Читать книгу Ben - Alfred Broi - Страница 20
19. Kapitel
ОглавлениеDurst!
Das war das Gefühl, das er gerade verspürte. Seine Kehle fühlte sich ausgetrocknet an, geradezu ausgedörrt.
Und Ben verfluchte sie dafür.
Denn mit dem Durst kam eine noch ganz andere Empfindung hervor und drängte beinahe noch wuchtiger in sein Bewusstsein: Kopfschmerz! Und ganz sicher kein gewöhnlicher, der irgendwie in der Stirn arbeitete oder vom Nacken heraufzog, um ihn zu quälen. Nein, dieser hier war weitaus mächtiger, intensiver und schmerzvoller. Und er war überall. In seiner Stirn, in seinen Schläfen, im Nacken, auf dem Kopf, ja er hatte sogar das Gefühl, als habe er seine verdammten Haare befallen. Ein allumfassender, widerlich hämmernder, brutal ziehender und irrsinnig kraftvoller Schmerz, der sich gerade in seinem ganzen Körper ausbreitete und ganz speziell in seinem Magen ein äußerst mulmiges Gefühl entflammte, das er nur sehr schwer zu unterdrücken vermochte.
Wasser!
Das war es, was er jetzt brauchte. Flüssigkeit. Sein Körper schrie geradezu danach.
Glücklicherweise hatte Ben immer einige Mineralwasserflaschen neben seinem Bett stehen, da er auch nachts öfter mal Durst bekam.
Einziges Problem war nur: Woher zum Teufel sollte er die Kraft nehmen, seinen vollkommen erschlagenen Körper auch nur annähernd so weit herum zu drehen, dass seine Hand eine der Flaschen greifen konnte? Er wusste nicht, ob er seinem Gehirn den Befehl dazu geben konnte und ob dieses dann tatsächlich noch mit den entsprechenden Muskelsträngen und Gelenken verbunden war, um ihn auszuführen! Mehr noch aber war er sich absolut nicht sicher, ob er einen solchen Befehl überhaupt geben wollte, weil er befürchtete, dass sein Magen dadurch nur noch mehr in Wallung geriet und er am Ende nicht nur seinen Arm über die Bettkante in Richtung Boden drücken würde.
Oh Gott! dachte Riley voller Schmerz. Lass mich einfach hier sterben!
Doch das tat der Herr natürlich nicht, im Gegenteil wurde sein Durst immer brennender, sodass er letztlich keine Wahl hatte, als sich mit einem tiefen und qualvollen Stöhnen herumzudrehen, dabei die Tatsache zu ignorieren, dass sich sofort die Welt um ihn herum zu drehen begann, obwohl er seine Augen doch noch gar nicht geöffnet hatte - Gott schütze mich vor dem, was geschieht, wenn ich es tue! Wobei: Ich mache sie einfach nicht auf! Genau, ich mache sie am besten nie wieder auf! - und sich zusätzlich gegen das zu stemmen, was da auf ziemlich heftige und bittere Weise versuchte, sich einen Weg aus seinem Magen heraus in seine Speiseröhre zu bahnen.
Das gelang ihm auch. Mit zittrigen Fingern konnte er die Mineralwasserflasche ergreifen, drehte sich mit einem weiteren Stöhnen zurück auf den Rücken, wo er sie öffnete und den Inhalt zwar ziemlich umständlich, so aber doch erfolgreich trinken konnte. Er leerte die halbe Flasche in einem Zug und hätte sie womöglich auch komplett geleert, doch zum Einen bekam er plötzlich Atemnot, weil der Sauerstoff durch die Nase im Moment wohl nicht genug war und sich seine Kopfschmerzen schlagartig nochmals erhöhten, und zum Anderen tat die Kohlensäure ihre Wirkung und kaum, dass Ben abgesetzt hatte, entfuhr ihm ein derart tiefer, lauter und rauer Rülpser, dass Leroy, der am Fußende gelegen und geschlafen hatte, aufschreckte, ihn erst erschrocken ansah, dann fauchte, schließlich ruckartig aufsprang und mit einem mürrischen Mauen das Zimmer verließ.
Riley sah ihm mit einem Grinsen hinterher, was er jedoch schon im nächsten Moment leidlich bereute, weil seine Kopfschmerzen sofort stärker wurden, was sich wiederum postwendend auf seinen Magen übertrug. Er zog eine schmerzvolle Grimasse, setzte die Flasche an und leerte sie schließlich. Der nachfolgende Rülpser war fast noch mächtiger, als der erste und schien seinen Kopf am Ende sogar etwas zu befreien, denn die Kopfschmerzen ließen nach. Freuen konnte er sich darüber allerdings nicht lange, denn plötzlich plagte ihn ein anderes Problem: Er musste pissen!
