Читать книгу Glock 17 - Emely Bonhoeffer - Страница 14
Szene 9:
ОглавлениеDie Hütte von Tiffanys Eltern war mehr eine Villa als eine Hütte. Geschmückt mit teuren Kunstwerken und mit Marmor verkleidet wirkte sie äußerst glanzvoll. Fast so wie manche Zimmer im Kartell. Doch als der Geruch nach Wodka und Tequila Olivia entgegenschlug, während sie durch die weißen Flügeltüren eintrat, verdrängte sie die Erinnerung daran. Schon im Foyer schallte ihr Partymusik entgegen.
Keine zwei Sekunden später torkelte Tiffany in einem dunkelgrünen Kleid auf sie zu. Sie schien schon betrunken, dabei lief die Party gerade mal seit einer halben Stunde. Na ja, sollte sie doch. Wenn sie ihren Spaß daran hatte, war Olivia garantiert die Letzte, die es ihr vorhalten würde.
In der Eingangshalle reflektierte der Marmorboden den Mondschein an den Stellen, die die modernen Leuchten mit ihrem gedimmten Licht nicht erreichten. In der Decke war mittig eine großzügige Fläche aus Glas eingelassen, sodass man freien Blick auf den Himmel hatte. Jedoch beachtete das niemand der Leute groß, die sich im Eingangsbereich aufhielten.
Tiffany kreischte fröhlich über die Musik hinweg, die im absoluten Gegensatz zur eleganten Atmosphäre des Raumes stand.
„Olivia, du siehst echt geil aus!“ Okay, sie war voll.
„Zayn werden die Augen aus dem Kopf fallen!“ Sehr voll.
„Komm, ich bring dich zu den anderen …, aber erstmal ein Drink!“
Bei ihr angekommen drückte sie Olivia ein Glas in die Hand, dessen Inhalt bedenklich schaukelte. Vom Geruch konnte sie auf die Flüssigkeit schließen: Tequila. Was soll’s, dachte Olivia sich nur und kippte ihn auf ex weg. Hatte sie schon oft getan – selbst mit viel ekligeren Getränken. Er schmeckte erstaunlich gut.
Tiffany lachte schrill, als sie bemerkte, dass Olivia den gesamten Drink in einem Zug runtergekippt hatte. „Wow, woher kannst du das? Das war echt viel.“
„Ich habe Übung darin, ist nicht meine erste Party“, gab Olivia zurück.
Kichernd kommentierte Tiffany: „Die Jungs werden sich nur so um dich prügeln! Du bist echt cool …“ Dann taumelte sie auf ihren passend zum Kleid dunkelgrünen Stilettos in das geräumige Wohnzimmer hinein, in dem die Musik auf eine ohrenbetäubende Lautstärke anschwoll. An dessen einer Seite thronte ein kleiner Kamin, während die Wände daneben aus riesigen Glasscheiben bestanden, durch die man in den dunklen Wald sehen konnte.
Ein bewundernswertes Zimmer, doch das schien die feiernden Schüler nicht sonderlich zu interessieren. Zahlreiche von ihnen tummelten sich auf einer provisorisch geschaffenen Tanzfläche, die zum Mittelpunkt der Party geworden war.
Als Olivia ihren Blick über die dichte Masse schweifen ließ, entdeckte sie Zayn mit einem Mädchen eng umschlungen im Takt wippen. Sie lehnte sich zurück und verengte die Augen zu Schlitzen. Es war ihr gleichgültig, mit wem er tanzte – zumindest redete sie sich das ein.
Nach einigen Momenten beschloss sie, ihn vorerst zu ignorieren und sich selbst einen Tanzpartner zu suchen oder besser gleich mehrere. Wenn er spielen wollte, musste er schon von selbst zu ihr kommen.
Unterdessen war Tiffany irgendwo in der Menge untergetaucht.
In der Mitte der Tanzfläche angekommen begann Olivia, die Hüften zum Takt der Musik zu schwingen. Wie erwartet blieb sie dabei nicht lange allein.
