Читать книгу Virus - Alfred Broi - Страница 21
XVII
Оглавление"Kommandant?"
"Ja?"
Moretti war schon eine ganze Zeitlang stumm neben Kuja her geritten. Eigentlich hatte er den ganzen Weg über, seit sie die Gefängnisinsel verlassen hatten, kaum ein Wort gesagt. Zwar war er eher selten gesprächig, doch der Fürst bemerkte, dass seinen Kommandanten etwas bedrückte. "Ihr seid so still! Was ist los? Stimmt etwas nicht?"
Moretti sah den Fürsten einen Augenblick lang an und man konnte klar erkennen, wie seine Kiefer aufeinander mahlten. "Ja, ihr habt Recht. Es stimmt etwas nicht!"
Kuja nickte. "Und was?"
"Ihr!" erklärte der Kommandant. "Oder besser: Euer Verhalten!"
Kujas Blick wurde ernst. "Das müsst ihr erklären!"
Moretti atmete einmal tief durch. "Seid jener Nacht in den Bergen des Tandorini-Gebirges habt ihr euch verändert!" Er wartete, ob Kuja etwas erwidern wollte, doch der Fürst blieb stumm. "Schon das Urteil gegen Marietta war höchst…ungewöhnlich für euch. Im Rahmen des Gesetzes, zweifellos, aber auch unglaublich hart und…gnadenlos!"
"Ihr habt Recht!" hob Kuja an. "Das war es! Und ihr könnt mir glauben, wenn ich euch sage, dass ich diese Entscheidung mittlerweile bereue. Heute würde ich ein anderes Urteil fällen. Aber damals…!" Er schüttelte den Kopf und sein Blick zeigte echte Trauer und auch Schmerz. "Ich war total geschockt vom Verlust meiner Freunde, entsetzt darüber, dass man sie ermordet hatte, mein Herz war voller Schmerz und dürstete nach Bestrafung!" Er drehte seinen Kopf und schaute den Kommandanten direkt an. "Ich habe zu emotional gehandelt, weil der Schmerz meine Entscheidung beeinflusste und es tut mir leid!"
Moretti nickte. "Ich kann nachvollziehen, was in euch vorgegangen sein mag. Da ich keine eigene Familie habe, seid ihr, eure Gemahlin und alsbald auch euer Kind meine Familie. Und wenn ich mir vorstelle, dass Jemand euch…!" Sein Blick wurde eisenhart. "Ich würde ebenso handeln!"
"Danke!" Kuja lächelte ihm zu.
"Aber dieser Vorfall hat euch verändert!" erklärte Moretti weiter. "Seit wir wieder zurück sind, fehlt euch die Leichtigkeit, die Freude. Ich befürchte, dass es von Dauer sein könnte!"
"Nein!" widersprach Kuja. "Zumindest hoffe ich das! Und ich werde alles tun, dass es nicht dazu kommen wird. Aber im Moment ist das nicht möglich. Anfangs war ich wohl einfach nur noch in Gedanken bei Tizian und Giovanni und voller Trauer. Dann kam meine Krönung. Ich bin zwar quasi mein Leben lang darauf vorbereitet worden, Fürst dieses Landes zu sein, aber die Realität sieht anders aus, als die Theorie es verhieß. Ich war mir stets sicher, dass mein Vater mich auf meinem Weg begleiten würde. Jetzt ist er tot und ich fühle mich…allein! Auch meine Hochzeit mit Mariella hat mich mehr verändert, als ich das angenommen hatte. Es ist ohne Zweifel das Beste, das ich je getan habe, aber gerade auch im Hinblick darauf, dass ich bald Vater werde, spüre ich eine besondere Verantwortung in mir, die mir im Moment die Leichtigkeit, wie ihr sie nennt, nimmt. So vieles hat sich in den letzten Wochen in meinem Leben verändert, und einiges eben auch anders, als ich mir das vorgestellt habe, dass ich Mühe habe, alles unter einen Hut zu bringen. Hierzu werde ich Zeit brauchen und muss daher um Geduld mit mir bitten!"