Sein Weg ins Bad war eine einzige Tortur!
Mit weit ausgebreiteten Armen nutzte er jeden noch so kleinen Halt, der sich ihm bot, da er ansonsten sicherlich einfach nur zur Seite gekippt wäre, weil sich sein Schlafzimmer ja ausgerechnet heute auf einem Schiff bei schwerem Seegang befinden musste. Außerdem hatte irgendein Arsch das Bad viel weiter nach hinten verlegt, denn Ben konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, dass es jemals so weit bis zur erlösenden Kloschüssel war.
Dort angelangt, konnte er gerade noch seine Hose herablassen, seine Arme gegen die Wand hinter der Toilette stemmen und sich selbst breitbeinig davor, als er den Inhalt seiner prall gefüllten Blase auch schon nicht mehr halten konnte. Dass hierbei einiges sein Ziel verfehlte und danebenging, konnte er nur hilflos mit ansehen, zum Korrigieren war er absolut nicht fähig. Einem tiefen, jammervollen Brummen folgte das erlösende Gefühl in seiner Blase und es wurde ein lustvolles Stöhnen daraus.
Scheiß drauf! dachte Ben. Darum kümmere ich mich später!
Und wo er nun schon einmal hier war, beschloss er auch gleich, ausgiebig zu duschen.
*
Das heiße Wasser tat ihm richtig gut. Sein Nacken entspannte sich, der Kopfschmerz schwand, dann auch das mulmige Gefühl im Magen.
Dadurch entspannte sich auch der Rest des Körpers, er konnte endlich vernünftig durchatmen und schließlich auch wieder klar denken.
Er erinnerte sich an den gestrigen Tag.
Die Ereignisse im Fitnessstudio, Derek und Blondie, Football schauen in der Sportbar und schließlich ihr Zusammensein später hier im Wohnzimmer.
Er hatte keine rechte Erklärung, warum sie plötzlich so sehr dem Alkohol zugesprochen hatten. Wenn er genau überlegte, war es bei ihm wohl ein Zusammenspiel mehrerer Gründe bzw. Vorfälle: Sein allgemeiner Frust über die aktuelle Lage, die Tatsache, dass er Babysitter für Derek spielen und dadurch zumindest vorübergehend seine Freiheit aufgegeben musste. Dereks Verhalten im Fitnessstudio, die Ignoranz von Blondie und ihrer Freundin, das Gespräch mit Sophia, ihr wundervolles Aussehen, aber auch das und wie dreist sie erneut über sein Leben bestimmt hatte.
All das hatte sich in ihm aufgestaut und einen Weg nach draußen gesucht. Der Alkohol kam da wohl gerade recht.
Bei Foreman war es sicher ähnlich. Auch bei ihm musste sich einiges angestaut haben, das einfach einmal raus wollte.
Kein Grund also, sich deswegen zu grämen oder zu zweifeln oder sich zu rechtfertigen. Manchmal war so etwas eben einfach notwendig.
Das ist, was Männer tun! dachte Ben, doch sein anfängliches Lächeln verging ihm ziemlich schnell wieder. Großer Gott, hatte er das wirklich von sich gegeben? Oh Ja, wusste er sogleich. Das und noch viel mehr! Voll krasses, mega peinliches, total beknacktes Machozeugs. Doch Derek hatte es ihm abgekauft! Ben musste wieder lächeln. Er glaubte jetzt womöglich tatsächlich, dass Ben ein echt dominanter Kerl sei. Na ja, Riley verzog die Mundwinkel zu einem feisten Grinsen, dann ist es eben so! Wichtig war nur, und bei diesem Gedanken verging ihm seine Freude sehr schnell wieder, dass Sophia nichts davon erfuhr, denn sonst würde sie ihm wohl gehörig den Marsch blasen. Von wegen dominant! Ihre Ehe, vor allem aber ihre sexuelle Beziehung (die niemandem etwas anging, wie sie stets betont hatte) war außergewöhnlich gewesen, geprägt von tabulosen Fantasien und einem Spiel von Dominanz und Devotion. Aber eben nur einem Spiel davon, tatsächlich waren beide gleichberechtigte Partner. Wenn Sophia je Wind von seinen gestrigen Aussagen bekommen würde, wäre sie wohl mächtig sauer und sehr enttäuscht, dass er es nötig hatte, die Wahrheit so zu verdrehen, nur um sich ins Rampenlicht zu stellen. Verdammter Mist. Er konnte nur hoffen, dass Derek es für sich behielt. Er wollte Sophia nicht verärgern, mehr noch aber wollte er sie nicht enttäuschen. Der Gedanke daran bereitete ihm etwas Angst. Bis er Verärgerung in sich spürte. Was machte er sich eigentlich noch einen solchen Kopf um das, was seine Exfrau von ihm dachte? Sie hatte ihre Wahl getroffen. Hatte es sie interessiert, dass sie ihm damit sehr wehgetan und ihn mächtig enttäuscht hatte, weil er stets geglaubt hatte, dass ihre Ehe das einzig Wahre und Beständige auf dieser Welt sei? Ein großes Nein dafür! Warum also sollte er sich jetzt noch grämen, nach fast zwei Jahren der Trennung? Ben wusste keine Antwort darauf, nur, dass es ihm eben nicht egal war, was Sophia auch weiterhin von ihm dachte.
