen, die dem kommunalen Verfassungsrecht zuzuordnen sind. Die Kommunalwahlordnung enthält Verfahrensregelungen und Durchführungsbestimmungen.
Im Vordergrund der Erläuterungen stehen die Besonderheiten des kommunalen Wahlrechts. Hinsichtlich allgemeiner Wahlrechtsfragen wird auf die einschlägigen Kommentare zum Bundeswahlrecht verwiesen.1 Schwerpunkte der Darstellung sind die Erläuterungen zur Aufstellung und Zulassung der Wahlvorschläge (§§ 21 ff.), zur Feststellung des Wahlergebnisses (§§ 34 ff.) und zur Wahlprüfung (§§ 46 ff.)
Im Gegensatz zum Bundeswahlrecht gibt es zum Kommunalwahlrecht keine umfangreiche Fachliteratur. Man hat sogar von einer „Windstille“ und einer „literarischen Unterproduktion“ auf dem Gebiet des kommunalen Wahlrechts gesprochen.2 Dies mag zum einen damit zusammenhängen, dass sich viele der für die Kommunalwahlen geltenden Verfahrensregelungen an das Bundeswahlrecht anlehnen und somit keine Besonderheiten aufweisen. Zum anderen steht die große Vielfalt der kommunalen Wahlsysteme in der Bundesrepublik einer zusammenfassenden Darstellung entgegen.3
Zwar liegen zum Kommunalwahlrecht einzelner Bundesländer mehrere Kommentare vor. Diese sind jedoch nur sehr bedingt auf die Bestimmungen anderer Länder übertragbar. Zum niedersächsischen Kommunalwahlrecht ist zuletzt im Jahre 1972 ein Kurzkommentar erschienen.4 Die nachfolgenden Erläuterungen stützen sich vor allem auf eine systematische Auswertung der – zum großen Teil unveröffentlichten – Rechtsprechung zum niedersächsischen Kommunalwahlrecht, die aufgrund zahlreicher Wahlanfechtungen verhältnismäßig umfangreich ist. Sonstige Rechtsprechung zum Wahlrecht wurde ergänzend herangezogen.
Die in Teil A dargestellte Entwicklung des niedersächsischen Kommunalwahlrechts seit 1946 zeigt die wechselvolle Geschichte eines Rechtsgebiets, das in einem Zeitraum von 40 Jahren fast 30 gesetzliche Änderungen erfahren hat. Diese sind zum Teil Ausdruck einer permanenten Wahlrechtsdiskussion in Wissenschaft und Politik,5 zum Teil gehen die häufigen Novellierungen aber auch auf Erwägungen der politischen Opportunität und auf partei- und koalitionspolitische Überlegungen zurück. Verfassungsfragen sind Machtfragen, wie zu Recht festgestellt worden ist. Dies gilt weitgehend auch für Fragen des Wahlrechts.
Hannover, im Januar 1986
W. S.