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Das Bistum unter den Bischöfen Richgowo (vor 916–949) und Anno (950–978)

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Die Wormser Bischöfe der frühen Ottonenzeit, Richgowo und Anno, fallen durch ihre außergewöhnlich langen Amtszeiten auf, die beiden erhebliche Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten in der Reichspolitik, vor allem aber in ihrem Bistum brachten. Dessen ungeachtet fällt gerade die Zeit Richgowos in eine der quellenärmsten Zeiten des Mittelalters, sodass wir über die konkreten Aktivitäten dieses Bischofs trotz seiner mindestens 33-jährigen Amtszeit nur sporadisch Auskunft erhalten. 921 nahm er an dem berühmten Herrschertreffen in Bonn teil, bei dem die Könige Heinrich und Karl der Einfältige von Westfranken einen Freundschaftsbund schlossen, im folgenden Jahr ist er unter den Teilnehmern des Koblenzer Konzils zu finden. Erst 937 findet er sich als Intervenient zu Gunsten des Mainzer Klosters St. Alban wieder in den Quellen108; 948 nahm er am Konzil von Ingelheim teil.

Hatte Thietlach die Stellung des Bistums in Stadt und Umland kräftig ausbauen können, so hatten seine Nachfolger starke Konkurrenz in der Region. Bis zu seinem Tod im Aufstand gegen Otto den Großen im Jahr 939 konnte Herzog Eberhard, Bruder und eigentlicher Erbe König Konrads, dessen Unterstützung für König Heinrich aus diesem Grund von besonderer Bedeutung war, die herausragende Machtstellung seiner Familie am Mittelrhein erhalten.

Dennoch scheint das Verhältnis Bischof Richgowos (vor 916–949) zu Eberhard nicht schlecht gewesen zu sein, wie die Schenkung einer Kirche mitsamt einer Königshufe in Neunkirchen aus dem Lehen Eberhards an den Bischof zeigt109. Nach Eberhards Tod ging die Machtstellung in Francien, also an Mittelrhein und Main, an Konrad den Roten, einen der frühen »Salier«, wie das Geschlecht der späteren Könige seit dem 12. Jahrhundert genannt wurde, über110. Die Vita Bischof Burchards malt das Verhältnis zwischen den Saliern und den Wormser Bischöfen in den düstersten Farben aus111; die anderen Quellen bestätigen diesen Eindruck nicht, im Gegenteil, das Verhältnis zwischen Graf und Bischof scheint zunächst freundlich gewesen zu sein, da auch Konrad 942 ein Lehen von weiteren acht Königshufen in Neunkirchen sowie 20 Unfreie an Worms schenken ließ112. Dennoch waren Konrad, der 941 die Grafschaften seines Vaters am mittleren Rhein (Nahegau, Wormsgau, Speyergau113) und den Niddagau nördlich von Frankfurt innehatte, und seine Nachfolger, die in Worms ein Herrschaftszentrum aufbauen konnten, eine erhebliche Konkurrenz für den Bischof und alle anderen Personen und Institutionen, die in der Stadt und der Region Interessen hatten. Das Gewicht Konrads wuchs erheblich, als er 944 oder 945 Herzog von Lothringen und 947 durch die Ehe mit Liutgard Schwiegersohn Ottos des Großen wurde. Diese enge Verbindung mit dem Königshaus nutzte Konrad zum Ausbau der Macht seines Hauses auch in Worms. Seine Burg an der Innenseite der Wormser Stadtmauer, womöglich in der alten Königspfalz, war militärischer Stützpunkt und Demonstration der Macht gegenüber Stadt und Bischof. Daraus resultiert der hohe reale und symbolische Wert, den ihr die Vita Burchardi und Thietmar von Merseburg zuschreiben114.

In Speyer verfügte Konrad der Rote im Frühjahr 946 über stadtherrliche Rechte, die er nach einer umstrittenen Urkunde an den Bischof vergab gegen die Verleihung von Landbesitz115. In Worms ist eine solche Position nicht zu erkennen, vielmehr konnte Richgowo 947 vom König eine Bestätigung der Zollschenkung Ludwigs des Frommen erlangen116. Vielleicht wollte Otto der Große die Stellung seines Schwiegersohns nicht übermächtig werden lassen. Möglicherweise wollte er mit dieser Bestätigung Richgowo auch für die Teilnahme an einem Feldzug ins Westfrankenreich im Vorjahr belohnen117.

949 verstarb Bischof Richgowo und wurde durch Anno ersetzt, der eine für diese Zeit typische Karriere machte: Ursprünglich wohl in Nordhessen zu Hause, wo er zumindest über Besitz verfügte118, war er zunächst in das Reformkloster St. Maximin in Trier eingetreten, von wo er 937 nach Magdeburg gerufen wurde, um dort Abt des von Otto neu gegründeten Mauritiusklosters zu werden – ein deutliches Indiz für seine Königsnähe. Seine herausragende Bedeutung im Reich wird auch aus der Platzierung in einer Bischofsliste des Augsburger Konzils von 952 vor dienstälteren Mitbischöfen deutlich119. 953 scheint er das letzte noch nicht der Wormser Kirche gehörende Drittel der Zölle in Ladenburg erhalten zu haben120. Dennoch geriet Anno wohl bald in Gegensatz zum König und nahm vielleicht am Aufstand des Königssohns Liudolf teil, der 953 ausbrach und schnell das ganze Land ergriff. Konrad der Rote, einer der Führer des Aufstands, schenkte Anno 952 ein Lehen in Deidesheim121. Nach der Niederschlagung der Rebellion im Jahr 954 verlor Konrad zwar das Herzogtum Lothringen, konnte aber seine Machtstellung am Mittelrhein wahren und wurde vom König bald wieder in Gnaden aufgenommen. Bei der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn 955 kam er durch einen Pfeil ums Leben; der König und die Franken haben den Verlust eines der wichtigsten Heerführer nach dem Bericht Widukinds beweint122. Der Leichnam wurde nach Worms überführt und im Dom bestattet. Mit dieser außergewöhnlichen Beisetzung im Dom bahnte sich eine herausragende Familiengrablege der Salier an, neben der Burg eine weitere deutlich sichtbare Manifestation der Machtstellung der Familie in der Stadt und umgekehrt der zentralen Bedeutung der Stadt für die Familie – zumal ihre Stellung in Worms durch die Ereignisse 953/55 nicht gelitten hatte. Denn noch als Kind erhielt Konrads Sohn Otto (!), durch seine Mutter Enkel Ottos des Großen, schon 956 die Grafschaft Nahegau, zu der im Laufe der Zeit weitere Grafschaften links und rechts des Mittelrheins hinzukamen123.