Den Marsch blasen! Ben lächelte schief. Oh ja, dass würde sie. Obwohl es ihm doch so viel lieber gewesen wäre, wenn sie ihm etwas Anderes geblasen hätte!
*
Ben verließ die Dusche, putzte sich die Zähne und rasierte sich. Danach fühlte er sich noch etwas besser.
Anschließend säuberte er das Toilettenbecken bzw. den Bereich drum herum. Nie wieder Alkohol! schwor er sich. Das ist ja voll peinlich!
Dann ging er ins Schlafzimmer und zog sich frische Wäsche an.
Dabei lauschte er, doch er konnte keine weiteren Geräusche vernehmen.
Derek pennt sicher noch! Riley grinste. Der hat doch bestimmt einen Kopf wie ein Kleiderschrank! Ben konnte sich nicht vorstellen, dass Foreman Alkoholgenuss und dann auch noch in dieser übermäßigen Menge abkonnte. Wenn Riley schon so sehr darunter gelitten hatte, mochte er sich gar nicht vorstellen, was für ein schlappes, wimmerndes und wehleidiges Häufchen Elend sein Mitbewohner darstellte. Der Gedanke daran amüsierte ihn und hob seine Stimmung. Na ja, er würde sich jetzt erst einmal einen Kaffee kochen und dann mehr oder weniger sanft - wohl eher weniger! - nach Foreman sehen.
*
Doch als er ins Wohnzimmer ging, konnte er sehen, dass es bereits aufgeräumt war. Keine Gläser und Flaschen auf dem Tisch, die Couch ordentlich hergerichtet, alle Fenster zum Durchlüften geöffnet.
Ben war sichtlich erstaunt. Wie konnte Foreman dazu in der Lage sein? Wann verdammt hatte er das gemacht? Und warum zum Teufel konnte er die Sauferei von gestern offensichtlich besser wegstecken als er?
Riley wusste es nicht, doch spürte er Frust in sich aufkommen, weil er selbst Schwäche zeigte. Er atmete daraufhin tief durch und streckte seinen Körper, doch spürte er sofort, wie sich sein Kopfschmerz zurückmeldete. Nein, es hatte keinen Zweck, es zu leugnen. Er hatte einen ordentlichen Kater und er würde Zeit brauchen, um ihn zu verdauen.
Etwas genervt ging er in die Küche.
Dort saß erwartungsgemäß Derek und las die Tageszeitung, während er eine Tasse Kaffee schlürfte. Im Raum hing außerdem der Duft von gebackenen Pfannkuchen und Ahornsirup.
Bens Magen begann sogleich wieder zu rumoren.
"Ah!" Derek sah auf und lächelte breit. "Hallo Ben! Auch endlich wach!"
Halt die Fresse! Ben konnte sich ein mürrisches Brummen gerade noch verkneifen. "Morgen!"
"Morgen?" Foreman lachte heiser auf. "Es ist halb Drei Uhr nachmittags! Ich dachte schon, du wolltest den Tag verschlafen!"
Was hältst du davon, wenn ich dir eine aufs Maul haue und du den Tag dann verpennst? "Wieso? Wie lange bist du denn schon wach?"
Jetzt grinste Derek schief. "Okay, erwischt! Ich bin auch erst seit knapp zwei Stunden auf den Beinen!"
Alles klar! Jetzt verpasse ich ihm wirklich eine! "Na ja, jeder wie er meint, oder?" raunte Riley.
Foreman nickte. "Recht hast du! Es war ja auch ziemlich heftig gestern!" Er blies die Luft in die Wangen und verdrehte die Augen. "Das muss man erstmal verdauen!"