"Natürlich, Herr!" erwiderte Moretti. "Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass euch noch mehr bedrückt. Und nach unserem Besuch auf Tapa-Duma fühle ich mich bestätigt!"
Bevor Kuja etwas erwiderte, sah er Moretti mit einem Lächeln an. "Ja, es stimmt!" begann er dann. "Als wir an jenem unheilvollen Morgen in das Bergdorf zurückkehrten und ich in Torrinis Haus andere Kleidung anzog, bemerkte ich eine kleine, aber doch recht tiefe Schnittwunde an meinem rechten Oberarm!" Während er weitersprach, zog er den rechten Ärmel seines Hemdes in die Höhe, sodass besagte Wunde zum Vorschein kam. "Das Blut war bereits getrocknet, die Ränder zeigten erste Schorfbildung!"
"Warum habt ihr davon nichts erzählt? Wir hätten einen Arzt rufen können!"
Kuja schüttelte mit verzogenen Mundwinkeln den Kopf. "Alles war so schrecklich gewesen, ich wollte einfach nur allein sein. Letztlich ist die Wunde ja auch so verheilt. Ich kann auch wirklich nicht sagen, wann ich sie mir zugezogen habe. Fakt ist aber, dass die Heilung schmerzvoll war und ich mich schlecht gefühlt habe. Da das auch nach jetzt vier Wochen noch nicht anders ist, wurde mir klar, dass ich mir womöglich eine ernste Erkrankung eingefangen habe. Um das zu klären, waren wir heute in Tapa-Duma!"
"Aber?" Moretti zog die Augenbrauen zusammen. "Warum seid ihr nicht zu eurem Leibarzt Vikario gegangen?"
Kuja lächelte wieder. "Wenn ich das getan hätte, hätte Mariella davon früher oder später erfahren!" Er schüttelte den Kopf. "Und ich möchte auf keinen Fall, dass sie sich Sorgen macht!"
"Und ein anderer Arzt in der Stadt?"
Jetzt lachte Kuja sogar einmal auf. "Das wäre wohl noch schneller publik geworden, als bei meinem Leibarzt!"
"Ich verstehe!" erklärte Moretti. "Aber warum ausgerechnet ein verurteilter Mörder?"
"Djurko wäre damals fast der Leibarzt meines Vaters geworden. Vikario hatte dann allerdings die besseren Fürsprecher. Als ich elf Jahre alt war, grassierte hier die Pest. Ihr erinnert euch sicher!?" Moretti nickte. "Auch unsere Familie war davon betroffen. Vikario fand kein Heilmittel, also ließ mein Vater Djurko kommen. Mit seiner Hilfe fand sich eine Medizin, die schließlich allen half. Mein Vater wollte ihn daraufhin zu seinem Leibarzt machen, doch bevor es soweit war, wurde er der Morde überführt und nach Tapa-Duma gebracht!" Kuja sah Moretti an und als er noch Zweifel in den Augen des Kommandanten sah, fügte er hinzu. "Ich brauchte Jemanden, bei dem ich sicher sein konnte, dass er über das nötige Wissen verfügt und dem ich etwas anbieten konnte, damit er Stillschwiegen darüber bewahrt!"
Moretti nickte jetzt. "Und was für eine Krankheit habt ihr, Herr, wenn ich fragen darf?"
Kuja blickte traurig. "Das konnte Djurko noch nicht sagen. Ich habe ihm jedoch versprochen, dass wir ihm ein Labor zur Verfügung stellen werden. Was er dafür braucht, gibt er morgen dem Kurier mit, den wir zurückgelassen haben. Dann kümmern wir uns darum, dass er bekommt, was er verlangt!"
Moretti blieb einen Moment still und schien nachzudenken. "Ich mache mir Sorgen um euch, Herr!"
Kuja nickte. "Das tue ich auch! Umso wichtiger ist es, dass wir diese Sache schnell, aber diskret vorantreiben. Wenn Djurko erst herausgefunden hat, was mir fehlt, wird er ein Heilmittel herstellen können und ich wieder gesundwerden!" Zuversicht war in seinem Blick zu lesen, aber auch sehr viel Hoffnung. "Kann ich auf euch zählen?"
