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4.Die Kooperationsobliegenheit der an der Versammlung Beteiligten

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372a) Inhalt und Ausprägungen der Kooperationsobliegenheit. Für den Veranstalter und den Versammlungsleiter stellt die Zusammenarbeit lediglich eine Obliegenheit dar.846 Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere im Hinblick auf den Veranstalter nur von Obliegenheiten gesprochen und ist – worauf es mehrfach hingewiesen hat – nicht etwa von einer Rechtspflicht zur Kooperation mit der Behörde ausgegangen.847 Eine unkooperative Haltung ist grundsätzlich zulässig.848

373Der Veranstalter (bzw. Leiter) ist nicht verpflichtet, das behördliche Kooperationsangebot anzunehmen.849 Lässt er sich auf Gespräche mit der Behörde ein, wird in der Regel von seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit auszugehen sein. Daraus, dass der Veranstalter nicht allen Wünschen der Behörde entspricht, darf nicht auf eine Kooperationsverweigerung geschlossen werden. Es ist keine Verletzung des Kooperationsgedankens, wenn der Veranstalter daran festhält, angekündigte Auflagen verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen zu wollen.850 Auch spricht es nicht gegen die Kooperationsbereitschaft des Veranstalters, wenn dieser Anregungen nicht aufgreift, hinsichtlich derer gar kein Kooperationsanlass besteht – etwa wenn die Behörde eine Verlegung des Versammlungstermins anregt auf Basis der (vom Veranstalter bestrittenen) Vermutung, der Veranstalter wolle das Versammlungsthema umwidmen.851

374Gegenstand der Kooperationsobliegenheit des Veranstalters ist insbesondere, mit der Versammlungsbehörde in einen Informationsaustausch über Modalitäten der Versammlung einzutreten.852 Grundsätzlich hat der Veranstalter im Rahmen seiner Kooperationsobliegenheiten die ihm bekannten versammlungsrelevanten Tatsachen der Behörde mitzuteilen.853 Dem Veranstalter kann es aber nicht stets als Verletzung des Grundsatzes vertrauensvoller Kooperation und erst recht nicht als Unterlassen erforderlicher Maßnahmen gegen Gewalttätigkeiten vorgeworfen werden, wenn er bestimmte Details nicht offen legt (etwa den Umstand, dass auch über das Internet für die Versammlung geworben wird).854

375Der Veranstalter ist im Rahmen der Kooperation nicht verpflichtet, ein „besonderes Sicherheitskonzept“ vorzulegen und besondere Anstrengungen der Gefahrabwehr zu belegen.855 Im Falle von zu befürchtenden Gewalttätigkeiten aus der angemeldeten Versammlung heraus darf allerdings von dem Veranstalter erwartet werden, dass er oder der vorgesehene Leiter der Versammlung auch in ihrem Vorfeld öffentlich deutliche Signale setzt, die auf die Gewaltfreiheit der Durchführung der Versammlung ausgerichtet sind.856

376Zudem ist der Veranstalter gehalten, mit der Behörde getroffene Vereinbarungen einzuhalten.857

377Nach Auffassung des VG Ansbach folgt aus dem in Art. 14 BayVersG enthaltene Kooperationsgebot zudem das Recht der Polizei, eine etwaige Ausweichstrecke für einen Aufzug auszuwählen858; dies ist indes zweifelhaft, da hier die behördliche Kooperationsverpflichtung zu einem Recht uminterpretiert wird.

378b) Mögliche Auswirkungen eines mehr oder weniger kooperativen Verhaltens. Eine Zusammenarbeit des Veranstalters und des Versammlungsleiters mit der Versammlungsbehörde kann dazu führen, dass die Schwelle für behördliches Eingreifen wegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit höher rückt.859

379In der Literatur wird des Öfteren die Auffassung vertreten, im Falle seitens des Veranstalters oder Versammlungsleiters mangelnder bzw. verweigerter Kooperation trotz bestehenden Kooperationsanlasses sinke die Eingriffsschwelle.860 Dem scheint die Regelung in Art. 14 Abs. 2 BayVersG zu entsprechen: „Die Behörde kann bei Maßnahmen … berücksichtigen, inwieweit der Veranstalter oder der Leiter nach Abs. 1 mit ihr zusammenarbeitet.“ Richtigerweise ist aber die Kooperationsobliegenheit des Veranstalters und Versammlungsleiters allgemein (und auch auf Basis der bayerischen Regelung861) dahingehend zu verstehen, dass nur eine Begünstigung des kooperierenden Veranstalters bzw. Leiters möglich ist, nicht aber die verweigerte Kooperation zu einer absinkenden Eingriffsschwelle führt.862 Beispielsweise ist eine Weigerung des Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch für sich allein keine hinreichende Grundlage einer seine Person betreffenden belastenden rechtlichen Wertung (etwa der Unzuverlässigkeit).863 Erst recht kann es nicht zum Nachteil der Versammlung gewertet werden, wenn der Veranstalter oder Versammlungleiter eine konträre Ansicht gegenüber der Einschätzung der Behörde zur Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens vertritt.864 Mittelbar kann sich mangelnde Kooperationsbereitschaft von Veranstalter und Leiter allerdings durchaus auswirken. So kann sich die Behörde genötigt sehen, die Durchführung der Versammlung selbst zu regeln.865 Zudem ist die Behörde auf die ihr vorliegenden Informationen angewiesen; teilen Veranstalter und Leiter Tatsachen nicht mit, die gegen eine Gefahr sprechen, mögen Maßnahmen getroffen werden, die bei Kooperationsbereitschaft vermieden werden könnten.866 Eine Beweislastumkehr zu Lasten der Versammlung tritt nicht ein.867

380Sofern die Behörde und der Veranstalter im Kooperationsgespräch Einigkeit zu bestimmten beschränkenden Verfügungen erzielen, führt dies zu einer geringeren Begründungslast im ergehenden Bescheid.868

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