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Ismaeliten und Sarazenen

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In vielen Texten seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. werden die „Araber“ mit dem Ausdruck „Sarazenen“ bezeichnet36, der ebenso die Leute meinte, „die aus der Wüste kommen“. Historische Quellen berichten, wie der römische Kaiser Diocletian 291 gegen die Sarazenen kämpfen musste. Die Römer bezeichneten schließlich alle „zeltenden Araber“, d.h. alle arabischen Nomaden vom Euphrat bis zur Sinaihalbinsel als „sarceni“, oft mit negativer Bedeutung37. Von daher mag auch die vermutete Herleitung des Begriffs „sarzene“ aus dem arabischen „sâriq“ („Räuber“, „Plünderer“) herrühren38. Der Gebrauch des Wortes „Ṭayyâyê“ im Syrischen entspricht im 5. Jahrhundert den „sarakenoi“ in griechischen Texten in derselben Zeit39. Von diesen Sarazenen schreibt Sozomenus in seiner Kirchengeschichte Mitte des 5. Jahrhunderts, dass sie „begannen, Christen zu werden“ und „ihren Glauben an Christus durch den Umgang mit den Priestern und Mönchen (teilten), die nahe bei ihnen wohnten und die Askese übten“40.

Gleiches gilt für die „Ismaeliten“, worunter seit der Römerzeit ebenfalls die „Araber“ verstanden worden sind41. Es war alles andere als ungewöhnlich, auf den Handelswegen „arabische Kaufleute vom Geschlecht der Ismaeliten“ zu treffen, wie der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius (37– ca. 100) schreibt42. Umgangssprachlich galten die „Araber“ von ihrer Herkunft her als Ismaeliten, da sie der Tradition nach von Ismael, dem Sohn Abrahams abstammten. Auch wurden die Araber aufgrund der biblisch-genealogischen Benennung als „Hagariten“ oder als „Ismaeliten“ bezeichnet. Sozomenus vermutet polemisch in seiner im 5. Jahrhundert geschriebenen Kirchengeschichte, dass sich die Sarazenen nicht mehr „Ismaeliten“ nennen (lassen) wollten, um die Schande zu verbergen, dass sie damit von einer Sklavin abstammten (nämlich von Hagar, der Sklavin der Sarah aus 1. Mose). Daher hätten sich die Ismaeliten selbst den Namen „Sarazenen“ gegeben, um den Anschein zu erwecken, sie würden selbst von Sara, der Frau Abrahams, abstammen43.

Wie die geschichtliche Entwicklung im einzelnen auch gewesen sein mag: Es ist wichtig, festzuhalten, dass schon in vorislamischer Zeit der Name „Sarazene“ in Quellen aus dem Großraum Syrien der generelle Ausdruck für alle Araber wurde und sogar die arabischen Christen (!) bezeichnen konnte und nicht erst in islamischer Zeit für die Muslime benutzt worden ist. Es ist von daher historisch wichtig festzuhalten, dass in zeitgenössischen christlichen Texten, die von „Sarazenen“, „Ismaeliten“ oder von „Hagariten“ sprechen, nicht schon Muslime gemeint sein müssen und dass es historisch nicht korrekt ist, bei Übersetzungen diese Worte mit „Muslim“ wiederzugeben und damit das islamische Geschichtsbild unkritisch in die Texte hineinzulesen44.

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