Der erste Junge, der sich zu ihr gesellte, war Roth, der selbsternannte Bad Boy und Kapitän der Schulmannschaft – groß, stark und attraktiv. Unzählige Mädchen schwärmten für ihn. Klischeehaft war er mit Melanie, der Kapitänin der Cheerleaderinnen, zusammen. Und glücklicherweise war sie genau heute krank. Ihr würde es sicher nicht gefallen, wie ihr Freund sich mit seiner Lederjacke über den Schultern interessiert näher an Olivia heranpirschte. Und dass er nun seine Hände auf ihre schlanke Taille legte, um sie von hinten an sich zu ziehen, wahrscheinlich noch weniger.
„Na“, erklang es an ihrem Ohr, „du hast doch sicherlich nichts dagegen, wenn ich dir etwas Gesellschaft leiste. Niemand so Hübsches sollte allein tanzen.“
„Da hast du recht“, antwortete Olivia mit einer Stimme aus Samt, während sie sich bedacht zu ihm drehte. Sie zog einen Mundwinkel nach oben und Gerissenheit sowie Verlockung sprachen aus ihrem Blick und fesselten ihn. Sein Geruch nach Alkohol und Holz hüllte sie ein und stach ein wenig in ihrer Lunge, was sie aber einfach ausblendete.
Daraufhin tanzten sie zusammen weiter. Eng und im Rhythmus der Musik. Seine Hände lagen schwerfällig auf ihrer sich bewegenden Hüfte und ihre Blicke verhakten sich ineinander. Er brauchte nichts zu sagen. Roth hatte diesen Ausdruck in den Augen, den Olivia immer dann bei Männern vernahm, wenn sie ihnen durch ihre bloße Anwesenheit bereits den Kopf verdreht hatte. Dann waren sie ihr unwissend in die Falle gegangen. Selbstsicher schlang sie ihre Arme um seinen Hals und fuhr mit den Händen durch sein dichtes Haar, was er als Zeichen sah, sie noch näher an sich zu drücken – wenn das überhaupt noch möglich war. Mittlerweile hatten sich Olivias Ohren an die dröhnende Musik gewöhnt, nahmen sie aber trotzdem noch wahr. Sie blickte in Roths dunkle Augen. In diesem Licht wirkten sie sogar beinahe gänzlich schwarz. Tief und verraucht waren sie wie wunderschöne Abgründe, in die manch einer fallen könnte. Aber sie war keines dieser willensschwachen Mädchen, das sich davon ablenken ließ.
Nun fühlte sie Zayns Blick auf sich ruhen. Und unwillkürlich musste sie lächeln. Das Spiel mit ihm war wirklich amüsant. Es besaß einen gewissen Reiz, der sie befeuerte. Um es voranzutreiben, legte sie ihre Stirn an Roths und kam ihm dabei so nahe, dass sie dieselbe Luft atmeten. Als sein Atem stockte, wusste sie, sie hatte ihn endgültig am Haken. Bewusst rückte Olivia mit ihrem Mund noch näher an den seinen heran, verharrte dann aber und fühlte, wie er mit sich rang, der Versuchung letztendlich aber nachgab. Ihr zu widerstehen, war zu viel für ihn. Seine Lippen berührten ihre. Energisch küsste er sie und für ein paar kurze Momente glaubte Olivia, Zayns Wut über den Raum hinweg spüren zu können. Schließlich galt ihre komplette Aufmerksamkeit nur noch Roth.
Nach einer Weile jedoch löste sie sich bestimmend von ihm. Sie tanzten weiterhin miteinander, aber als seine Bewegungen immer ungezügelter wurden, beugte sie sich zu ihm vor: „Ich bin mir sicher, deine Freundin wäre nicht sonderlich glücklich über das, was du hier tust.“
„Sie wird es einfach nicht erfahren. Schließlich darf ich auch meinen Spaß haben.“ Gewissenlos lachte er und seine Hand bewegte sich Stück für Stück tiefer an ihrem Rücken hinab. Langsam wurde sie wütend über so viel Arroganz, was sie aber mit ihrer vermeintlichen Zustimmung überspielte. „Natürlich darfst du das.“
Mittlerweile hielt Roth sie immer fester. Als er probierte, sie erneut zu küssen, hatte sie endgültig genug und rammte ihm ihr Knie schmerhaft in den Bauch. Unerwartet von der Wucht der Schmerzenswelle getroffen ließ er sie los. Er stöhnte auf, und noch während er sie schnappen wollte, schlug sie ihn mit einem harten rechten Haken zu Boden. Erneut keuchte er, seine Lippe war blutig und sie stellte einen Fuß fest auf seinen Bauch, um ihm danach für alle gut hörbar mitzuteilen: „Aber ich bin nicht deine persönliche Schlampe!“ Irgendjemand würde Melanie schon von diesem Ereignis erzählen. Ob schonend oder nicht. Damit ließ sie von ihm ab und machte sich auf den Weg zur Bar. Olivia brauchte erst mal einen Drink.
