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23. Kapitel

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Am darauffolgenden Wochenende, genauer gesagt am Samstagmorgen, erwachte Ben ungewöhnlich früh schon gegen halb acht Uhr morgens!

Warum, wusste er nicht.

Ein Geräusch etwa, das ihn geweckt hätte oder seine Blase, die ihm unmissverständlich erklärte, dass sie geleert werden wollte, waren es jedenfalls nicht.

Riley konnte auch nicht sagen, dass er irgendwie aus dem Schlaf gerissen worden wäre, ganz im Gegenteil. Er fühlte sich ausgeruht und entspannt. Gar nicht, wie sonst immer.

Woran das wohl lag?

Da er nicht mehr schlafen konnte, aber auch noch keine Lust hatte, aufzustehen, blieb er liegen und ließ seinen Gedanken freien Lauf.

Komischerweise dauerte es nicht lange und er dachte über Derek Foreman und die letzten Tage mit ihm nach.

Das Essen am Dienstagabend war absolut lecker gewesen. Derek hatte gesagt, dass das Wok-Menü eigentlich vegetarisch sei, dass er aber immer gebratenes, mariniertes Putenfleisch dazugab, weil er meinte, dass es so einfach noch besser schmeckte.

Recht hatte er!

Nach dem Essen räumte Foreman den Tisch ab und säuberte die Küche. Als er damit fertig war, verkündete er, dass er schlafen gehen wolle. Ben glaubte das nicht wirklich, doch konnte er durchaus verstehen, dass Derek lieber allein sein wollte, denn er konnte das Gespräch mit Leyla unmöglich schon verarbeitet haben. Außerdem ersparte er Riley so, den Psychiater zu spielen, eine Rolle, in der er wahrlich noch nie gut ausgesehen hatte.

Die nächsten Tage verliefen dann in nahezu demselben Trott:

Obwohl Derek noch Urlaub hatte, war er dennoch jeden Morgen vor Riley wach, um ihm ein ordentliches Frühstück zuzubereiten. Ben, der normalerweise morgens nichts aß, gewöhnte sich überraschend schnell daran und genoss es dann sogar.

Schließlich fuhr er zur Arbeit und kehrte erst am Abend wieder heim.

Was Foreman den ganzen Tag über machte, wusste Ben nicht zu sagen, doch, wenn er seine Wohnung betrat, befand sie sich stets in einem nahezu perfekten Zustand. Sie war gereinigt, alles stand an seinem Platz und sie duftete frisch und angenehm. Meist war Derek schon damit beschäftigt, ein weiteres, wohlschmeckendes Abendessen zuzubereiten, manchmal aber war er auch nicht da, weil er zuvor noch Einkäufe zu erledigen hatte.

Riley konnte auf eine mexikanische Omelette am Mittwochabend, einen Nudelauflauf mit Bolognese-Sauce und Crème Fraiche am Donnerstagabend und Rinderfilet mit Speckbohnen und glasierten Ofenkartoffeln am gestrigen Abend zurückblicken.

Bei dem Gedanken, was Foreman wohl noch alles zaubern würde, lief ihm glatt das Wasser im Mund zusammen. Ben atmete tief und genussvoll ein. Dabei roch er den angenehm leichten Duft, der seit einigen Tagen in seinem Zimmer hing. Anfangs war er ihm gar nicht aufgefallen, bis er eine kleine Kugel auf der Kommode erkannt hatte, in der sich eine klare, hellgrüne, zähflüssige Masse befand, die ganz offensichtlich diesen wundervoll frischen, leichten, wohligen Geruch verströmte. Teufel auch, dachte Ben. Warum habe ich so etwas nicht schon früher gehabt?

Doch nicht nur in seinem Zimmer roch es angenehm, überall in der Wohnung wurde man von verschiedenen, aber miteinander stimmig verbundenen Düften empfangen - auch und sogar auf dem Klo!

Aber damit noch immer nicht genug: Seitdem Derek hier wohnte, lagen in der Wohnung, aber natürlich speziell in Bens Schlafzimmer keinerlei schmutzigen Kleidungsstücke mehr herum. Nun ja, was sollte Riley sagen? Er war ein Mann und als solcher achtete er nicht immer darauf, dass er Schmutzwäsche in die extra dafür bereitstehende Wäschetruhe im Bad warf. Oft genug war er sich auch nicht sicher, ob es nun schon Schmutzwäsche war oder er sie doch noch einmal anziehen konnte. Dieses Problem hatte er nun nicht mehr, Derek entschied für ihn, was noch tragbar war oder nicht. Er sorgte dann auch gleich für die ordnungsgemäße Entsorgung, was nicht nur das Werfen in die Wäschetruhe beinhaltete, sondern auch das Waschen in der Maschine, das Trocknen im Wäschetrockner, das Zusammenlegen bzw. Bügeln und das Verstauen im Kleiderschrank, in dem es neuerdings ebenfalls duftete, wie ein frisch gelutschtes Sahnebonbon.

