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12. Kapitel

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Ben hatte sich jetzt ein wenig Entspannung verdient und beschloss daher, heute nichts Anderes mehr zu tun, als die Unterlagen für das Sorensen-Projekt für den morgigen Termin mit Desmond abschließend zusammen zu stellen.

Dafür brauchte er normalerweise noch etwa eine Stunde, er wollte das jedoch auf die doppelte Zeit strecken und danach Feierabend machen.

Tatsächlich brauchte er sogar noch eine halbe Stunde länger, bevor er gegen halb sieben das Büro verließ, doch nicht etwa, weil er besonders entspannt zu Werke ging, sondern weil er im Gegenteil immer wieder in Gedanken verfiel und so beinahe die Zeit vergessen hätte. Am Ende musste er sich sogar sputen, um noch einigermaßen rechtzeitig fertig zu werden.

Doch er konnte sich schlichtweg der Eindrücke, die die Ereignisse des heutigen Tages bei ihm hinterlassen hatten, nicht erwehren.

Schon der Morgen fing ja nicht so an, wie er es gewohnt war. Nicht allein und in aller Ruhe und vollkommen frei in seinen Entscheidungen, sondern mit Derek als Gast und Belastung. Damit aber war er überraschend gut zurechtgekommen, fand er.

Geändert hatte sich das erst hier im Büro. Mit Sophias Anruf, wurde ihm klar und er kräuselte die Oberlippe. Nur wegen ihr waren die Dinge danach so abgelaufen, wie sie abgelaufen waren. Nur weil sie von ihm Freundschaft für Derek eingefordert hatte, sah er sich förmlich gezwungen, ihm in Bezug auf Allison zu helfen. Dabei ließ er sich dann sogar dazu hinreißen, eine wirklich gute Tat vollbringen zu wollen, indem er ins Foyer fuhr und von dort unter falschem Namen mit Allison sprach. Die Idee dahinter mochte vielleicht tatsächlich sehr edel gewesen sein, doch die Gefahr, in die er sich dabei begeben hatte, war alles andere als kalkulierbar gewesen. Im Nachhinein war es also eine vollkommen dumme und überzogene Aktion gewesen, um Foreman zu helfen. Du bist ein Idiot, Ben! stellte er verbittert fest, der sich von seiner Exfrau - mal wieder - hatte manipulieren lassen, um Dinge zu tun, die er selbst doch eigentlich gar nicht tun wollte. Verdammt, sie versucht noch immer, mich zu ändern. Und doppelt verdammt, dass ihr das auch noch immer gelingt!

Die Unterstützung Dereks bei der Erstellung des Soll-Ist-Vergleichs war dann wieder ein Klacks für ihn gewesen. Er hatte schon Hunderte solcher Aufstellungen gemacht, sodass er Foreman hervorragend helfen konnte, das Ding noch rechtzeitig genug fertigzustellen. Damit hatte er Derek den Hals aus der Schlinge gezogen und sich wirklich ein Lob verdient, das er sich auch sogleich selbst verabreichte.

Dann aber erinnerte er sich an Allison und ihre Rückkehr von dem falschen Treffen mit Sorensen. Die Wucht, mit der sie ihn verdächtigte, überraschte ihn, die Tatsache, dass sie aber keinen Beweis hatte, spornte ihn förmlich an, mit ihr zu spielen. Dabei lief er zur Höchstform auf und schaffte es, ihren Verdacht gegen ihn nicht nur umzukehren, sondern sich selbst auch noch als Opfer hinzustellen. Gut gebrüllt, Löwe! Doch Ben war in diesen Momenten so sehr von sich und seiner Überlegenheit überzeugt gewesen, dass er kein Ende gefunden hätte. Wie weit kann man einen Bogen eigentlich überspannen, bevor er zurückschnellt und einem dermaßen wuchtig in die Fresse schlägt, dass Blut spritzt? Er hatte es nur Allison zu verdanken, dass sie offensichtlich so geschockt von seinen Worten war, dass sie das Gespräch beendet hatte und gegangen war. Ansonsten hätte er wohl weiter auf dieser Sache herumgehackt, wie ein Schiffskoch beim Zwiebelschneiden und am Ende mit Sicherheit noch alles versaut.

So aber hatte er, ungeachtet der Tatsache, dass er sich von Sophia so sehr hatte manipulieren lassen, dass er sich dermaßen weit auf dem Fenster gelehnt hatte, dass nur noch seine Zehennägel die Fensterbank berührten, einen - wie sagte man so schön? - echten Pflock bei Allison schlagen können.

Er hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen und sie beinahe sprachlos, vor allem sehr nachdenklich gemacht. Das war ihm in all der Zeit, da sie hier das Kommando übernommen hatte, noch nie gelungen.