Jedoch kam sie gar nicht so weit: Brendan, ebenfalls ein Footballspieler, versperrte ihr plötzlich den Weg. Abwartend schaute sie ihn an. Weil er weder etwas tat, noch sagte, fragte sie schließlich: „Was ist? Hat es dir etwa nicht gefallen, dass ich deinen Kapitän zu Boden gebracht habe?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Lange musste sie nie warten. Hier auch nicht.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er sich ihre Handgelenke schnappte, um sie gegen die nächste Wand zu drücken. Kurz holte sie überrascht von der Heftigkeit seiner Bewegung Luft, als er sich auch schon zu ihr herunterbeugte und wenige Zentimeter vor ihrem Mund verharrte. „Doch, es hat mir gefallen, Olivia.“ Er kannte also ihren Namen, was nicht gerade überraschend kam. Mit einem berauschten Ausdruck in seinen Augen präzisierte er: „Genauer gesagt gefällst du mir.“
Seine Worte offenbarten ihr sein Gefühlsleben.
„Du bist wunderschön.“ Faszination.
„Nach allem, was ich gehört habe, unglaublich klug.“ Bewunderung.
„Du lässt nicht mit dir spielen.“ Belustigung.
„Und du hast Schlagkraft.“ Freude.
Die Luft zwischen ihnen schien immer dünner zu werden.
Ihr Blick glitt an ihm hinab. „Was wird das hier genau?“
„Das würde ich auch gerne wissen.“ Zayns Stimme ertönte hinter Brendan. Dieser zuckte zusammen und ließ Olivias Handgelenke los, weil er im Gegensatz zu ihr Zayn nicht hatte kommen hören.
Olivia freute sich. Der neugierige Junge wollte also doch noch spielen. Das ließe sich einrichten.
„Zayn, ein echt unpassender Moment, in dem du kommst. Siehst du nicht, dass Olivia und ich gerade zu tun haben?“ Brendan klang leicht genervt. Oh, da fühlt sich wohl jemand bei seiner Eroberungstour gestört. Wie schade, dachte sie böse.
„Sieht nicht so aus, als ob Olivia das freiwillig tut.“ Er wollte sich jetzt also als ihr Retter ausgeben? Sicher nicht mit ihr!
„Oh, Zayn“, sie klinkte sich ins Gespräch mit ein, „wieso bist du hier? Willst du etwa den Ritter in glänzender Rüstung spielen, der die hilflose Prinzessin aus den Fängen des Bösen rettet?“ Jetzt grunzte Brendan belustigt, was ihm einen kurzen Blick von Olivia einbrachte, bevor sie sich an Zayn wandte. Dieser starrte sie nur weiter an. Ihr war zwar nicht ganz klar, wieso, aber das ließ sie sich nicht anmerken.
„Du hast leider nicht genau hingeschaut. Ich brauche nämlich keinen Ritter. Besonders du müsstest doch mittlerweile wissen, dass ich mich sehr gut selbst verteidigen kann. Und außerdem …“, sie legte die Hände um Brendans Nacken, der sich daraufhin wieder ihr zuwandte, „… liebe ich das Böse.“ Und mit diesen Worten zog sie Brendan dicht an sich und küsste ihn innig. Das Gefühl des Sieges in ihrem Spiel mit Zayn hielt jedoch nur kurz an, denn dieser packte Brendan von hinten und zerrte ihn von ihr weg. So viel Kraft hatte Olivia Zayn gar nicht zugetraut! Er war unbeherrscht und man konnte ihm an der Nasenspitze ansehen, dass er Brendan am liebsten durch das nächstbeste Fenster geschmissen hätte für das, was er getan hatte. Also eigentlich nichts außer ihren Reizen nachzugeben. Immerhin hatte sie ihn geküsst und das auch nur, um Zayn zu ärgern. Als sie ihn so wütend sah, konnte sie den Geschmack des Sieges schon auf ihrer Zunge schmecken. Zayn positionierte sich zornig vor Brendan, welcher anfing, zu protestieren.
