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Der Begriff des A. (engl. off) ist insbesondere mit dem Film verknüpft. Als Bewegtbildmedium (↗ Medium) setzt dieser das, was jeweils im Bildausschnitt oder auf dem Schirm (engl. on-screen) zu sehen ist, in ein dynamisches Verhältnis (↗ Relation) zu dem, was außerhalb des Bildfeldes (↗ Feld) oder des Schirms (engl. off-screen) liegt. Über Kamerabewegungen, ↗ Bewegung der Objekte im ↗ Bild, Dialoge (↗ Sprache) und ↗ Montage wird das Gezeigte mit dem Nichtgezeigten verbunden. Auch der Ton ↗ Hörraum) hat eine entscheidende Bedeutung bei der Produktion filmischer ↗ Räume. Er kann als Element der Diegese (↗ Erzählung) von innerhalb oder außerhalb des Bildfeldes herrühren sowie auch gänzlich nichtdiegetisch sein, wie etwa eine Musikuntermalung (Chion 1994, 73–82). Noël Burch (1981, 17) bestimmt sechs ‚Segmente‘ des Off: Zu den Räumen, die sich jenseits der vier Ränder des Bildrahmens erstrecken, zählt er noch den Raum hinter der Kamera sowie den, der außerhalb des Filmsets liegt und z.B. ins Spiel (↗ Zauberkreis) kommt, wenn eine Filmfigur durch eine ↗ Tür tritt und aus der ↗ Szene verschwindet. Das Off ist als imaginärer Raum (↗ Imaginäres) beschrieben, der über die Dauer eines Filmes immer wieder als konkreter Raum ins Bildfeld gerückt wird. Daraus ergibt sich laut Burch eine ↗ Dialektik, die zwar grundsätzlich jedem Film eigen sei, aber, als ästhetisches Mittel eingesetzt, Filme im Ganzen strukturieren könne – wobei sein Fokus auf den modernen Erzählfilm beschränkt ist, so etwa die französischen Filme Nana von Jean Renoir aus dem Jahr 1926 oder Pickpocket von Robert Bresson aus dem Jahr 1959. Für Gilles Deleuze (1925–1995) ist – anknüpfend an Bonitzer (1982) – das ‚A. des Bildfeldes (frz. hors-champ)‘ dagegen von einer „beunruhigenden Präsenz“ (Anwesenheit) gekennzeichnet, die sich nicht einfach dann auflöst, wenn das zuvor Abwesende ins Bild gesetzt wird. Vielmehr zeugt das A. von einem „radikaleren Anderswo“ (↗ Atopie), das dem Bereich des Sichtbaren konstitutiv nicht angehört und sich auf eine „immanente ↗ Dauer“ (Deleuze 1997, 34) hin öffnet. Eine andere Fassung des ‚Anderswo‘ sieht die Filmtheoretikerin Teresa de Lauretis (1996, 88) im „space-off“ aufgehoben. Es handele sich um ein A. des ↗ Diskurses, um den ↗ Ort einer anderen ↗ Repräsentation von ↗ Geschlecht, die neben und zwischen den Bildern lauere. Wichtig für das filmtheoretische Denken des A., besonders auch bei Deleuze, ist André Bazins (1918–1958) Unterscheidung von ↗ Rahmen oder ‚Kader‘ (fr. cadre) einerseits und Abdeckung oder ‚Kasch‘ (frz. cache) andererseits. Während ersterer Begriff (↗ Kadrierung) ein Gemälde oder, allgemeiner, ein stehendes Bild begrenzt, steht letzterer für das Prinzip einer Suchmaske ein, einer partiellen Kaschierung eines größeren Feldes (Bazin 2004, 225). Roland Barthes (1915–1980) knüpft an den Begriff des Kasch an, um auch für das fotografische Bild die imaginäre Präsenz des A. geltend zu machen: Zwar seien die auf einer Fotografie abgebildeten Personen zumeist „betäubt und aufgespießt wie Schmetterlinge“, aber dennoch könne sich nach Barthes (1989, 66) ein „blindes Feld (frz. champ-aveugle)“ öffnen, wenn sich nämlich die Imagination des Betrachters an ein Detail des Bildes, ein sog. Punktum (↗ Stich), hefte und dem Abgebildeten ein (vergangenes) Leben außerhalb des Bildausschnittes verleihe. Einen neueren Versuch, nichtfilmische Bildtypen unter dem Aspekt des A. zu untersuchen, unternimmt Mark Wolf (1997): In der Geschichte der Videospiele (↗ Simulation) seien die ↗ Grenzen des Bildes erweitert worden, sodass Spieler durch die von Burch beschriebenen sechs Räume des Off eigenständig navigieren (↗ Navigation) könnten. Was im Film der ↗ Schnitt ist, sind im digitalen Spielsetting u.a. ↗ Ebenen, die die Reichweite der animierten Räume begrenzen. Dabei bleibt zu fragen, in welcher Weise das räumlich-zeitliche ‚Anderswo‘ im digitalen Spiel wirksam ist. Die Dramaturgien des Computerspiels verändern ihrerseits den Film; ähnliches lässt sich auch für andere mediale Konstellationen feststellen, z.B. von Film und Theater mit seinem spezifischem A. des Backstage (Diekmann 2012). Die Konstitution medialer Räumlichkeit vollzieht sich immer in einem heterogenen Gefüge verschiedener Apparate, Techniken, Kadrierungen und Erzählformen.

Literatur: Beller et al. 2000; Elsaesser/Hagener 2007, 23–48.

Barthes, Roland (1989): Die helle Kammer, Frankfurt a. M. [frz. 1980].

Bazin, André (2004): Malerei und Film in: ders.: Was ist Film?, Berlin, 224–230 [frz. 1959].

Beller, Hans/Emele, Martin/Schuster, Michael [Hg.] (2000): Onscreen/Offscreen, Ostfildern b. Stuttgart.

Bonitzer, Pascal (1982): Le champ aveugle, Paris.

Burch, Noël (1981): The Two Kinds of Space, in: ders.: Theory of Film Practice, Princeton, 17–31 [frz. 1969].

Chion, Michel (1994): Audio-Vision, New York [frz. 1990].

Deleuze, Gilles (1997): Das Bewegungs-Bild, Frankfurt a. M. [frz. 1983].

Diekmann, Stefanie (2012): Backstage, Berlin.

Elsaesser, Thomas/Hagener, Malte (2007): Filmtheorie, Hamburg.

Lauretis, Teresa de (1996): Technologie des Geschlechts, in: Vermittelte Weiblichkeit, hg. v. E. Scheich, Hamburg, 57–93 [engl. 1987].

Wolf, Mark (1997): Inventing Space, in: Film Quarterly 51, 11–23.

Kathrin Peters

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