"Oh, aber natürlich, Herr!" erwiderte Moretti ohne zu zögern. "Danke, dass ihr so offen zu mir wahrt! Meine Treue und Loyalität sind euch gewiss!"
"Danke!" Kuja lächelte offen und ehrlich. "Es ist schön zu wissen, auf wen man sich verlassen kann!"
Hiernach trat wieder Stille ein, bei der Kuja sich nicht sicher war, inwieweit er seinen Kommandanten wirklich hatte überzeugen können. Er musste ihn wohl oder übel im Auge behalten.
*
Als er wieder in Alimante war, galt sein erster Weg natürlich seiner Frau.
Die aber lag auf der Couch und fühlte sich nicht wohl. Übelkeit und leicht erhöhte Temperatur hatten Vikario dazu veranlasst, ihr Ruhe zu verordnen, was Kuja absolut befürwortete.
Bevor Mariella in seiner Gegenwart einschlief, sagte sie ihm noch, dass er seine Mutter besuchen und sich auf eine Überraschung gefasst machen sollte.
Eigentlich hatte er vorgehabt, sie erst morgen zu besuchen, doch angesichts der Umstände, beschloss er das gleich zu tun.
Und er war in der Tat sofort sehr überrascht, als er in ihre Gemächer ging. War Elena quasi mit dem Tod ihres Mannes vollkommen in sich zusammengebrochen und kaum noch fähig, dem alltäglichen Leben beizuwohnen, so stand ihm hier und jetzt wieder die alte, starke, bildschöne und vitale Frau gegenüber, die sie gewesen war, solange er denken konnte.
"Mutter!" begrüßte er sie dann auch voller Freude und mit einem breiten Lächeln. "Ich freue mich, dich endlich wieder auf den Beinen zu sehen!"
Elena ließ sich von ihm umarmen, wobei sie selbst ihren Sohn nur schwach drückte, und sah ihn dann mit einem sanften Lächeln an. "Es tut mir leid, wenn ich euch Kummer bereitet habe, aber…!"
"Schon gut!" Kuja drückte seine Mutter nochmals. "Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Vater fehlt auch mir!"
Elena sah ihren Sohn direkt an, dann nickte sie mit einem sanften Lächeln. "Er war so stolz auf dich. Er hat dich sehr geliebt!"
Kujas Stich im Herzen verhinderte beinahe, dass er atmen konnte. "Ich ihn auch! Es ist alles so tragisch!"
Er rechnete damit, dass seine Mutter ihm zustimmte, doch das tat sie nicht. "Das dachte ich bisher auch!" sagte sie stattdessen.
Kuja erschrak innerlich, konnte dies nach außen hin aber gerade noch verbergen. "Wie…meinst du das?"
"Ich habe von einem der Bediensteten erfahren, dass dein Vater kurz vor seinem Tod noch Besuch hatte!"
"Besuch? Aber…von wem?"
"Das konnte er nicht sagen!"
Kuja spürte, wie Erleichterung ihn überkam. Er nickte mit traurigem Gesicht.
"Aber er konnte mir den Mann beschreiben!" Ein Funkeln war in ihren Augen zu erkennen. "Und jetzt weiß ich, wer es war!"
"Bist du sicher?"
Elena nickte. "Die Beschreibung trifft nur auf eine Person zu!"
"Auf wen?" Kuja erinnerte sich, dass er den Kerl nur von hinten gesehen hatte und er ihm nicht bekannt vorkam.
"Lorini! Der ehemalige Oberbefehlshaber der Stadtgarde von Alimante!" erklärte Elena.
"Kenne ich ihn?" fragte Kuja.
