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Zwei Hauptrichtungen der Christologie

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Es ist wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass sich die früheste Kirche gerade auch außerhalb des römischen (später byzantinischen) Reiches ausgebreitet hat und nicht nur innerhalb. Schon die Bibel weist ja in Apg. 2,9 auf die Ausbreitung des Christentums in das Zweistromland nach Osten bis in das Gebiet des heutigen Iran und Irak hin. Mesopotamien lag wirklich ganz außer Reichweite des römischen Imperiums. Was sich außerhalb des römischen Reiches abspielte, war für die westliche Sicht aber nicht wichtig. Prägend für diese westliche Lesart der Geschichte der Kirche wurde der aus dem 4. Jahrhundert stammende Kirchenhistoriker Euseb von Cäsarea, der in seiner Kirchengeschichte nur die Kirchen innerhalb des römischen Reiches beschrieb139 und alle anderen als Häretiker bezeichnete. Er trug damit entscheidend dazu bei, den Blick auf die Ursprünge der ostsyrischen Kirche mit ihrer reichen und vielfältigen Geschichte für den westlichen Kontext zu verschließen.

So müssen wir uns der paradoxen Situation stellen, dass wohl in Antiochien (in der heutigen Türkei) im westsyrischen Raum die Anhänger Jesu erstmals als Christen bezeichnet wurden, dass sich aber das westliche Christentum seiner eigenen Wurzeln bis heute kaum bewusst ist – mehr noch: sich geradezu davon abgeschnitten hat. Das syrische Christentum mit seinen vielfältigen pluralistischen Ausprägungen wurde nicht als legitime Form des Christentums anerkannt. Im Gegenteil: Ihre reiche theologische, historische und spirituelle Geschichte wurde fälschlicherweise140 aufgrund von Konzilsentscheidungen als „häretisch“ abgelehnt141. Die Vielfalt der Antworten, sich der heidnischen Umwelt und vor allem mit anderen Religionen auseinanderzusetzen, ging verloren142. Diese syrischen Kirchen wurden vom römisch-byzantinischen Reich verfolgt: Als „häretisch“, d.h. als Anhänger von christlichen Irrlehren verurteilt, waren ihre Verbindungen zu den westlichen Kirchen rar. So sind die (westlichen) Kenntnisse über diese Kirchen leider gering, die als Minderheiten bis heute unter islamischer Herrschaft überlebt haben.

Ein kurzer Einblick in die christologischen Diskussionen des 4. und 5. Jahrhunderts soll daher im Folgenden gegeben werden. Die unterschiedlichen Konfessionen stammen von den verschiedenen Verständnissen in theologischen Fragen, insbesondere der Christologie. Diese Vielfalt war auch die Ursache dafür, dass die Christen den Muslimen in ihrer Zeit ein so verwirrendes Bild boten143.

Nun heißt, eine Christologie zu entwickeln, nichts anderes als danach zu fragen, wer Jesus Christus ist und was er bewirkt. Auf welche Weise ist Jesus „Gottes Sohn“? Wie ist der ewige, transzendente Gott mit dem irdischen Jesus verbunden? Auf diese übergeschichtlichen Fragestellungen antwortet jede Zeit in ihrem geschichtlichen Kontext. In der Zeit der frühen Christentumsgeschichte im 3. und 4. Jahrhundert waren verschiedene Lösungsansätze diskutiert worden, um die Bedeutung der Erlösung für die Menschheit, die durch Christus geschehen ist, zu verdeutlichen. Die Lösungen schwankten zwischen einer Betonung der göttlichen Natur in Christus mit der Gefahr, seine menschliche Seite zu vernachlässigen, und einer Betonung seiner Menschheit, die den Zugang zu seiner Gottheit erschwerte144.

Die verschiedenen Konfessionsfamilien entstanden aus der Frage, wie das Heil des Glaubens zu gewinnen sei145. Diese Auseinandersetzung war kein abgehobenes „Theologengezänk“, sondern die Gläubigen selbst hatten das Bedürfnis, an diesem theologischen Ringen durch die Predigten teilzunehmen. Man wollte selbst wissen, wie Gott und die Welt in Christus zusammenhängen und wie Erlösung möglich sei. An dieser Stelle kann nur in sehr groben Zügen die Spanne der Diskussionen angedeutet werden. Zwei Hauptrichtungen, wenn man so will, standen sich gegenüber:

Religion fällt nicht vom Himmel

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