Читать книгу Virus - Alfred Broi - Страница 9

V

Оглавление

Verdammt!

Das war das erste Wort, das Kuja beim Anblick des heftigen Regengusses einfiel. Weil damit endgültig ausgeschlossen war, dass sie heute noch ins Tal und nach Santarole kommen würden. Und weil damit auch klar war, dass seine Reise noch einen Tag länger andauern würde und er Mariella somit noch einen Tag später in seinen Armen würde halten können.

So ein Mist!

Doch er konnte es nicht ändern. Das Wetter kam von Gott und ließ sich weder beeinflussen, noch vorhersagen.

"So ein Mist!" hörte er Avato brummen.

"Das war es dann ja wohl endgültig mit unserem Abstieg für heute!" meinte Giovanni lax und grinste. Tizian warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, weil er mit diesen Worten nur noch Öl ins Feuer goss, denn beide konnten sehen, dass Kujas Gesicht den Ausdruck einer überreifen Zitrone angenommen hatte.

"Das ist nicht fair!" sagte Avato, nachdem er die Tür wieder geschlossen und sich umgedreht hatte und sah dabei Kuja ziemlich mürrisch an.

"Nein!" erwiderte der Fürstensohn mit enttäuschter Stimme. "Das ist es wirklich nicht!"

"Ich hätte jetzt noch immer dahinten sitzen und mich betrinken können!" rief Avato und schien immer verärgerter zu werden. "Stattdessen musste ich diese...Rosskur über mich ergehen lassen!" Er warf Linguri kurz einen funkelnden Blick zu, doch der Koch grinste nur. "Und wofür?"

"Moment!" Torrini schob sich neben Kuja und hob beschwichtigend die Hand. "Du weißt selbst, wie schnell das Wetter hier umschlagen kann. Daran trifft niemanden eine Schuld!"

Avato sah den Bauern an, schien etwas erwidern zu wollen, brummelte dann doch nur etwas Unverständliches in seinen Bart und meinte dann. "Von mir aus!" Dann wandte er sich wieder an Kuja. "Ich werde sie morgen bei Sonnenaufgang ins Tal führen!" Er wartete, bis sein Gegenüber ihn ansah. "Aber ich will, dass sie mir wenigstens noch ein Bier ausgeben! Als Entschädigung für meine Qualen!"

Kuja atmete einmal tief durch, dann nickte er mit verzogenen Mundwinkeln.

Avato war damit zufrieden und ging an ihm vorbei zurück zu seinem Tisch.

Gerade als der Fürstensohn ihm folgen wollte, rief plötzlich jemand: "Was? Ist das wahr?"

Kuja blickte auf und suchte die Quelle der Worte, als er an einem der Tische vier ältere Männer sehen konnte, die ihn mit großen Augen anstarrten. Er wollte sich gerade fragen, warum, als er neben ihnen Torrinis Jungen ausmachen konnte.

Oh, Mist! fuhr es ihm in den Kopf. Jetzt ist auch noch unsere Lüge aufgeflogen!

Schon erhob sich einer der Männer und sah ihn direkt an. "Ist das wahr...Herr?"

Jetzt hatte Kuja die Aufmerksamkeit fast aller Anwesenden auf sich.

Auch die von Avato. "Was zum Geier ist wahr?"

"Er ist der Sohn unseres Fürsten!" platzte einer der anderen, älteren Männer hervor und zeigte auf Kuja.

"Was?" Das war Linguri, dem sein Grinsen förmlich aus dem Gesicht fiel.

Kuja drehte sich zu Torrini. "Dein Sohn!" brummte er.

Der Bauer war sofort schuldbewusst. "Tut mir leid, Herr!" Er machte zwei schnelle Schritte, hatte seinen Jungen erreicht und schlug ihm sofort erbost auf den Kopf. Obwohl der Schlag nicht hart war, zuckte sein Sohn sichtlich erschrocken zusammen. Es schien, als wolle er seinen Vater dafür anfahren, doch der Blick des Alten war sehr verärgert. Der Junge begriff daraufhin und sah beschämt zu Boden.