„Ey, Mann, halt dich gefälligst da raus! Sie gehört mir. Ich meine, schau sie dir doch an!“ Er deutete nun auf Olivia wie auf irgendein Ausstellungstück. „Sie ist verdammt heiß! Ich bin offensichtlich mehr ihr Typ als du.“ Abwartend lehnte sich Olivia zurück. Zayn überging Brendans letzten Kommentar mit viel Mühe. Er drohte: „Du lässt gefälligst deine Finger von ihr, wenn du sie alle behalten willst!“ Das hatte gesessen. Zayn baute sich nun vor Brendan zu seiner vollen Größe auf.
Zorn. Entschlossenheit. Unberechenbarkeit. Diese Gefühle strahlten von seinem Körper förmlich auf Brendan ab, was diesen einschüchterte und Olivia insgeheim beeindruckte – und das konnten nicht viele. Dass er diese Willensstärke in sich trug, war ihr bisher noch nicht aufgefallen. Während sie ihr Bild von ihm neu definierte, tat Brendan scheinbar so etwas Ähnliches.
„Kein Grund, aggressiv zu werden.“ Er wollte sich nicht um jeden Preis mit Zayn prügeln, also verschwand er in Richtung Tanzfläche. Nachdem sich Zayn beruhigt hatte, fragte Olivia: „Wieso hast du das getan?“ Obgleich sie es nicht merkte, wurde ihre Stimme ruhiger und sanfter bei der Frage. Ihre Neugier überbot ihre Wut. „Es ist nicht deine Angelegenheit, mit wem ich Spaß habe. Wieso also?“ Seltsamerweise war sie nicht einmal sauer, wozu sie jedes Recht gehabt hätte, denn schließlich hatte er gegen ihren Willen gehandelt. Alles, was sie fühlte, war Freude. Aber komischerweise nicht, weil sie die erste Runde des Spiels ohne sein Wissen gewonnen hatte, sondern weil er es auf sich nahm, Brendan für sie zu bedrohen. Zayn konterte mit einer Gegenfrage: „Wieso hast du dich nicht verteidigt so wie bei Roth? Kannst du es etwa nicht mehr?“ Und damit war der Moment der Zuneigung vorbei und es brodelte erneut in Olivia.
„Ich kann mich sehr wohl verteidigen, nur wollte ich es eben nicht! Außerdem kannst du dich nicht einfach in meine Küsse einmischen!“ Sie war sichtlich aufgebracht. „Was erlaubst du dir eigentlich? Und sag bloß nicht, du hättest es getan, weil du mir helfen wolltest! Wir wissen beide, dass du es nur für dich getan hast.“
Ihr Schweigen übertönte den Lärm der Musik.
„Deine Drohung unterstützt meine Aussage nur. Du kannst den Typen, mit denen ich mich amüsiere, nicht einfach sagen, dass sie sich von mir fernhalten sollen, wenn ihnen ihre Finger lieb sind!“ Aber nach Zayns Blick zu urteilen, konnte und wollte er. Wenn er es weiter so offen zeigen sollte, würde sich das zu einem Problem entwickeln. Darüber konnte Olivia sich jedoch Gedanken machen, wenn es wirklich so weit kommen sollte. Sein Blick durchdrang sie, doch dann lenkte er zu ihrem kurzen Erstaunen ein. „Du hast recht.“ Wissend wartete sie auf mehr. „Ich kann es ihnen nicht allen vorschreiben, deshalb sage ich es dir: Halte dich von solchen Typen fern!“
„Wie bitte?! Ich lasse mir nichts vorschreiben. Vor allem nicht von jemandem, den ich kaum kenne! Hast du verstanden? Wir kennen uns kaum. Du weißt fast nichts über mich. Also misch dich besser nicht in meine Angelegenheiten und mein Leben ein!“ Während sie näher zu ihm trat, sprach sie etwas eindringlicher und leiser, sodass nur er es hören konnte.
„Wirklich, Zayn. Du weißt nicht, worauf du dich da einlässt. Mein Leben ist weitaus komplizierter und gefährlicher, als du ahnst.“