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3.2.9 Die neunte Welle: Akzeptanz- und Achtsamkeitsorientierte Therapie

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Die Ausweitung der Verhaltenstherapie auf unterschiedlichste Formen psychischer und somatischer Erkrankungen brachte es mit sich, dass bei vielen dieser Störungen kein überzeugender Response zu erreichen war. Daraus ergibt sich als wichtiges Therapieziel, den Patienten zu vermitteln, sich mit dem Unveränderlichen abzufinden und das Beste daraus zu machen. Dies war im Kern auch bereits Gegenstand der »Dialektischen« Verhaltenstherapie. Dennoch kann die Beschreibung der akzeptanz- und achtsamkeitsorientierten Therapieansätze als eine weitere Entwicklungsphase der Verhaltenstherapie angesehen werden.

Grundlagenpsychologisch geht es um die Abwehr und Vermeidung von Negativerfahrungen oder um eine »Erlebensvermeidung« bzw. »experiential avoidance« (Hayes et al., 1996). Als technisches Vorgehen haben Teasdale et al. (1995) die Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT) beschrieben, die explizit als Hilfe für chronische, ansonsten therapiefraktäre Depressionen entwickelt wurde. Sie stellt eine Verbindung von kognitiver Therapie mit Meditation und zen-buddhistischen Haltungen dar. Der Buddhismus hatte seinen Ausgang darin, dass Buddha darunter litt, dass die Welt voll unabänderlicher negativer Gegebenheiten war, dass der Vogel den Wurm frisst oder der Mensch altert und krank wird. Eine Antwort im Buddhismus, die therapeutisch aufgegriffen wurde, kann z. B. sein, sich auf den Augenblick zu konzentrieren, die Achtsamkeit auf die alltäglichen Dinge des Lebens zu richten, sich mit angenehmen Aktivitäten zu beschäftigen oder auch sich einer achtsamem Körperwahrnehmung hinzugeben.

In gleicher Richtung geht die Acceptance und Commitment Therapie (ACT; Hayes, 2004). Als theoretische Grundlage wird auf die von Hayes mitentwickelte »Relational Frame Theory« (RFT) Bezug genommen, ein kognitives Modell, nach dem Menschen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Gegebenheiten herstellen und davon auch ihre Bewertung anhängig machen. Es kann zur »kognitiven Fusion« kommen, d. h. dass die Handlungsregulation von Personen primär durch verbale bzw. kognitive Prozesse wie z. B. Regeln gesteuert wird, statt durch die realen Gegebenheiten. Dadurch wird eine Erlebensvermeidung verstärkt und es kommt zu Versuchen, die Umwelt den eigenen Vorstellungen anzupassen, selbst wenn dies dysfunktional ist. Dieses Modell ist weitgehend identisch mit den Konzepten der kognitiven Therapie zur Funktion von Schemata und basic beliefs. Aus der Relational Frame Theory werden als Therapietechniken der ACT sechs Hauptprozesse genannt: (1) die Akzeptanz der Gegebenheiten ohne Versuche, sie den eigenen Vorstellungen anzupassen, (2) die kognitive Defusion mit innerer Distanz zu den eigenen Gedanken und Änderung der Art, sich über die Gegebenheiten Gedanken zu machen, (3) die Gegenwartsorientierung, die Wahrnehmung von sich selbst als gegebene Realität, (4) eine Klärung der eigenen Werte und schließlich (5) eine Handlungsorientierung und soweit geboten auch (6) Verhaltensänderung.

Diese Ansätze wurden inzwischen bei rezidivierenden und chronischen Depressionen, Ängsten, Belastungsstörungen und Störungen mit hoher Rezidivneigung (etwa Substanzkonsum) erfolgreich evaluiert (Hofmann et al., 2010).

Ideengeschichte der Psychotherapieverfahren

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