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e) Handeln ohne Einwilligung des Unternehmens

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Strafbar ist das Verhalten des Täters in der Pflichtwidrigkeits- bzw. Geschäftsherrenvariante gem. § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB aber nur, wenn es „ohne Einwilligung des Unternehmens“ erfolgt. Dieser als negatives Tatbestandsmerkmal[487] ausgestalteter Einwilligungsvorbehalt[488] wurde erst nachträglich vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages in den Tatbestand eingefügt. Er soll die Rechtssicherheit für die durch die Norm adressierten Angestellten und Beauftragten erhöhen, indem klargestellt wird, „dass bei einem transparenten und vom Unternehmen gebilligten Verhalten kein Risiko einer Strafbarkeit nach § 299 StGB besteht“.[489] Die täterentlastende Zustimmung muss dabei sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung erfüllen. Hier gelten nach allgemeiner Meinung dieselben Maßstäbe wie bei der rechtfertigenden Einwilligung.[490] So muss die Einwilligung vor der Tat[491] ausdrücklich oder konkludent erklärt werden,[492] ohne dabei an eine besondere Form gebunden zu sein.[493] Eine nachträgliche Genehmigung sieht das Gesetz – anders als bei den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB – nicht vor; sie ergibt sich auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen.[494] Fordert usw. der Agent (allein) unter dem Vorbehalt einer Einwilligung einen Vorteil, scheidet § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB aus, da sich sein Verhalten hier nicht auf eine pflichtwidrige Handlung oder Unterlassung richtet, so dass es am notwendigen Tatvorsatz in Bezug auf eine Unrechtsvereinbarung fehlt.[495] Gegenständlich hat sich die Gestattung sowohl auf die Annahme bzw. auf das Gewähren des Vorteils[496] als auch auf die Verknüpfung des Vorteils mit der pflichtwidrigen Handlung oder Unterlassung des Angestellten oder Beauftragten zu erstrecken.[497] Der Geschäftsherr muss also damit einverstanden sein, dass der Agent beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung im geschäftlichen Verkehr gegen Vorteilsgewährung vornimmt. Billigt er – etwa in Form allgemeiner Compliance-Richtlinien – nur die Annahme geringfügiger Zuwendungen, nicht aber die Kopplung mit der vereinbarten Handlung, löst das keine Privilegierung für den Agenten aus.[498] Die Zustimmung wirkt – ähnlich wie bei § 266 StGB – tatbestandsausschließend, da bei Akzeptanz des Verhaltens dessen Pflichtwidrigkeit entfällt und damit die Interessen des Prinzipals nicht mehr verletzt werden.[499] Die fehlende Einwilligungsfähigkeit des Gutsinhabers (bzw. seines Vertreters) kann die Einwilligung ebenso unwirksam machen wie das Vorliegen von Willensmängeln.[500] Zu denken ist hier an Täuschungen oder mangelnde Aufklärung durch den Agenten, während trotz Aufklärung verbleibende Fehlvorstellungen die Gültigkeit der Zustimmung nicht berühren.[501] Konnte der Vorteilsgeber etwaige Unwirksamkeitsgründe nicht erkennen, fehlt ihm der Tatbestandsvorsatz (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB).[502] Wirksam sind nur Einwilligungen von Dispositionsbefugten. Dispens erteilen kann der Berechtigte daher von der Erfüllung vertraglicher Pflichten, von gesetzlichen nur, wenn sie maßgeblich auch seinem Schutz dienen.[503] Zu beachten ist weiter, dass die Einwilligung nicht ihrerseits pflichtwidrig sein darf, will sie nicht ihre Wirksamkeit verlieren.[504]

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Ob die vom Gesetzgeber mit der Schaffung des Einwilligungsvorbehalts angestrebte Rechtssicherheit für die Agenten in der Praxis tatsächlich erreicht wird, hängt auch und gerade von klaren Zuständigkeiten ab. Eine gesetzliche Regelung findet sich hierzu (leider) nicht. In diesem Zusammenhang bestehende große Unsicherheiten im Anwendungsbereich der Untreue lassen an dieser Stelle nichts Gutes erahnen[505] In der Sache sollte Konsens darüber zu erzielen sein, dass es sich um eine Frage der internen Geschäftsverteilung und damit um eine Frage der Binnenorganisation des jeweiligen Unternehmens handelt.[506] Zuständig für die Abgabe des Einverständnisses ist der Prinzipal (bei kleinen Unternehmen etwa der Inhaber selbst) oder die von ihm bzw. kraft Gesetzes ermächtigte Person.[507]

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