Annos Postition im Aufstand ist unklar. Möglicherweise versuchte er, wie sein Metropolit Friedrich von Mainz eine Vermittlerstellung zu wahren; an der Seite des Königs ist er jedenfalls nicht zu finden. Obwohl er 954 zwar Bischof blieb, scheint er seine Königsnähe seit 953 für längere Zeit verloren zu haben124. In keiner Königsurkunde zwischen 953 und 965 ist sein Name erwähnt, nicht einmal als der König 956 die Schenkung eines Waldes in Neunkirchen an das Bistum Worms bestätigte. Da Otto sich bewusst an die »Brüder der Wormser Kirche« wendete, muss dies als Affront verstanden werden und deutet auf schwere Auseinandersetzungen hin125.

Spätestens im Jahr 965 hatte sich das Verhältnis zwischen Anno und Kaiser Otto wieder soweit entspannt, dass Anno bei einem längeren Aufenthalt beim König in Sachsen im Sommer und Herbst dieses Jahres eine Immunitätsurkunde nach karolingischem Vorbild erhielt126. Damit wurde der Zugriff anderer Herren auf Besitz und familia des Bischofs verboten und so die Position der Kirche gegenüber anderen Machthabern der Region, insbesondere den Saliern, gestärkt. Möglicherweise war dies nötig geworden, da inzwischen der Salier Otto, der in der Vita Burchardi als Gegner der Wormser Kirche dargestellt wird127, volljährig geworden war. Im folgenden Jahr hielt sich Anno erneut einige Zeit am Hof in Aachen auf128, reiste dann aber zunächst nicht mit nach Italien, wo er erst 969 erschien. Von dort stammen einige Zeugnisse, die zeigen, dass er auch Jahrzehnte nach seinem Weggang aus Magdeburg noch ein besonderes Interesse an der sächsischen Kirche hatte: 969 und 970 erscheint er in Pavia als Intervenient für das neu gegründete Erzbistum Magdeburg und lässt ein Gut aus seinem Lehen an Magdeburg geben129; 970 setzt er sich für die Ernennung Giselhers zum Bischof vom Merseburg ein und interveniert im gleichen Jahr in Ravenna zu Gunsten seines alten Klosters St. Maximin130. Wie der Kaiser selbst kehrt er erst 972 aus Italien zurück und ist im September des gleichen Jahres als Teilnehmer einer Synode in Ingelheim nachgewiesen.

Zu Otto II. scheint Anno ein gutes Verhältnis gehabt zu haben, auch wenn er nur selten in Königsurkunden erscheint131. Trotz seines inzwischen hohen Alters gehörte er zu den Teilnehmern der Mainzer Synode von 976 und stellte sich im gleichen Jahr auf die Seite Kaiser Ottos II., der wie schon sein Vater gegen Verwandte zu kämpfen hatte, die meinten, bei der Machtverteilung zu kurz gekommen zu sein132. Zentralfigur dieses Aufstands war Herzog Heinrich der Zänker von Bayern, der möglicherweise um die Königsherrschaft kämpfte. Nachdem Heinrich 976 in Haft genommen werden konnte, wurde Anno wohl mit der Abtei Mosbach in der Würzburger Diözese mitsamt Besitz in 23 Dörfern belohnt133. Wie eine große Schenkung eines Grafen Burchard in der gleichen Gegend aus der Zeit zwischen 962 und 978 in diese Vorgänge einzuordnen ist, wissen wir nicht; die Schenkung zeigt aber, wie Anno sich bemühte, den Besitz des Bistums am Neckar, wo der Salier seine Position mächtig ausgebaut hatte, auch außerhalb der Diözesangrenzen zu erweitern134. Eine weitere Entscheidung des Königs nach der Inhaftierung Heinrichs des Zänkers im Jahr 976 könnte die Position des Bischofs gegenüber dem übermächtigen Salier gestärkt haben: Otto, der Sohn Konrads des Roten und Liutgards, hatte seit 956 neben dem Nahegau und den Grafschaften Worms-, Speyer- und Niddagau, die schon sein Vater besessen hatte, auch einige Grafschaften zwischen Neckar und Rhein in seiner Hand vereint und verfügte damit über einen »annähernd geschlossenen Großgrafschaftskomplex um den Mittel- und Oberrhein«135. 978 wurde er zum Herzog von Kärnten ernannt. Somit war der stärkste Konkurrent des Bischofs um Einfluss und Besitz in der Region und der Stadt vorerst im Südosten des Reichs beschäftigt und damit für einige Zeit von seinen Familienbesitzungen in und um Worms abgelenkt.

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