"Stimmt das?" Avato trat vor Kuja. "Seid ihr unseres Fürsten Sohn?"

Kuja brauchte gar nicht lang zu überlegen, dass es zwecklos war, ihre Charade weiterhin aufrecht zu erhalten. Sie hatten ja auch nicht böswillig geschwindelt. Also nickte er. "Ja, es ist wahr!"

Sofort wurde es laut in der Schänke. Doch nicht etwa, weil die Anwesenden verärgert gewesen wären, ganz Im Gegenteil. Es überwog eindeutig die Freude darüber, solch hohen Besuch zu haben.

"Aber...warum?" fragte Avato.

"Der Sohn eures Fürsten wollte euch damit niemals beleidigen!" erklärte Tizian mit lauter Stimme, während er seine Arme anhob und in die Mitte des Raumes trat. "Aber ich kann ihn verstehen!" Er sah seinen Freund mit einem milden Lächeln an. "Seit über drei Wochen bin ich jetzt mit ihm auf Reisen. Jeden Tag ein langer Ritt, eine neue Stadt. Jeden Abend ein Fest. Das zehrt an den Kräften, glaubt mir!"

"Aber...?" Avato sah ihn irritiert an. "Soll das etwa heißen...?"

Tizian nickte. "Ihr alle kennt die Tradition. Der Erstgeborene muss reisen und jeden Stadthalter zu dem Jubelfest persönlich einladen!"

Eine blöde Tradition, wie Kuja immer mehr feststellen musste.

"Dann wird er...?" Das war Linguri, der sein Grinsen noch immer nicht wiedergefunden hatte.

Tizian tat es stattdessen und nickte. "Ja! Genau!" Er drehte sich einmal herum und sah erstaunte Gesichter. "Kuja wird heiraten!" Jubel und Freudenrufe erklangen. "In acht Wochen! Und dann...!" Tizian hielt einen Augenblick inne. "…wird er nicht nur eine wundervolle Frau haben, sondern auch...!" Erneut machte er eine bedeutungsvolle Pause. Doch bevor er weiterreden konnte, tat es Avato für ihn. "...unser neuer Fürst sein!" sprach er voller Ehrfurcht und einen Augenblick später beugte er das Knie vor ihm.

Oh Mann, dachte Kuja sichtlich gerührt, nicht auch das noch!

Doch er konnte es nicht mehr verhindern. Innerhalb weniger Augenblicke hatten alle Anwesenden das Knie vor ihm gebeugt. Nur Tizian, Giovanni und Moretti natürlich nicht. Der Blick des Kommandanten zeigte eindeutig, dass ihm all dies nicht unbedingt gefiel, Giovanni dafür im Gegenteil, dass er diese Ehrbezeugung sehr mochte. Und Tizian grinste einfach nur bis über beide Ohren.

Kuja fühlte eine Mischung aus Freude, Dankbarkeit, Verantwortungsbewusstsein und etwas Scham. "Danke!" sagte er aufrichtig. "Aber bitte...!" Er wartete, bis die ersten ihre Blicke wieder hoben und machte dann eine entsprechende Geste. "...erhebt euch wieder!"

Nach und nach kamen alle Anwesenden seiner Bitte nach und es entstand eine fröhliche Stimmung, die Kuja zunehmend genoss.

"Kommt!" sagte Avato, jetzt sichtlich gelöst. "Setzt euch zu uns und trinkt ein Bier mit uns!"

"Herr!" Moretti trat mit ernster Miene zu ihm.

