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4.Objektive Bedingung der Strafbarkeit

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257Die schwere Folge – Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung i. S. d. § 226 Abs. 1 – ist nach h. M. kein Tatbestandsmerkmal, sondern lediglich eine objektive Bedingung der Strafbarkeit525.

258a) Konsequenzen der Einordnung. Dies bedeutet zunächst, dass der Tatbeitrag des Täters nicht kausal für die schwere Folge sein muss; selbst wenn feststeht, dass die schwere Folge durch einen anderen Beteiligten herbeigeführt wurde, bleibt die Strafbarkeit unberührt. Der Täter muss den Eintritt der schweren Folge ferner nicht voraussehen können526; und die Folge muss auch nicht vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Nach h. M. soll das Vorliegen der objektiven Bedingung der Strafbarkeit selbst dann unberührt bleiben, wenn derjenige Akt, der die schwere Folge herbeigeführt hat, gerechtfertigt war527.

Hinweis

Die diesbezügliche Körperverletzung oder Tötung bleibt allerdings gerechtfertigt. Es muss demnach strikt zwischen der Strafbarkeit wegen Tötungs- und Körperverletzungsdelikten einerseits und derjenigen nach § 231 andererseits unterschieden werden.

259b) Einschränkung. Zu fordern ist jedoch, dass sich in der schweren Folge das typische Risiko einer Schlägerei verwirklicht. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut („durch die Schlägerei“); man kann hierzu auch die Kriterien der objektiven Zurechnung heranziehen528. Allerdings sollte man dann sehen, dass es nach dem Sinn der objektiven Bedingung der Strafbarkeit nicht auf den Zurechnungszusammenhang zwischen der einzelnen Beteiligungshandlung und der schweren Folge ankommt, da diesbezüglich nicht einmal Kausalität bestehen muss. Der einzelne Beteiligte muss also mit seiner konkreten Beteiligungshandlung gerade keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen haben, die sich in der schweren Folge realisiert. Vielmehr kann es nur allgemein darum gehen, ob sich nach Schutzzweckgesichtspunkten ein typisches Risiko einer Schlägerei realisiert hat529.

Bsp.: Bei einer Schlägerei erleidet Zuschauer O plötzlich einen tödlichen Kreislaufkollaps. – Es hat sich hier keine typische Gefahr der Schlägerei (Vornahme von Tätlichkeiten, unübersichtliche Lage, angeheizte Stimmung usw.) in der objektiven Bedingung niedergeschlagen.

260c) Opfer der schweren Folge. Es ist nicht erforderlich, dass die schwere Folge bei einem Teilnehmer der Schlägerei oder des Angriffs eintritt. Auch Folgen bei unbeteiligten Dritten werden erfasst530.

Bsp.: Passant O wird von einem Pflasterstein, den einer der Schläger geworfen hat, tödlich getroffen.

Nach h. M. soll sich der Schläger oder Angreifer sogar dann nach § 231 strafbar machen, wenn er selbst verletzt wird531. Dagegen wird eingewendet, dass dies den Grundsätzen der objektiven Zurechnung widerspricht532. Versteht man diese jedoch – wie oben dargelegt533 – nicht individuell, so muss man zu dem Ergebnis gelangen, dass es durchaus eine spezifische Gefahr einer Schlägerei darstellt, wenn den Schläger bzw. den Angreifer die schwere Folge selbst trifft. Eine entsprechende Einschränkung ließe sich daher besser damit begründen, dass man ähnlich wie bei §§ 223 ff. als ungeschriebenes Merkmal verlangt, dass die Folge eine andere Person trifft und die Selbstverletzung daher nicht strafbarkeitsbegründend wirken kann. Im Übrigen ist in einem solchen Fall jedoch § 60 – Absehen von Strafe – zu beachten.

261d) Entfernen vom Tatort vor Eintritt und Hinzukommen nach Eintritt der schweren Folge. Problematisch sind Fälle, in denen sich der „Schläger“ zum Zeitpunkt des Eintritts der schweren Folge gar nicht beteiligt hat.

Bsp. (1): T schlägt bei einer Prügelei auf dem Feuerwehrfest kräftig mit; als ihn seine Freundin anruft, geht er sofort nach Hause. Kurz darauf wird bei der Schlägerei O durch einen Schlag des D getötet.

Bsp. (2): T kommt erst zur Schlägerei hinzu, nachdem O von D getötet wurde.

Nach h. M. ist es für die Strafbarkeit eines Beteiligten ohne Bedeutung, ob die Ursache für den Eintritt der schweren Folge während, vor oder nach seiner Beteiligung an der Schlägerei gesetzt worden ist534. Anders liegt dies nur, wenn von seinem Hinzukommen oder Ausscheiden der Charakter des Geschehens als Schlägerei abhängt, da dann nicht mehr die drei erforderlichen Personen aktiv beteiligt sind. Für die h. M. lässt sich vor allem anführen, dass ansonsten neue Beweisschwierigkeiten entstünden, wenn der Beteiligte sich darauf berufen könnte, zum Zeitpunkt des Eintritts der Folge noch nicht bzw. nicht mehr an der Schlägerei beteiligt gewesen zu sein. Nach anderer Ansicht wird im Wege einer restriktiven Auslegung wegen des im Hinblick auf das Schuldprinzip nicht unproblematischen Schlägereitatbestandes535 nur die Beteiligung während des Verursachungszeitpunktes für ausreichend gehalten536. Überzeugender ist es hingegen, lediglich bei einer nachträglichen Beteiligung die Strafbarkeit nach § 231 zu verneinen, während derjenige Beteiligte strafbar sein sollte, der sich vor Eintritt der schweren Folge entfernt hat. Dafür spricht letztlich, dass dessen ursprüngliche Beteiligung bis zum Eintritt der schweren Folge fortwirken kann537.

Strafrecht Besonderer Teil

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