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3.Unterlassen

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241Streitig ist, inwiefern bei einer Körperverletzung durch Unterlassen gemäß §§ 223, 13 auch § 227 verwirklicht sein kann. Es geht insoweit nicht um Fälle, in denen der Täter den Tatbestand des § 223 durch aktives Tun verwirklicht und anschließend den Erfolg nicht abwendet, da insoweit bereits ein Begehungsdelikt vorliegt, sondern um das bloße Unterlassen von Rettungsmaßnahmen496. Zunächst gehören in diesen Zusammenhang Fälle, in denen der Garant die vorsätzliche Körperverletzung durch einen Dritten nicht hindert und ihm selbst Fahrlässigkeit hinsichtlich des Todes zur Last fällt497. Ferner sind aber auch Konstellationen einbezogen, in denen der Täter, ein Dritter oder das Opfer zunächst die Körperverletzung verursacht, der Täter dann aber eine schwerere Folge nicht abwendet.

Bsp.:498 T stellt eine Flasche mit Gammabutyrolacton in einer Wohngemeinschaft auf, nachdem die Anwesenden zuvor Alkohol und andere Betäubungsmittel konsumiert hatten. O trinkt sodann aus der Flasche, wobei er zwar vom Inhalt Kenntnis hatte, jedoch davon ausging, dass die Dosierung nicht lebensgefährlich sei. T kümmert sich zwar um O, als dieser in den Schlaf fällt. Er erkennt jedoch nicht, dass die Situation lebensgefährlich ist und unterlässt es deshalb, Hilfe zu rufen. O wird später auf Veranlassung eines anderen Anwesenden in ein Krankenhaus gebracht, weil sich dessen Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Dort verstirbt O, weil der Wirkstoff eine Atemdepression und eine Unterversorgung des Gehirns verursachte, was nur bei rechtzeitiger Beatmung hätte verhindert werden können.

242Zunächst hat sich T durch das Aufstellen der Flasche nach § 222 strafbar gemacht. Dem steht auch nicht eine freiverantwortliche Selbstgefährdung des O entgegen, da dieser zwar selbst trank, jedoch die lebensgefährlichen Auswirkungen dabei nicht erkannte. Anknüpfungspunkt für eine vorsätzliche Körperverletzung durch Unterlassen nach §§ 223, 13 ist das nicht rechtzeitige Herbeirufen ärztlicher Hilfe durch T. Zwar hatte sich O bereits zuvor durch Trinken des Mittels an der Gesundheit geschädigt, jedoch genügt es, wenn durch das Unterlassen eine nicht unerhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt. Die Handlungspflicht des T resultiert aus einer Überwachungsgarantenstellung kraft Sachherrschaft über die Flasche als gefährlichen Gegenstand sowie kraft pflichtwidrigen Vorverhaltens (Ingerenz) aufgrund des Aufstellens der Flasche. Die Garantenstellung erstreckt sich dabei nicht nur auf die Körperverletzung i. S. d. § 223, sondern zugleich auch auf den Tod als schwere Folge499. Fraglich ist freilich, ob der gefahrspezifische Zusammenhang vorliegt. Der BGH stellt hierfür maßgeblich darauf ab, ob der Täter in einer ihm vorwerfbaren Weise den lebensgefährlichen Zustand – hier also durch Aufstellen der Flasche – herbeigeführt habe500. Dies überzeugt aber nicht. Denn wenn Anknüpfungspunkt für den Grundtatbestand erst das nachfolgende Unterlassen ist, kann die vorausgehende Fahrlässigkeit zwar eine Strafbarkeit nach § 222 begründen, sie ist aber gerade keine dem Unterlassen innewohnende spezifische Gefahr – sondern eben gerade die spezifische Gefahr eines vorausgehenden, selbständig zu beurteilenden Aktes501. Richtigerweise wird man verlangen müssen, dass durch die Vertiefung der bereits bestehenden Körperverletzung i. S. d. § 223 zugleich eine nicht unerhebliche Erhöhung der Lebensgefahr derart bewirkt worden ist, dass sich gerade die in der Vertiefung liegende Gefährlichkeit in der schweren Folge niedergeschlagen hat502, was hier zu bejahen ist, so dass sich T nach §§ 227, 13 strafbar gemacht hat.

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