Читать книгу Religion fällt nicht vom Himmel - Andreas Goetze - Страница 33

Dass Mekka schon im 6. Jahrhundert als ein Zentrum der arabischen Kulte galt und dass sich verschiedene Heiligtümer darum organisiert hatten, von denen die Ka‛ba das oberste war60, ist historisch unsicher. Da in der traditionellen islamischen Geschichtsschreibung Mekka eine herausragende Rolle einnimmt, soll im Folgenden kurz auf diese Stadt eingegangen werden. Wie erwähnt gab es eine große Anzahl von Gottheiten auf der arabischen Halbinsel. Sie hatten oft keinen eigenständigen Namen, sondern waren durch ihre Eigenschaften bestimmt61. Diese Gottheiten wurden an den Handelsplätzen verehrt, die zugleich ein Heiligtum hatten. Traditionell wird Mekka aufgrund der Ka‛ba als bedeutender und häufig frequentierter Handelsplatz angesehen, bei dem Pilger „Milch und Honig“62 erhielten und das Heiligtum umkreisten63. Aus dieser Vorstellung hat sich auch im 10. Jahrhundert die Vorstellung entwickelt, Mekka sei der Mittelpunkt der Welt64.

In der Forschung ist bis heute aber die wirkliche Bedeutung Mekkas umstritten. Es wird gefragt, ob der Ort abseits der üblichen Handelsrouten lag oder inmitten der Gewürzroute der westlichen Arabia65. Weil der Ort eine strategisch äußerst ungünstige Lage66 in unfruchtbarem Gebiet67 hatte, spricht einiges dafür, dass Mekka abseits der klassischen Routen lag. Nichtarabische Quellen erwähnen Mekka jedenfalls nicht und lassen die These von Mekka als internationalem Handelsplatz fraglich scheinen68. Denn angesichts der in der islamischen Geschichtsschreibung angenommenen Bedeutung von Mekka wundert diese Nichterwähnung in den zeitgenössischen Quellen bis ins 8. Jahrhundert hinein.