Seine Mutter schüttelte den Kopf. "Er schied aus dem Dienst aus, noch bevor du zehn Jahre alt wurdest. Vater und er lernten sich bei der militärischen Ausbildung kennen und wurden Freunde. Er sorgte dafür, dass Lorini das Kommando über die Stadtwachen hier erhielt. Jahre später wollte er einen scheinbar harmlosen Kneipenstreit schlichten und geriet dabei in einen Hinterhalt. Seine Widersacher schlugen ihn halbtot. Lorini überlebte nur mit viel Glück, seine rechte Hand aber war total zertrümmert worden, weshalb er seinen Dienst quittieren musste. Er ging zurück in die Provinz Baritan, im Norden, wo er seither Kadetten ausbildet. Dein Vater ließ den Kontakt zu ihm aber nie abbrechen und heuerte Lorini von Zeit zu Zeit für besondere Aufgaben an!"
"Besondere Aufgaben?"
"Wenn schwierige Verhandlungen mit starrsinnigen Parteien anstanden, schickte er ihn quasi als Unterhändler voraus, um die Lage zu sondieren!"
Kuja nickte. "Ich verstehe! Und du glaubst also, dass er dieser letzte Besucher war!?"
"Ja, ich bin mir sicher!" erklärte Elena. "Ich habe bereits einen Kurier zu ihm geschickt, der ihn hierherbringen soll!"
Kujas Blick verfinsterte sich. "Zu welchem Zweck? Was erhoffst du dir dadurch?"
Elena sah ihren Sohn mit ausdrucksloser Miene an. "Dein Vater war kein kranker Mann! Die letzte Untersuchung bei Vikario liegt erst ein halbes Jahr zurück und da gab es keinen Anlass zur Sorge. Sein Herz dem Alter entsprechend gesund und noch immer kräftig. Wenn er also an einem Herzinfarkt gestorben ist, könnte auch eine schlimme Nachricht daran schuld gewesen sein, die ihn über alle Maßen aufgeregt hat. Ich will daher wissen, ob Lorini weiß, was das gewesen sein könnte!"
Oh verdammt! schrie Kuja innerlich. Äußerlich aber nickte er nur nachdenklich. "Also gut, Mutter! Ich verstehe deine Beweggründe!" Er sah sie jetzt direkt an. "Aber versprich mir bitte, dass du dich nicht ohne mich mit Lorini triffst!"
"Warum?"
"Weil er nicht nur der mögliche Überbringer gewesen sein könnte, sondern vielleicht ja auch…der Auslöser!"
"Du meinst…?" Elenas Augen weiteten sich. "Oh, herrje…! Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht!"
"Siehst du!" erwiderte Kuja. "Also tu mir den Gefallen bitte! Versprichst du es?"
Seine Mutter nickte. "Ich verspreche es!"
Kuja küsste sie daraufhin auf die Stirn, lud sie zum gemeinsamen Abendessen ein, was sie annahm und verließ dann zügig ihre Gemächer, sicher, dass sie tun würde, worum er sie gebeten hatte, aber auch, dass er ein weiteres Problem hatte, das er lösen musste.
*
Mariella fühlte sich nach ihrem Schlaf besser und so wurde das Abendessen zu einem schönen Beisammensein mit Elena.
Hiernach ging Kuja noch einigen Amtsgeschäften nach, die während seiner Reise liegengeblieben waren.
Als er in seine Gemächer zurückkehrte, erklärte Mariella ihm, dass sie früh schlafen gehen wolle, damit sie schnell wieder richtig gesundwerden würde. Das hielt Kuja für eine gute Idee und da er selbst die Strapazen der Reise in seinen Knochen spürte, beschloss er, es ihr gleichzutun.
Er schlief auch ziemlich schnell ein, wohl auch, weil Mariella sich an ihn gekuschelt und ihren Kopf auf seine Brust gelegt hatte, wodurch er wunderbar entspannen konnte.
Allerdings fiel er alsbald in einen relativ leichten, unruhigen Schlaf.
Gegen Mitternacht wachte er dann unvermittelt auf.
Im ersten Moment wusste er nicht zu sagen, warum, doch dann hörte er Mariella neben sich stöhnen. Sofort gingen bei ihm alle Alarmglocken an. Er stützte sich auf seine Unterarme und blickte mit sorgenvoller Miene zu ihr, doch war er schon im nächsten Moment total erstaunt und zugleich auch erschrocken.