Für einen Augenblick war Rileys Kopf wie leergefegt. Dennoch musste er lächeln, allerdings sogleich auch den Kopf schütteln.

Derek war der perfekte Hausmann! Nein, mehr noch: Foreman war die perfekte Hausfrau mit Penis! Wie nur hatte Leyla ihm jemals wehtun können? Diesen Mann musste eine Frau doch hüten, wie einen kostbaren Schatz!

Plötzlich verlor Riley sein Lächeln, weil er schon im selben Moment die Antwort auf seine Fragen fand: Genau deshalb hatte Leyla ihn betrogen! Derek war nicht nur perfekt, er war zu perfekt. Denn, welche Frau hat schon gern einen Mann neben sich, dem sie in Punkto Essen kochen und Haushaltsarbeiten nicht das Wasser reichen konnte? Das musste doch geradezu am eigenen Ego nagen, wie ein Biber an einem Baumstamm. Leyla hat bestimmt ein ums andere Mal deswegen tierischen Frust geschoben. Und vielleicht nicht nur deshalb: Vielleicht hat Derek lieber den Staubfeudel geschwungen, als sein Betonrohr zu verlegen? Oder lieber die Waschmaschine zum Rotieren gebracht, als Leyla? Oder seine Finger lieber in Spülwasser getaucht, als in seine Ehefrau?

Du bist unfair und ziemlich widerlich, schalt Riley sich. Ja, bin ich! stellte er unumwunden fest. Aber bisher konnte er nun mal keinen Grund erkennen, weshalb Leyla ihn betrogen haben sollte, außer eben den, dass Derek seine Ehepflichten vernachlässigt hatte.

Gut, es konnte nun mal nicht jeder einen ausgewachsenen, stahlharten, serbischen Bullen in der Hose haben. Doch Derek war ein stattlicher, attraktiver Mann - nun, sicherlich nicht so, wie Ben, aber beinahe. Warum also hatte Leyla nicht genug mit ihm, sondern womöglich genug von ihm?

Riley fand keine Antwort darauf. Er konnte nur hoffen, dass Leyla eine darauf fand und das möglichst zügig, damit Foreman endlich wieder hier ausziehen konnte. Vorzugsweise natürlich zurück in Leylas Schoss, denn wenn es keine Versöhnung gab, würde Derek hier zwar ausziehen, aber er hätte ihn wohl dennoch weitaus öfter an der Backe, als zuvor und ihm lieb sein konnte.

Obwohl…! Riley stutzte und war total überrascht. Habe ich diesen Gedanken gerade wirklich?

Ja, hatte er.

Denn irgendwie empfand er es gar nicht mehr als so schlimm, dass Derek hier bei ihm wohnte.

Wirklich?

Ja, wirklich! Denn zwar war ihm die ständige Gesellschaft einer zweiten Person nach wie vor unangenehm - nicht immer, aber doch noch die meiste Zeit über - aber Dereks Anwesenheit hatte aufgrund seiner vielfältigen Fertigkeiten doch absolut und offensichtlich auch seine Vorteile, die man ganz und gar nicht wegdiskutieren konnte.

Und Riley eigentlich auch nicht wollte, denn jeden Tag mit leckerem Essen verwöhnt zu werden, stets saubere und duftende Wäsche im Schrank zu haben, auf ein sauberes Klo gehen zu können und noch einiges mehr, waren Dinge, die Ben schnell schätzen gelernt und die er viel zulange schon nicht mehr erfahren hatte.

Mit einem Mal dachte er wehmütig zurück an die Zeit, als er noch mit Sophia verheiratet war. Auch sie konnte wirklich toll kochen, wenngleich sie es aufgrund ihres Jobs nur selten getan hatte. Doch Riley erinnerte sich gern an die Abende zurück, als sie zusammen ihr Abendessen zubereiteten. Es war nämlich nicht so, dass Ben nicht auch kochen konnte. In Gesellschaft tat er es sogar sehr gern, nur eben für sich allein hatte er nie Lust dazu gehabt. Vielleicht hätte er auch mit Derek gekocht, doch hatte ihn Foreman bisher noch nicht danach gefragt. Und noch lieber als zusammen zu kochen, mochte er es natürlich, wenn er eine leckere Mahlzeit vollkommen ohne sein Zutun genießen durfte. Zumal er mit Foreman ganz sicher nicht so viel Spaß dabei erleben würde, wie seinerzeit mit Sophia, denn eigentlich war das Zubereiten einer Mahlzeit nur eine Nebensache, bei der noch ganz andere, viel aufregendere Dinge abliefen.

