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3.2.8 Die achte Welle: Störungsspezifische Verhaltenstherapie

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In der Tiefenpsychologie oder der Gesprächspsychotherapie war die psychopathologisch basierte psychiatrische Differentialdiagnostik nur von nachgeordneter Bedeutung. Es ging primär um die Behandlung intrapsychischer Komplexe oder die Behebung der Dissonanz zwischen Real- und Idealselbst. Dies konnte sich in unterschiedlichen Symptomen niederschlagen, bis hin zum Symptomwandel bei gleichbleibender innerseelischer Konstellation.

Auch in der Verhaltenstherapie spielte die klassifikatorische Diagnostik eine eher untergeordnete Rolle. Es ging um transdiagnostische Phänomene wie beispielsweise die soziale Kompetenz oder dysfunktionale Kognitionen, wobei es nebensächlich war, ob diese Probleme im Kontext einer Depression, Angsterkrankung oder Schizophrenie standen. Beutler (1989) argumentierte in diesem Sinne, dass diagnoseübergreifende Dimensionen für die Therapieplanung und das Therapieergebnis wichtiger seien als Differentialdiagnosen. Grundsätzlich gilt das bis heute.

Mit fortschreitender Differenzierung der VT wurde ihr Einsatzfeld immer größer. Es können heute nahezu alle psychischen Störungen sinnvoll und evidenzbasiert verhaltenstherapeutisch behandelt werden, d. h. von den hirnorganischen Störungen, über die Suchterkrankungen, schizophrenen Psychosen, depressiven Störungen, Angststörungen, bis hin zu den Persönlichkeitsstörungen. Evidenzbasierte Behandlungsindikationen stellen auch viele somatische Krankheiten dar, von den Schmerzstörungen, über onkologische oder kardiologische Erkrankungen, bis hin zu den Stoffwechselstörungen. Damit stellte sich auch die Frage der Eingliederung der VT in das Gesundheitswesen, der Bezahlung durch die Sozialkassen und der Qualitätssicherung. Dies erforderte Wirksamkeitsnachweise mit Blick auf definierte Krankheiten, in Abgrenzung zu Lebens-, Erziehungs-, Ehe- oder Berufsproblemen.

Seitens der Kostenträger und der Politik bestand ein Interesse, nur effektive Therapieverfahren für definierte Krankheiten zuzulassen und zu vergüten. So verlangte das »Office of Technology Assessment (OTA)« eine Agentur des US-Kongresses, dass auch Psychotherapie empirische Wirksamkeitsnachweise vorlegen muss (Banta & Saxe, 1983). Und von Wissenschaftlern wurde in gleichem Sinne gefordert, dass keine Psychotherapie von den Sozialversicherungen bezahlt werden dürfe, für die nicht in randomisiert kontrollierten Therapiestudien nachgewiesen wurde, dass sie bei Kranken sicher und effektiv wirksam sind (Klerman, 1983). Diese Anforderung bedingte eine Neupositionierung und auch methodische Fortentwicklung der Psychotherapie im Sinne eines störungsorientierten Vorgehens.

Die Verhaltenstherapie konnte diese Forderung im Vergleich zu den anderen Therapieformen leichter erfüllen, da von Beginn an stets auch ein Bezug zur nosologischen Diagnostik bestand. Die systematische Desensibilisierung wurde entwickelt zur Behandlung von Angststörungen, die Verhaltensaktivierung wurde bei Schizophrenie eingeführt, die kognitive Therapie mit Bezug auf depressive Störungen oder die die dialektisch-behaviorale Therapie, DBT, (Linehan, 1987) mit Blick auf Borderlinestörungen entwickelt.

In der Folge wurden vermehrt Studiendesigns und »störungsspezifische Therapiemanuale« entwickelt und in randomisiert kontrollierten Studien auf Wirksamkeit überprüft. Dabei war allerdings weniger von einer Störungsspezifität der Interventionen auszugehen als vielmehr einer störungsbezogenen Evaluation. Heute gilt es als selbstverständlich, dass Psychotherapiestudien eine an ICD- oder DSM-Kriterien orientierte standardisierte Differentialdiagnostik vorweisen müssen. In Deutschland prüft nach gesetzlicher Vorgabe der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie, ob für Psychotherapieverfahren hinreichende störungsspezifische empirische Wirksamkeitsbelege vorliegen (WBP, 2003). Bei der Überprüfung der Verhaltenstherapie konnte dies ohne Probleme belegt werden.

Ideengeschichte der Psychotherapieverfahren

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