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VII. Prozessuales

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Eine Tat nach § 299 StGB wird nur auf Antrag (Prozessvoraussetzung) – zu stellen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Tat und der Person des Täters (§ 77b Abs. 1, Abs. 2 S. 1 StGB) – verfolgt, wenn nicht die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht, § 301 Abs. 1 StGB.[705] Antragsberechtigt sind nach dem neugefassten § 301 Abs. 2 StGB[706] der Verletzte (vgl. § 77 Abs. 1 und 2 StGB) sowie in den Wettbewerbsvarianten des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB neben dem Verletzten auch die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 4 des UWG genannten rechtsfähigen Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) sowie Industrie-, Handels- und Handwerkskammern (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG)[707]. Der Verletztenbegriff ist tatbestandsspezifisch zu bestimmen und daher bei § 299 StGB zu fragen, wer durch diese durch das KorrBekG 2015 deutlich erweiterte Strafnorm geschützt ist. Hierbei ist zwischen den verschiedenen Tatvarianten des § 299 StGB zu differenzieren. Als „Verletzter“ der Tatvarianten des Wettbewerbsmodells gem. § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB (die im Wesentlichen § 299 Abs. 1 und 2 StGB a.F. entsprechen) werden ganz überwiegend die Mitbewerber sowie, wenn das Verhalten des Angestellten oder Beauftragten ihm gegenüber pflichtwidrig war, der Geschäftsherr angesehen.[708] Die schon früher h.M.[709] hat den Gesetzgeber des KorrBekG 2015 dazu veranlasst, den vorherigen Hinweis des § 301 Abs. 2 StGB a.F. auf § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG (jeder „Mitbewerber“) zu streichen, um eine überflüssige Doppelung zu beseitigen.[710] Nach der hier vertretenen Auffassung (s. Rn. 13) gibt es dagegen in den Wettbewerbsvarianten keinen „Verletzten“, weil Individualrechtsgüter durch diese Korruptionstat nicht unmittelbar beeinträchtigt werden;[711] nur eine großzügigere Interpretation des Verletztenbegriffs könnte bei der hier vorgenommenen Rechtsgutsanalyse (eine wohl sachgerechte) Abhilfe schaffen (schon um Widersprüche mit den Sonderrechten von Verbänden und Kammern zu vermeiden), etwa dergestalt, dass den Mitbewerbern als Teilnehmer und Repräsentanten des Leistungswettbewerbs die Verletzteneigenschaft zuerkannt wird.[712] Eine Beschränkung auf diejenigen Mitbewerber, die sich um den konkreten Auftrag beworben haben („geschäftsbezogene Sicht“), wird herrschend abgelehnt und hinsichtlich der Strafantragsberechtigung eine „marktbezogene Sicht“ präferiert, wonach aber immer noch ein konkretes (und nicht nur abstraktes) Wettbewerbsverhältnis erforderlich ist.[713] Verletzter und Strafantragsberechtigter bei den pflichtbezogenen Korruptionsvarianten des Geschäftsherrenmodells gem. § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB kann nur der Geschäftsherr sein, sofern der Angestellte oder Beauftragte pflichtwidrig gehandelt (und der Geschäftsherr nicht eingewilligt) hat.[714] Den Mitbewerbern steht kein Antragsrecht zu, da sie durch diese Tatvarianten nicht verletzt werden.[715]

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Bei Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung wird die Tat von Amts wegen verfolgt. Nach Nr. 242a Abs. 1 RiStBV soll ein solches Interesse insb. anzunehmen sein, wenn der Täter einschlägig (vermögensstrafrechtlich, insb. wirtschaftsstrafrechtlich) vorbestraft ist,[716] er im Zusammenwirken mit Amtsträgern gehandelt hat,[717] mehrere geschäftliche Betriebe betroffen sind, der Betrieb mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand steht und öffentliche Aufgaben wahrnimmt, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist[718] oder zureichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Antragsberechtigter aus Furcht vor wirtschaftlichen oder beruflichen Nachteilen einen Strafantrag nicht stellt.[719] Teilweise werden als Kriterien ferner etwa die besondere Raffinesse der Tatbegehung[720] oder die Stellung des Täters in der Öffentlichkeit[721] genannt. Nach Nr. 242a Abs. 2 RiStBV kann, wenn ein besonders schwerer Fall (§ 300 StGB) in Betracht kommt, das öffentliche Interesse nur ausnahmsweise verneint werden.[722] Ein weites Verständnis des „besonderen öffentlichen Interesses“ entspricht der Natur des § 299 StGB als Delikt gegen Allgemeininteressen.[723]

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§ 299 StGB ist gem. § 374 Abs. 1 Nr. 5a StPO Privatklagedelikt; die Verweisung auf den Privatklageweg ist in der Regel aber nur angezeigt, wenn der Gesetzesverstoß leichterer Art ist und nur die Interessen eines eng umgrenzten Personenkreises betrifft (vgl. Nr. 260 RiStBV a.E.);[724] der Begriff des besonderen öffentlichen Interesses ist bei § 376 StPO noch weiter zu verstehen als in § 301 Abs. 1 StGB.[725] Diese Bewertung soll nach einer stark vertretenen Literaturansicht auf beide Tatvarianten zutreffen, denn auch das Geschäftsherrenmodell dient danach dem Schutz des Wettbewerbs und damit einem Interesse der Öffentlichkeit. [726]

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Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt im einfachen und auch besonders schweren Fall der Tatbegehung fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB); sie beginnt mit Beendigung der Tat (§ 78a S. 1 StGB; vgl. zum Zeitpunkt der Beendigung Rn. 111).

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Sachlich zuständiges Gericht ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 24 GVG, 39, 40 JGG das Amtsgericht. Bei erstinstanzlicher Zuständigkeit des Landgerichts (wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles, § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG) oder bei Berufungen gegen Urteile des Schöffengerichts[727] entscheidet die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts (§§ 74, 74c Abs. 1 Nr. 5a GVG). In den Fällen des § 300 S. 2 Nr. 2 StGB ist zur Aufklärung der Tat der Einsatz von verdeckten Ermittlern zulässig (§ 110a Abs. 1 Nr. 3, 4 StPO), unter den in § 300 S. 2 StGB genannten Voraussetzungen die Überwachung der Telekommunikation (§ 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. s) StPO).[728]

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