Kuja sah seinen Kommandanten an und nickte. "Ich weiß! Aber ich komme jetzt aus dieser Nummer nicht mehr so einfach raus!" erklärte er. "Geh mit Torrinis Jungen zurück zum Hof und lass dir ein vernünftiges Nachtlager geben. Ich bleibe mit Giovanni und Tizian noch ein wenig hier...!" Er sah seine Freunde fragend an, doch beide nickten. "...und genieße die Gastfreundschaft dieser ehrlichen, einfachen Menschen. Wir kommen nach, sobald es uns möglich ist!" Er lächelte kurz. "Und keine Angst: Ich will auf jeden Fall morgen bei Sonnenaufgang weiter!"

Moretti sah ihn einen Moment ausdruckslos an, dann nickte er. "Wie ihr wünschst!" Dann schnappte er sich sogleich Torrinis Jungen und verließ mit ihm die Schänke.

"Das riecht nach einer kleinen Feier!" rief einer der Gäste. "Linguri?"

"Ja?"

"Hast du nicht irgendetwas Leckeres auf dem Feuer?"

"Klar habe ich!" bestätigte der Wirt. "Wildschweinbraten!"

"Aber, bitte!" wehrte Kuja sanft ab. "Keine Umstände! Nur das Bier und dann soll es gut sein!"

"Ach was!" schob Linguri seinen Einwand beiseite. "Es ist uns eine Ehre, nicht wahr?" Alle Anwesenden stimmten lautstark zu.

Kuja wusste, er hatte verloren. "Na, also gut!" Er nickte. "Dann soll es so sein!"

"Ihr werdet es nicht bereuen!" sagte Avato. "Linguri ist ein ausgezeichneter Koch. Ihr werdet euch alle zehn Finger danach lecken!"

Kuja nickte.

"Aber jetzt...!" Avato breitete seine Arme aus und begrüßte damit einen Mann, der ein halbes Dutzend Bierkrüge in den Händen hielt und sie jetzt krachend auf die Tischplatte knallte. "...wollen wir erst einmal trinken!" Er reichte Kuja einen Krug und nahm sich selbst einen anderen.

Der Fürstensohn nahm ihn entgegen. "Aber nur diesen einen!" sagte er.

Avato nickte. "Abgemacht!"

Kuja blickte zu Giovanni und Tizian. "Ihr seid mir dafür verantwortlich, dass wir nicht wieder über die Stränge schlagen!"

"Natürlich!" rief Giovanni grinsend, nahm sich ebenfalls einen Krug und reichte einen an Tizian weiter. Kuja sah seinen blonden Freund zweifelnd an, doch als dieser nickte, war er wieder zufrieden.

"Und jetzt, auf euer Wohl!" Avato hielt seinen Krug in die Höhe.

Kuja schlug seinen eigenen dagegen und trank. Doch nur kurz, dann musste er wieder absetzen. Dabei stöhnte und hustete er gleichzeitig. "Oh Mann!" rief er, während er sich zusätzlich noch schüttelte. "Das ist aber herb!"

Avato, der natürlich einen deutlichen größeren Schluck genommen hatte, grinste beim Absetzen des eigenen Kruges. "Raue Bergluft!" sagte er.

"Und stark!" fügte Kuja hinzu. Er war sicher, noch nie ein stärkeres Bier getrunken zu haben. "Verdammt stark!" Er spürte, wie sich Wärme in seinem Magen ausbreitete, die er eigentlich nur von Gebranntem kannte.

Wieder grinste Avato. "Winterhopfen! Der hat das Leben eines ganzen Jahres in sich!"

Kuja lächelte und obwohl er es eigentlich nicht wollte, hatte er doch Geschmack an dem Gebräu gefunden und schon trank er einen zweiten Schluck.

Als er den Krug dann wieder absetzte, ging die Außentür erneut auf und ein gutes Dutzend weiterer Personen kamen herein. Es waren hauptsächlich Frauen, einige ältere, aber auch jüngere. Offensichtlich hatte sich seine Anwesenheit schnell im Dorf herumgesprochen und ehe er es sich versah, wurde aus dem gemütlichen Beisammensein ein echtes, kleines Dorffest.

Virus

Подняться наверх