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beliebiger Raum

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Der Begriff des b. R.s (frz. espace quelconque) geht zurück auf den französischen Philosophen Gilles Deleuze (1925–1995), der in seiner ersten Filmstudie L’image-movement von 1983 einen bestimmten Typus des ↗ Bildes herausarbeitet, welcher b. R.e hervorbringen soll. In seiner optischen Form (↗ Optik) der Groß- oder Nahaufnahme soll nämlich das ‚Affektbild‘ (↗ Affekt) die traditionelle tiefenräumliche Fotografie modifizieren und unbekannte Bildräume (↗ Bildraum) generieren. So entstünden in der Naheinstellung (↗ Ferne) ungewohnt flächige Räume (↗ flacher Raum) und unübliche Kombinationen von Vorder- und Hintergrund (↗ Gestalt), ↗ Räume ohne Maßverhältnisse (↗ Metrik), wie sie Deleuze insbesondere in Carl Theodor Dreyers (1889–1968) Film La passion de Jeanne d’Arc von 1928 gegeben sieht. Aber auch Verfahren der ‚Fragmentierung‘ wie in den Filmen Robert Bressons (1901–1999) arbeiten laut Deleuze (1997, 152f.) Bildräumen mit „taktiler Wertigkeit“ (↗ Haptik) zu. Insgesamt dient der Begriff des b. R.s zur Bezeichnung unterschiedlichster singulärer (↗ Singularität) Filmbildräume, worin Deleuze eine gewisse Einlösung von Bernhard Riemanns ↗ mathematischen Räumen mit n-Dimensionen erblickt: „Ein b. R. ist keine abstrakte Universalie jenseits von ↗ Zeit und ↗ Raum. Er ist ein einzelner, einzigartiger Raum, der nur die ↗ Homogenität eingebüßt hat, das heißt das Prinzip seiner metrischen Verhältnisse oder des Zusammenhalts seiner Teile, so dass eine unendliche Vielfalt von Anschlüssen möglich wird“ (ebd., 153). Innerhalb des Bewegungsbildes unterscheidet er in diesem Sinne vielfältige Varianten beliebiger Filmbildräume, schon weil jede ↗ Kadrierung Heterogenes umschließt. Den expressionistischen Raum des Hell-Dunkel (↗ Nacht) grenzt er etwa von dem zwischen Sinnlichkeit und ↗ Geist „alternierenden“ der „poetischen Abstraktion“ (ebd., 156) ab. In der filmtheoretischen Diskussion wird vorgeschlagen, diesen Begriff durch jenen des ‚unbestimmten Raums‘ zu ersetzen, der den (negativen) Beliebigkeitscharakter vermeidet und die notwendige und je andere Bestimmung des ↗ Raumbildes betont. Edward Branigan (1992, 50–55) erörtert als eine Variante den „impossible (story) space“ (↗ unmöglicher Raum), metrisch unmögliche und absichtlich diskontinuierliche Filmräume, wie sie sich aus diegetischen Blickkonstruktionen (↗ Blick) oder Montageabfolgen (↗ Montage) ergeben können.

Literatur: Ott 2007.

Branigan, Edward (1992): Narrative Comprehension and Film, London/New York.

Deleuze, Gilles (1997): Das Bewegungs-Bild, Frankfurt a. M. [frz. 1983].

Ott, Michaela (2007): Der unbestimmte Raum in Philosophie und Film, in: Das unendliche Kunstwerk, hg. v. G. Gamm u. E. Schürmann, Hamburg, 249–264.

Michaela Ott

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