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VI. Konkurrenzen und typische Begleittaten[663]

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Kommt eine Unrechtsvereinbarung zustande, ist eine Partei jeweils notwendiger Teilnehmer an der Tat des anderen. Anstiftung oder Beihilfe treten jedoch hinter die eigene Täterschaft zurück.[664] Wenn der Umfang des zu erbringenden Vorteils durch die Unrechtsvereinbarung genau festgelegt ist, begründet das Annehmen bzw. Gewähren auch von Teilleistungen gegenüber dem früheren Fordern, Sichversprechenlassen, Anbieten oder Versprechen keine neue, selbstständige Tat; es liegt dann tatbestandliche Handlungseinheit vor.[665] Hängt der angebotene, versprochene usw. Vorteil allerdings von der künftigen Entwicklung ab und richtet sich prozentual nach dem jeweils erzielten Umsatz, soll dagegen die Gewährung bzw. Annahme jeweils für sich erneut den Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit erfüllen, selbst wenn sie auf ein und dieselbe Unrechtsvereinbarung zurückgeht.[666] Die Einziehung von Bestechungsgeldern durch fingierte Rechnungen, ihr Bereithalten auf Firmenkonten und die Weiterleitung an ihren Empfänger hat der BGH als eine einzige Beihilfetat bewertet.[667] Noch ungeklärt ist das Verhältnis zwischen der Wettbewerbs- und der Pflichtwidrigkeitsvariante.[668] Werden beide Delikte durch dieselbe Handlung verwirklicht, besteht nach überwiegender Ansicht Gesetzeseinheit.[669]

Tateinheit ist möglich, etwa mit § 263 StGB, wenn der Bestochene seine Bereitschaft zur Bevorzugung oder der Versprechende seine Bereitschaft zur Vorteilszuwendung nur vortäuscht;[670] mit § 240 oder § 253 StGB, wenn der Täter des § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB seine Forderung mit der Drohung verbindet, den anderen zu benachteiligen,[671] mit §§ 299a und b StGB,[672] §§ 265c und d StGB[673] oder zwischen § 299 Abs. 2 StGB und Anstiftung insb. zur Untreue.[674] Die aktive Bestechung gemäß § 299 Abs. 2 StGB kann im Rahmen von Submissionsverfahren tateinheitlich mit § 298 StGB verwirklicht werden,[675] wenn ein Angestellter des Veranstalters bestochen wird.[676] Zwischen der Tat nach § 299 StGB (in Form der Wettbewerbsvarianten) und der (zukünftigen) bevorzugenden Handlung besteht in der Regel Tatmehrheit, und zwar auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen.[677]Gleiches muss auch für das Verhältnis der Pflichtwidrigkeitsvarianten (gem. § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB) und der pflichtverletzenden Handlung gelten, sofern diese eigenständig strafbar sind.[678] Liegen mehrere Unrechtsvereinbarungen vor, so stellt eine jede grds. eine rechtlich selbständige Tat dar;[679] werden die Gegenleistungen auf die Unrechtsvereinbarungen anschließend jedoch teilweise zusammengefasst erbracht, handelt es sich um tatbestandliche Handlungseinheit.[680] Tatmehrheit der § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB und § 266 StGB kommt in Betracht, wenn die erkaufte Handlung im untreuerechtlichen Sinne pflichtwidrig ist und zusätzlich zu einem Vermögensschaden führt.[681] Tateinheit zwischen § 266 StGB und § 299 StGB ist nur möglich, wenn die Verwirklichung beider Tatbestände zumindest teilweise in einer Ausführungshandlung zusammentrifft.[682] Derartige Überschneidungen sind etwa in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Herbeiführung des Vermögensnachteils für den Treugeber möglich, insb. wenn in einem Gespräch bezüglich des korruptiven Handelns bereits Einzelheiten einer späteren Manipulation (z.B. sog. „Luftnummern“) konkret vereinbart werden[683] oder bei Unrechtsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen von schwarzen Kassen.[684] Mehrere selbständig verwirklichte Untreuetaten werden durch eine tateinheitlich begangene Tat nach § 299 Abs. 1 StGB nicht verklammert, sondern stehen zueinander in Realkonkurrenz.[685] Für die §§ 331 ff. StGB ist umstritten, ob Tateinheit mit § 299 StGB vorliegen kann, wenn der Angestellte oder Beauftragte eines staatlichen Unternehmens gleichzeitig Amtsträger ist, oder aber ein tatbestandliches Exklusivitätsverhältnis mit Vorrang der §§ 331 ff. StGB besteht.[686] Aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtungen der Normen ist im Interesse der Klarstellung des verwirklichten Unrechts Tateinheit mit den §§ 331 ff. StGB anzunehmen.[687]