Verdammt, dachte er. Da regt sich doch tatsächlich was in meiner Hose! Na ja, er grinste schief, was Wunder?

Doch seine Gedanken schweiften wieder ab. Natürlich war Sophia auch in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen, doch fehlte ihr schlicht die Zeit dazu, sodass sie schon sehr früh auf eine Haushälterin zurückgegriffen hatten, die Sophia allerdings bei der Scheidung für sich beanspruchte, sodass Ben sich mit Rosalie eine neue hatte besorgen müssen.

Rosalie war eine gute Arbeitskraft und Riley sehr zufrieden mit ihr, doch Derek stellte sie glatt in den Schatten.

Er konnte nur hoffen, dass sie sich nicht beschwerte und glaubte, Foreman würde hier alles sauber halten, weil Ben mit ihr nicht zufrieden war. Denn dem war nicht so. Nur kam sie eben nur einmal die Woche und Derek wirbelte hier jeden Tag herum.

Ben nahm sich vor, dass bei nächster Gelegenheit zu klären. Außerdem erinnerte er sich, dass er Derek versprochen hatte, wegen Rosalie mit Sophia zu reden. Er entschied, seine Exfrau am Montag anzurufen. Vielleicht ließ sie sich von ihm zum Mittagessen einladen. Ja, das wäre wirklich schön, dachte er. Dann konnte er außerdem seine Erinnerungen an sie, ihr Aussehen und ihren Körper wiederauffrischen, um sie am Ende für seinen serbischen Bullen zu nutzen. Mehr blieb ihm ja leider nicht.

Riley spürte, wie seine Stimmung sank.

Plötzlich piepte sein Handy. Es war der Erinnerungston. Ganz offensichtlich hatte er für heute etwas in seinen Kalender eingetragen.

Doch was mochte das sein?

Er griff auf den Nachttisch, nahm das Gerät an sich, öffnete das entsprechende Menü und war sofort bass erstaunt!

Da stand: 20 Uhr, Bryan Adams! Gefolgt von einer ganzen Batterie glücklicher Smileys.

Verdammt, schoss es Riley in den Kopf. Wie konnte ich das nur vergessen?

Als er davon erfuhr, dass Bryan Adams hier in der Stadt ein Konzert gab, war er vollkommen aus dem Häuschen gewesen. Doch obwohl er blitzschnell reagierte, waren schon keine Karten mehr zu bekommen gewesen. Nur pures Glück hatte ihm dann doch noch zwei verschafft, wenn auch zu einem unverschämten Preis. Doch den war dieser begnadete Künstler allemal wert. Warum er allerdings zwei Karten gekauft hatte, wusste er nicht. Klar, er hatte sie gekauft, weil er wusste, dass Sophia Adams ebenso mochte, wie er und er mit dem Gedanken gespielt hatte, sie in das Konzert einzuladen, doch als er die Karten schließlich in den Händen hielt, verwarf er dieses Vorhaben sehr schnell wieder, weil er keine Lust hatte, sich bei ihr eine Abfuhr zu holen.

Die Frage, wen er stattdessen mitnehmen sollte, mehr aber noch die Existenz der Karten, ebenso wie den Termin für das Konzert überhaupt waren dann vollkommen in Vergessenheit geraten, als Leyla dafür gesorgt hatte, dass Foremans Leben aus den Fugen geraten war - und Sophia im Nachgang das gleiche mit seinem gemacht hatte, in dem sie ihn bat, für Derek ein wirklich guter Freund zu sein.

Nun, mittlerweile hatten sich die Dinge entwickelt, wie sie es nun einmal getan hatten und Riley fuhr nicht einmal schlecht damit. Kein Dauerzustand, mahnte er sich sogleich wieder, aber durchaus eine akzeptable, zeitlich begrenzte Phase.

Und wenn Foreman sich bei Ben für seine Hilfsbereitschaft damit bedanken konnte, dass er ihm Essen kochte und seine Wohnung in Schuss hielt, so würde Riley sich seinerseits damit bedanken, dass er ihn zu dem Konzert heute Abend einlud.

Das kostete Ben wahrlich keine Überwindung, doch als er daran dachte, was wohl Sophia dazu sagen würde, wenn sie wüsste, dass ihr Wunsch, dass er für Derek ein Freund sein sollte, ihr jetzt die Karte für das heutige Konzert wegschnappte, wurde daraus ein echt kaltes, gehässiges Arschgrinsen!

Ben

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