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I. Geschäftsführung ohne Auftrag – Überblick

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Eine Geschäftsführung ohne Auftrag (kurz: GoA) liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäft willentlich für einen andern besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein (§ 677). Die Ausgleichsfunktion der GoA ist wesentlich auf Erstattung des bewusst in fremdem Interesse Aufgewendeten gerichtet. Allerdings haftet der Geschäftsführer ohne Auftrag auch für Schadensfolgen aus seiner unerbetenen Einmischung.

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Der GoA liegt typischerweise der Aufwendungsersatz an einen spontanen Helfer zugrunde, wenn dieser objektiv und nach seiner Willensrichtung (Fremdgeschäftsführungswille) als Treuhänder fremder Interessen gehandelt hat (vgl. §§ 677, 683). Diese Erstattungspflicht des Geschäftsherrn stellt maßgeblich auf die Willensbildung des Geschäftsführers ab, so dass § 683 alle Aufwendungen als ausgleichsfähig anerkennt, die bewusst für den Geschäftsherrn gemacht wurden, sofern sie seinem Interesse „mit der Rücksicht auf (seinen) wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ entsprachen.

Ob der Geschäftsherr einen realen Vorteil daraus ziehen konnte, ist unmaßgeblich.

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§ 683 hat damit – innerhalb seines subjektiv geprägten Tatbestandsrahmens – eine Auffangfunktion für Aufwendungsersatz, wo es an einer effektiven und noch vorhandenen Bereicherung (vgl. § 818) beim Geschäftsherrn vielleicht fehlt und die Aufwendungen auch nicht für den Erhalt fremden Eigentums notwendig waren (vgl. §§ 994 ff.). Der altruistische Helfer bliebe in diesen Fällen sonst auf seinen Kosten sitzen.

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Die Übereinstimmung der Geschäftsführung mit dem Interesse und „wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ des Geschäftsherrn ist das Risiko des Geschäftsführers (§§ 678–680), der bei fehlender Übereinstimmung nicht nur auf lediglich die Abschöpfung eventueller Bereicherung des Geschäftsherrn verwiesen wird (§ 684), sondern umgekehrt ihm auf Schadenshaftung für Übernahmeverschulden (nach § 678) und Ausführungsverschulden (§§ 677 i.V.m. 280 Abs. 1; nur bei der Notgeschäftsführung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Verkennung eingeschränkt, vgl. § 680) verpflichtet wird.

Daneben tritt stets eine Herausgabepflicht auf das Erlangte (§ 681 i.V.m. § 667).

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Das gesetzliche Schuldverhältnis der GoA entsteht aus tatsächlichem Handeln (Realakt); es schafft einen Ausgleich für fremdnützige Aufwendungen aus der anzuerkennenden Initiative hilfsbereiter Menschen einerseits und einen Schutz vor unerwünschter Einmischung und aufdringlicher Bevormundung andererseits. Da der Geschäftsführer hierbei auftragslos handelt, kommt es auf seine Willensrichtung an.

Das von ihm je nach konkreten Umständen in unterschiedlich hohem Ausmaß zu tragende Risiko der Konvergenz mit dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn kommt sodann erst hinsichtlich des Umfangs der wechselseitigen Rechte und Pflichten, also auf der Rechtsfolgenseite, zum Tragen.

Auch die sog. unberechtigte GoA (vgl. § 684 S. 1) ist echte Geschäftsführung in fremder Angelegenheit, wenngleich ihre Übernahme zum Willen des Geschäftsherrn im Widerspruch stand (und dieser auch nicht nach § 679 unbeachtlich wäre, noch sie von ihm nachträglich genehmigt würde);[17] der Geschäftsführer kann deshalb Ausgleichsansprüche nur nach Bereicherungsrecht (Rechtsfolgenverweisung) geltend machen und muss seinerseits für alle Schäden unabhängig von einem Ausführungsverschulden haften (vgl. § 678), sofern er bei der Übernahme Anhaltspunkte für den gegenteiligen Willen des Geschäftsherrn hätte erkennen können (diese Haftung wegen Übernahmeverschuldens ist nach h.M. bei vermeintlicher Notgeschäftsführung durch § 680 eingeschränkt, obwohl der Wortlaut dieser Vorschrift nur auf Ausführungs-, nicht auch auf Übernahmeverschulden hindeutet).

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Auftragslose Geschäftsführung ist die (treuhänderische) Besorgung eines Geschäfts im weitesten Sinne, das dem Geschäftsführer fremd ist, weil es der Sorge eines anderen obliegt und nicht eigentliche Rechtspflicht des Handelnden ist, der es jedoch bewusst „für einen anderen“ besorgt, ohne dabei die konkrete Person des Geschäftsherrn im Blick haben zu müssen.

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Dieser Fremdgeschäftsführungswille ist die Rechtfertigung für das gesetzliche Schuldverhältnis, das sodann Rechtsgrund im Sinn des Bereicherungsrechts (vgl. § 812 Abs. 1) ist und zwar auch dann, wenn die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn unerwünscht war (unberechtigte GoA, vgl. § 684) und – nur – für die Rechtsfolgen auf diejenigen des Bereicherungsrechts verweist.

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