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a) Lebensmittel, Arzneimittel und Lebensmittelzusatzstoffe

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Das LFGB verzichtet auf eine eigene Definition des Begriffs Lebensmittel und verweist diesbezüglich in § 2 Abs. 2 LFGB auf Art. 2 BasisVO. Nach Art. 2 Abs. 1 BasisVO sind Lebensmittel „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden“. Ferner umfasst der europäische Lebensmittelbegriff „auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe – einschließlich Wasser –, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden“. Das Unionsrecht geht aufgrund der Zielsetzung, den Verbraucherschutz auf hohem Niveau zu gewährleisten, von einem umfassenden Lebensmittelbegriff aus,[9] der auch diätetische und sog. funktionelle Lebensmittel sowie Nahrungsergänzungsmittel umfasst.[10]

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Die Zweckbestimmung eines Produkts als Lebensmittel erfolgt, soweit nicht ein Verwendungszweck als Lebensmittel durch den in Verkehr bringenden Unternehmer vorgegeben wird, objektiv und ist am Maßstab des durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbrauchers zu messen.[11] Dem Kriterium des nach „dem vernünftigen Ermessen zu Erwartenden“ kommt insbesondere Bedeutung zu, soweit es um Produkte geht, deren Zweck nicht eindeutig ist. Dieses Merkmal ist am Schutzzweck der jeweiligen Vorschrift des LFGB orientiert auszulegen.[12]

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Der europarechtlich vorgegebene Begriff des Aufnehmens geht vom Wortlaut her weiter als der des Verzehrens in § 1 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 LMBG, so dass auch parenteral aufzunehmende Stoffe Lebensmittel sein können.[13] Ob damit eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift beabsichtigt ist, ist streitig. Eine Auffassung[14] geht mit Blick auf die französische und englische Fassung des Art. 2 BasisVO sowie angesichts der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 LFGB von einer engen, auf das Verzehren beschränkten Auslegung aus. Zutreffend dürfte jedoch die Auffassung sein, die auch die parenterale Aufnahme als erfasst ansieht. Denn nur auf diese Weise wird der umfassende Schutz des Verbrauchers sichergestellt, den das europäische Recht bewirken will.[15]

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Art. 2 Abs. 3 BasisVO nimmt ausdrücklich eine Reihe von Produkten aus dem Begriff der Lebensmittel aus: Futtermittel, kosmetische Mittel, Tabakerzeugnisse und Arzneimittel. Insbesondere im Hinblick auf die Abgrenzung zum Arzneimittel[16] können Probleme auftreten.[17] Der Begriff der Arzneimittel ist in § 2 Abs. 1 AMG, der der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (RL 2001/83/EG) dient, legaldefiniert. Ferner sind in § 2 Abs. 2 AMG bestimmte Erzeugnisse genannt, die als Arzneimittel gelten. § 2 Abs. 3 AMG bestimmt ferner, dass bestimmte Erzeugnisse – wie Lebensmittel – keine Arzneimittel sind.

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Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 AMG sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung auf Menschen oder Tiere bestimmt sind, um die Heilung oder Linderung, die von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden zu bewirken (Präsentationsarzneimittel) oder physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Außerdem unterfallen medizinische Diagnosemittel dem Arzneimittelbegriff (Funktionsarzneimittel).[18]

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Die Zweckbestimmung der Arzneimittel für § 2 Abs. 1 AMG ist grundsätzlich objektiv nach der Bezeichnung, mithin nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten Verbrauchers vorzunehmen; es können jedoch auch subjektive Merkmale relevant werden, sofern die innere Zweckbestimmung unzweifelhaft erkennbar ist.[19] Die Bestimmung eines Funktionsarzneimittels erfolgt nach den pharmakologischen Eigenschaften des konkreten Erzeugnisses;[20] hierbei ist ein wissenschaftlicher physiologischer, metabolischer oder immunologischer Wirkungsnachweis Voraussetzung für die Annahme eines Arzneimittels.[21]

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Nach der in diesem Zusammenhang ergangenen Judikatur des EuGH[22] sind Erzeugnisse, die sowohl unter den Lebensmittelbegriff als auch unter den des Arzneimittels fallen, als Arzneimittel zu behandeln. Dies ergibt sich letztlich bereits aus Art. 2 Abs. 2 RL 2001/83/EG,[23] der diesbezüglich eine Zweifelsregel aufstellt, die als gesetzliche Fiktion materiellrechtliche Wirkung auch für das Strafrecht hat. Für Mittel, für die der Nachweis der Wirksamkeit nicht geführt ist, gilt diese Zweifelsregel jedoch nicht,[24] so dass diese Erzeugnisse im Zweifel als Lebensmittel einzuordnen sind.[25] Zu diesem Ergebnis gelangt man ebenfalls, wenn man die Abgrenzung nach dem neu gefassten § 2 Abs. 1 AMG vornimmt.[26]

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Die Lebensmittelzusatzstoffe werden in § 2 Abs. 3 S. 1 LFGB zumindest partiell eigenständig definiert als Stoffe, die weder als Lebensmittel verzehrt, noch als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen zugesetzt und damit Bestandteil des Lebensmittels werden.[27] Ferner nennt § 2 Abs. 3 S. 2 LFGB in den Nrn. 1 bis 4 Stoffe, die den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellt sind.

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§ 2 Abs. 3 S. 3 LFGB nimmt dagegen einige Stoffe, so z.B. Pflanzenschutzmittel, ausdrücklich vom Begriff des Lebensmittels aus.

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

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