Denn seine geliebte, wundervolle Ehefrau stöhnte offensichtlich nicht, weil es ihr nicht gut ging oder sie gar Schmerzen hatte, sondern…weil sie einen erotischen Traum hatte. Und zwar, so wie es aussah, einen ziemlich intensiven!
Die Schlafdecke war komplett von ihrem Körper gerutscht und lag zerknittert neben ihr. Sie selbst lag auf dem Rücken. Ihre Beine waren gespreizt, ihr linkes Bein lag angewinkelt auf der Matratze. Während ihre linke Hand langsam und sanft über ihre linke Brust strich - Kuja sah, dass ihre Brustwarze hart und deutlich unter dem dünnen Satinstoff ihres Nachthemds zu erkennen war - hatte ihre rechte Hand das Nachthemd nach oben geschoben und lag jetzt zwischen ihren Schenkeln, wo ihre Finger ein sichtlich erregendes Spiel trieben. Aus Mariellas leicht geöffnetem Mund war leises, aber deutlich wollüstiges Stöhnen zu hören, während ihre Zunge beständig ihre Lippen leckte. Hinter ihren geschlossenen Lidern konnte Kuja erkennen, wie ihre Augäpfel sich bewegten.
Der Fürst war für einen Augenblick wie gelähmt, doch dann legte sich sein Schreck sehr schnell und eine Mischung aus Freude und Erregung nahm seinen Platz ein. Mariella war eine bildschöne und hochattraktive Frau mit einem wundervollen Körper. Sie jetzt hier zu sehen, wie sie sich in einem erotischen Traum mit Kuja verlor und sich dabei selbst befriedigte, brachte Kuja eine heiße Woge in seine Schenkel, die ihm eine Erektion verschaffte.
"Du…n…!" Mariellas Stimme brach ab, weil sie erneut stöhnen und sich gleich danach die Lippen lecken musste. Dennoch hatte Kuja genug gehört, um irritiert zu sein. "Dung...a mh!"
Dunga? Kujas Augenbrauen zuckten herab, während er sich vor seinem inneren Auge nur zu deutlich den jungen Offizier vorstellen konnte, den Moretti dazu auserwählt hatte, Mariellas persönlicher Leibwächter zu sein.
"Oh Dunga! Jaaah!" stieß Mariella voller Lust hervor. "Ummmhhh!"
Kuja erstarrte vollkommen, als ihm klar wurde, dass nicht er in diesem Sex-Traum seiner Frau die Hauptrolle spielte, sondern ganz offensichtlich ein anderer! Aber…? Kujas Gedanken überschlugen sich: Damit Mariella einen solchen Traum haben konnte, mussten sich die beiden zuvor nähergekommen sein! Aber wann? Fast erschrak er. Natürlich: Während seiner Reise nach Norden! Waren sie sich in dieser Zeit nähergekommen? Und wenn ja, wie nahe? Ein geheimes Treffen? Ein tiefer Blick? Eine sanfte Berührung? Ein Kuss? Oder…? Kuja spürte Zorn in sich aufwallen. Gar schon viel mehr? Oder war es einfach nur so, dass Mariella Dunga attraktiv fand und sich in Gedanken wünschte, sie könnte einmal mit ihm…? Doch war das wirklich besser, als das andere?
Nein! dachte Kuja verbittert und voller Wut.
Vollkommen egal, ob Mariella nur für ihn schwärmte oder ob die beiden bereits Ehebruch begangen hatten! Hier und jetzt zeigte sie offen, dass nicht er, sondern Dunga der Mann ihrer Träume war! Und damit war auch klar, dass sie ihm, Kuja, etwas vorspielte. Vorgab, ihn zu lieben, wo doch ihr Herz einem ganz anderen gehörte!
Oh, welch Demütigung!
Plötzlich tat sein Herz einen harten Satz - und setzte dann förmlich aus. Kuja wurde kochend heiß, sein Puls hämmerte widerlich gegen seine Schädeldecke, er hörte sein Blut in den Adern rauschen und war doch nicht fähig, zu atmen!