Ich könnte ihn erwürgen! Oder meine Hand in seinen Hals stecken und ihm alle Rippen von innen brechen! Oder, noch besser, ich reiße ihm die Zunge raus und steckte sie ihm in den Rachen, bis er an seiner blöden Laberei erstickt! "Klar doch!" meinte er aber nur.
"Möchtest du einen Kaffee?" Derek erhob sich und ging zur Maschine.
Ben nickte.
"Vielleicht ein paar Pfannkuchen? Oder Rühreier? Oder etwas Müsli?"
Wie viel steht wohl auf Mord im Affekt? "Nein, nur Kaffee, Danke!" Riley setzte sich mit einem Stöhnen an den Tisch.
Foreman brachte ihm die Tasse.
Ben trank einen Schluck und stöhnte dann leise auf, während er die Augen geschlossen hielt.
"Ich habe nachgedacht!" meinte Foreman mit einem Mal.
Im besoffenen Kopf? "Worüber?"
"Über unser Gespräch von gestern!" Als Riley nicht darauf reagierte, fuhr er fort. "Ich glaube, du hast Recht!"
Womit? Alter, ich habe wirklich keine Ahnung mehr, was ich gesagt habe!
"Ich sollte die Zeit nutzen, in der Leyla nicht hier ist und mir vor allem auch über meine eigenen Gefühle ihr gegenüber klarwerden!"
Das klingt ja prächtig! Aber auch tierisch anstrengend. Ich hoffe nicht, dass ich da dabei sein muss!? "Das klingt nach einem guten Plan!"
Derek nickte lächelnd. "Aber dafür brauche ich nicht nur Zeit, sondern auch Ruhe!"
Aha! Und worauf läuft das jetzt hinaus? Soll ich etwa hier ausziehen, damit der Herr in Ruhe in Selbstmitleid zerfließen kann? "Und was heißt das?"
"Ich habe Allyson angerufen…!"
Was? Meine…ich meine, unsere Allyson?
"…und ihr die Situation erklärt!"
Warum machst du denn so einen Scheiß? Das wirst du bereuen, alter Junge. Wer sich vor Allyson nackt macht, gibt ihr seine Eier in die Hände und irgendwann einmal drückt sie zu!
"Sie hat es verstanden…!"
Glaubst du!
"…und zugestimmt, dass ich in der kommenden Woche Urlaub machen kann!"
Oh Gott sei Dank, er fährt auch weg! Endlich wieder allein!
"Wenn du also erlaubst, würde ich dein Angebot, hier zu wohnen, gern noch weiter in Anspruch nehmen…!"
Was? Wieso? Es ist doch bestimmt überall auf der Welt besser und angenehmer, als bei mir!
"…und mich ansonsten auf mein Problem konzentrieren!"
Ich könnte ihm eine Woche Hawaii schenken! "Aha!" sagte er aber nur. "Verstehe! Na klar! Mach, wie du denkst!"
"Danke!" Foreman war ehrlich erleichtert und zufrieden. "Na dann, werde ich auch erst mal duschen gehen!" Er erhob sich. "Wollen wir nachher noch irgendwas zusammen machen?"
Was? Wieso? Nö!
"Spazierengehen vielleicht? Um das Gehirn durchzupusten und den Alkohol aus dem Blut zu bekommen!"
Spazierengehen? Wie bist du denn drauf? Ben schüttelte den Kopf und atmete stöhnend ein. "Ich denke, ich verbringe den Tag heute im Bett und schaue mir ein paar alte Filme an!" Er blickte Derek an. "Nichts für ungut!"
Doch Foreman winkte lächelnd ab. "Klar! Muss auch mal sein! Dann gehe ich halt allein! Kein Ding!" Er ging zur Tür. "Viel Spaß! Vielleicht sehen wir uns ja heute Abend noch!?"
"Ja!" Riley nickte. "Vielleicht!" Derek ging aus dem Raum. Vielleicht aber auch nicht!
Ben trank den Kaffee aus, füllte nach, schaltete die Maschine danach aus und ging zurück in sein Schlafzimmer. Im Flur hörte er Wasser rauschen. Er schloss die Tür hinter sich, schaltete den Fernseher ein und suchte sich ein ansprechendes Programm. Statt eines Films lief eine interessante Doku über die Entstehung des Universums. Die ließ er laufen und setzte sich aufs Bett. Nachdem er den Kaffee ausgetrunken hatte, streckte er sich lang aus und ehe er es sich versah, war er auch schon eingeschlafen.