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Neben der Untreue zulasten des Prinzipals[688] wird „Begleittat“ der Bestechung im geschäftlichen Verkehr häufig eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO sein.[689] Der Empfänger von Bestechungsgeldern wird diese regelmäßig nicht versteuern und sich damit in Tatmehrheit begangener Einkommensteuerhinterziehung (durch Unterlassen)[690] – selten auch wegen Umsatzsteuerhinterziehung[691] – strafbar machen;[692] der Bestechende ist dem Risiko einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zu den Hinterziehungstaten des Empfängers ausgesetzt, wobei eine äußerlich „neutrale“ Handlung (wie etwa eine Bargeldzahlung) als Hilfeleistung für sich genommen allerdings nicht genügen wird.[693]

Beispiel

G, der A für Bevorzugungen bei Auftragsvergaben erhebliche Summen hat zukommen lassen, fürchtet, A werde damit einen auffallend aufwändigen Lebensstil führen. Er gibt A daher den „Tipp“, das Geld sogleich „steuerfrei“ in der Schweiz anzulegen. Der BGH hat darin eine neutrale Handlung gesehen. Eine strafbare Beihilfe sei nur anzunehmen, wenn konkrete Hinweise gegeben werden, an welche Personen oder Institutionen sich der Empfänger zwecks Geldtransfers und -anlage wenden kann oder der Zuwendende sogar anbietet, den entsprechenden Kontakt herzustellen.[694]

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Zu berücksichtigen ist auch, dass nach den §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 1 EStG, 8 Abs. 1 KStG[695] Bestechungszahlungen für in oder nach 1999 beginnende Wirtschaftsjahre überhaupt nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar sind;[696] ihre bewusste Geltendmachung erfüllt regelmäßig den Tatbestand der Steuerhinterziehung.[697] Das Abzugsverbot greift bereits ein, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Tat nach § 299 StGB darstellt;[698] auf eine Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens gem. den §§ 153 ff. StPO kommt es nicht mehr an; auch schuldhaftes Verhalten oder die Verfolgbarkeit der Handlung werden nicht vorausgesetzt.[699] § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 3 EStG enthält eine Pflicht der Finanzbehörde, der Staatsanwaltschaft Tatsachen mitzuteilen, die den Verdacht einer Korruptionstat begründen – und damit eine (verfassungsrechtlich nicht unproblematische) Durchbrechung des Steuergeheimnisses.[700] Selbst die Möglichkeit einer bereits eingetretenen Strafverfolgungsverjährung oder eines Beweisverwertungsverbots stehen dieser Mitteilungspflicht, die der BFH noch einmal ausdrücklich festgestellt hat, nicht entgegen.[701] Umgekehrt sind nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 2 EStG auch Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden verpflichtet, den Finanzbehörden Tatsachen mitzuteilen, die sie dienstlich erfahren und den Verdacht einer Tat gem. § 299 StGB begründen.[702] Das Entdeckungsrisiko für Korruptionstaten dürfte dadurch gestiegen sein.[703] Neben den Bestechungszahlungen erfasst das Abzugsverbot zusätzlich auch die Kosten des Strafverfahrens sowie Geldbeträge, hinsichtlich derer die Einziehung (früher: der Verfall) angeordnet wurden.[704]

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