Kannten seine Frau und Dunga sich womöglich schon länger? War das Kind in Mariellas Leib damit am Ende gar nicht seines?
Kuja konnte sich nicht bewegen, nicht atmen und doch spürte er, wie sich ein bitter-heißer, hasserfüllter Schrei in seinem Inneren bildete, der hinauswollte.
Sein Kind war nicht sein Kind! Sein Kind war der Bastard eines dahergelaufenen Leibwächters! Seine Frau eine gottlose Hure! Und er das Gespött eines ganzen Volkes!
Nein, niemals!
Urplötzlich konnte Kuja in seiner linken Hand ein langes Messer erkennen. Woher hatte er es? Zu welchem Zweck hatte er es?
Doch er wusste sofort, warum es da war und was er damit zu tun hatte! Er durfte nicht zulassen, dass die Welt über ihn lachte! Er durfte nicht zulassen, dass seine Hure von Ehefrau ihm diesen Bastard als sein eigenes Kind unterschob! Und er musste verhindern, dass dieses Geschöpf der Sünde überhaupt geboren wurde! Also gab es nur einen Weg!
Doch genau in dem Moment, da Kuja seinen linken Arm anhob und das Messer in Mariellas Bauch stoßen wollte, ging ein harter Ruck durch seinen Körper und ein greller Blitz erschien vor seinen Augen.
Was um alles in der Welt tat er da? schoss es ihm in den Kopf. Das war Mariella, die dort neben ihm lag! Seine wundervolle, geliebte Ehefrau! Der einzige Mensch, der ihn noch niemals belogen, betrogen oder auch nur enttäuscht hatte! Wie zur Bestätigung lag Mariella jetzt vollkommen still da. Sie atmete ruhig und tief. Die Schlafdecke lag ordentlich auf ihrem Körper. Nichts deutete mehr darauf hin, dass sie einen erotischen Traum hatte.
Im selben Moment aber sah Kuja noch immer das Messer in seiner linken Hand, unter deren Haut sich unzählige Würmer schlängelten und er konnte auch spüren, wie die Muskeln seinen Arm in die Tiefe zogen.
"Oh Gott!" stieß er geschockt hervor. "Nein!" Er wirbelte herum und stemmte seinen rechten Arm gegen seinen linken, griff mit der rechten Hand seinen Unterarm und kämpfte gegen den Druck an, der das Messer in Mariellas Bauch stoßen wollte. "Nein!" Mit einer schier gewaltigen Kraftanstrengung gelang es Kuja, sich von seiner Frau weg und auf die linke Seite zu drehen. Sein linker Unterarm lag jetzt direkt auf der Bettkante. Kuja donnerte ihn mehrmals fest auf das Hartholzgestell. Stechende, heftige Schmerzen schossen durch seinen Arm. Dann endlich öffnete sich seine linke Hand und das Messer stürzte zu Boden. Augenblicklich verschwanden die Würmer unter seiner Haut. Kuja war am Ende seiner Kräfte und sein Körper erschlaffte sichtlich.
Oh Gott, was hätte er da eben beinahe getan? Tränen rannen aus seinen Augen. Was hatte ihm diese furchtbare Krankheit, die in ihm wütete, da nur suggeriert? Um ein Haar hätte er nicht nur sein ungeborenes Kind, sondern auch Mariella abgeschlachtet! Oh Gott!
Er brauchte Hilfe. Unbedingt - und schnell. Er musste diese Krankheit aus seinem Körper bekommen.
Doch schon im nächsten Moment wurde ihm klar, dass er geduldig sein musste.
Er hatte Djurko kontaktiert und der Sträfling hatte sich bereiterklärt, ihm zu helfen. Jetzt war es an Kuja, ihm ein entsprechendes Labor zu verschaffen.
Bevor ihn dann die Erschöpfung übermannte und er wieder einschlief, nahm er sich vor, sich gleich morgen früh mit Nachdruck darum zu kümmern.