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Berg

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Die wissenschaftliche Behandlung des Phänomens B. obliegt der ↗ Geographie sowie der ↗ Geologie, die ihren Gegenstand wie folgt definieren: „Vollform [verschiedener Formgestalt], die gegenüber der Umgebung orographisch hervortritt und sich durch andere Neigungs- (↗ Hang) und Höhenverhältnisse (↗ Höhe) ausweist“ (Leser et al. 1993, 62) bzw. „(natürliche) größere (eingipfelige) Erhebung der Erdoberfläche“ (Denk 1997, 17). Da die B.e Aufwölbungen oder Auffaltungen (↗ Falte) der festen Kruste (↗ Oberfläche) der ↗ Erde sind, gehört die Erforschung ihres Materials (↗ Materie) wie auch ihrer Entstehung in die Zuständigkeit der Geologie, welche bis zum 18. Jh. ‚Geognosie‘ heißt und deren empirische Ursprünge auf die ökonomische Erforschung und Ausbeutung des Erdinneren (↗ Innen) zurückgehen: Suche nach Trinkwasser, Bodenschätzen usw. (die Pluralform ‚B.e‘ bezeichnet bergmännisch das als unbrauchbar verworfene Gestein). Im 18. Jh. wird die Kontroverse über die Entstehung der Erde und damit auch über die der B.e zwischen den Vulkanisten und den Neptunisten geführt. Beide Ansichten haben ihre partielle Gültigkeit für die Gebirgsbildung (Orogenese) behalten, werden jedoch der Theorie der Plattentektonik (↗ Tektonik) untergeordnet. Die äußere Erscheinung der B.e wird von den geographischen Teildisziplinen Orographie, ↗ Topographie und Geomorphologie wissenschaftlich beschrieben. Letztere unterscheidet am Großkörper Erde die Lithosphäre, die Hydrosphäre, die Pedosphäre, die Biosphäre und die Atmosphäre und fasst sie zur Reliefsphäre zusammen. Der Meeresboden als großer Teil (71 %) der Lithospäre wird von Meerwasser (↗ Meer) bedeckt. Wäre die gesamte Oberfläche der Lithosphäre ansichtig, so würden ausgedehnte Tiefbecken und zusätzliche Gebirgsmassive als Sockel der bekannten Gebirge erscheinen. Da die Gebirge oberhalb des Meeresspiegels aufgrund ihres steilen Aufragens ausgeprägter sind als der flache ↗ Boden, wird der von ihnen eingenommene Raum stärker zur Kenntnis (↗ Wissen) genommen als der Raum unterhalb der flachen Lithosphäre, der von festkörperlicher Erde erfüllt ist. Religionsgeschichtlich signifikant sind der B. Arafat, an dem die Arche (↗ Schachtel) nach der Sintflut gelandet sein soll, der B. Sinai, an dem das Volk Israel seine Gesetze bekommt, der Olymp in Nordgriechenland, der den Griechen als Sitz der Götter (↗ Jenseits) gilt, oder der Fuji in Japan, der als heilig gilt. In die Philosophiegeschichte ist der Ätna eingegangen, in den sich Empedokles (ca. 495–ca. 435 v. Chr.) gestürzt haben soll. Manchen B.en wie dem Kyffhäuser in Thüringen oder dem Untersb. am Alpenrand zwischen Bayern und Salzburg werden sagenhafte Einwohner zugesprochen, wobei in solchen ↗ Erzählungen der montanistische Begriff von B., der sich für den ‚Inhalt‘ interessiert – als zu Tage geförderter ‚Abraum‘ –, zum Tragen kommt. Die von dem Dichter Franceso Petrarca (1304–1374) geschilderte Besteigung des Mont Ventoux im Jahr 1336 gilt als epochaler Wendepunkt, insofern damit das Besteigen eines B.es als Selbstzweck (↗ Landschaft) erlebt wird. Sozial wirksam setzt die Wende zur Ästhetisierung des B.erlebens erst im 18. Jh. ein, wofür Horace-Bénédict de Saussure (1740–1799) genannt werden kann, der den Mont Blanc und das Kleine Matterhorn besteigt. Seit dem späten 19. Jh. wird das ästhetische Höhenerleben unter dem Namen ‚Alpinismus‘ zu einer Massenbewegung – erfährt aber auch immer wieder einzelne poetische und theoretische Auslegungen, so etwa bei Friedrich Nietzsche (1844–1900), der den Widerstreit zwischen Einsamkeit auf dem B. und dem Treiben der ↗ Massen im ↗ Tal dramatisiert oder Georg Simmel (1858–1918), der die Alpen als Symbol der ↗ Erhabenheit deutet (Simmel 1986).

Literatur: Felsch 2007; Press/Siever 2000; Seitter 2002, 97–124.

Denk, Wolfgang (1997): Von der Schwerkraft der Berge, in: Die Schwerkraft der Berge, hg. v. S. Kunz, B. Wismer u. dems., Basel/Frankfurt a. M., 17–20.

Felsch, Philipp (2007): Laborlandschaften, Göttingen.

Leser, Hartmut u.a. (71993): Berg, in: Diercke-Wörterbuch der Allgemeinen Geographie, Bd. 1, München, 62.

Press, Frank/Siever, Raymond (2000): Understanding Earth, New York.

Schmidt, Aurel (2011): Die Alpen, Frauenfeld.

Seitter Walter (2002): Physik der Medien, Weimar.

Simmel, Georg (1986): Die Alpen, in ders.: Philosophische Kultur, Berlin, 125–130 [1911].

Walter Seitter

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