Ist das jetzt gut, oder schlecht? fragte er sich.

Doch konnte er keine Antwort darauf finden. Es konnte gut sein, dass sich Allisons Verhalten ihm gegenüber jetzt dauerhaft besserte.

Viel wahrscheinlicher aber ist es, dachte er verbittert, dass sie das alles am Ende doch noch in den falschen Hals kriegt und mir den verschissenen Pflock mitten ins Herz rammt!

Damit war Ben erst einmal restlos bedient, schnappte seine Tasche und verließ das Büro. Als er kurz nach Derek sehen wollte, erinnerte er sich daran, dass der sich schon vor gut einer halben Stunde verabschiedet hatte, um zuhause ein paar Sachen einzupacken und sich dann für die nächsten Tage ein Hotelzimmer zu suchen.

Na, zumindest bin ich heute wieder allein und kann tun und lassen, was ich will.

Und so beschloss Riley, den Porno in der Videothek gegen die Blu-ray des dritten Thor-Films einzutauschen, da er ihn im Kino leider verpasst hatte, sich zuhause eine Pizza mit allem Drum und Dran liefern zu lassen und dann mit ein paar Bieren einen spannenden Abend im Marvel-Universum zu verbringen.

*

Ben hatte Glück und er konnte sich den Film ausleihen. Für einen Moment spielte er damit, auch noch einen weiteren Porno mitzunehmen, doch er verwarf diesen Gedanken. Beim nächsten Mal wieder!

Zuhause zog er zunächst seine Schlabbersachen an, dann wollte er die Pizza bestellen. Doch als er am Gästezimmer vorbeikam, beschloss er erst einmal dort nach dem Rechten zu sehen. Wer weiß, wie Derek das Zimmer hinterlassen hat?

Zu seiner großen Überraschung aber sah der Raum beinahe wie geleckt aus. Das Bett war ordentlich gemacht. Eigentlich sogar besser, als vorher! Alle Gegenstände standen sauber und ordentlich an ihrem Platz. Und nicht nur im Schlafraum, sondern auch im angrenzenden Badezimmer. Hat er hier sogar geputzt? fragte sich Ben allen Ernstes, da er sich nicht entsinnen konnte, dass es hier so sauber und ordentlich gewesen war. Aber wenn ja, wann zum Teufel hat er das in der kurzen Zeit zwischen Aufwachen und Erscheinen in der Küche gemacht? Riley war verwirrt. Deutlich konnte er sich noch an den schnarchenden, alkoholgezeichneten, vor allem aber…Bäh!...nackten Derek Foreman in zerwühlten Lacken erinnern. Da aber sowohl hier im Bad, als auch im Schlafraum den ganzen Tag über die Fenster geöffnet waren, war selbst der charakteristische Duft danach verschwunden. Verdammt, es ist fast so, als wäre Derek gar nicht hier gewesen. Vorsichtshalber kniff Ben sich kräftig in den Oberarm, um sicher zu gehen, dass er sich die letzten vierundzwanzig Stunden - aus welchem Grund auch immer - nicht nur eingebildet hatte.

Ein wüster Schmerz aber zeigte ihm, dass dies nicht der Fall und er vollkommen wach war.

Noch immer etwas verwirrt, aber durchaus zufrieden, ging Riley ins Wohnzimmer. Dort bestellte er sich eine Pizza Grandiosa Speciale in der XL-Version von seinem Lieblingsitaliener vier Querstraßen weiter, fütterte im Anschluss Leroy und machte es sich dann auf der Couch mit einem ersten Bier bequem, wobei er zunächst die Nachrichten anschaute, weil er den Film erst starten wollte, wenn das Essen angekommen war.

*

Mord und Totschlag überall, dachte Ben frustriert, als er die Nachrichten aus aller Welt über sich ergehen ließ.

Einen Augenblick später klingelte es an der Tür.

Instinktiv schaute Ben zunächst auf die Uhr am DVD-Player, als wolle er prüfen, ob schon genügend Zeit für die Lieferung der Pizza vergangen war oder ob er hier womöglich erneut mit einem ungebetenen Gast rechnen musste.

Knapp über dreißig Minuten, erkannte er. Das kann die Pizza sein. Mit einem deutlichen Hungergefühl erhob er sich von der Couch. Oder auch nicht! schoss es ihm in den Kopf.

Zur Sicherheit ging er daher zusätzlich noch ans Fenster. Als er draußen auf der Straße aber den alten Toyota-Kastenwagen mit der ihm bekannten Aufschrift erkannte, wusste er, dass er keinen Grund zur Sorge hatte.

Pizza satt! Geil!

Mit schnellen Schritten eilte er zur Tür, riss sie mit einem immer breiter werdenden Grinsen auf und…blickte in das Gesicht von Derek Foreman!

Ben

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