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1. Grundlagenforschung, angewandte Forschung, Industrieforschung, Drittmittelforschung

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Die Initiative zur Forschung kann selbstbestimmt, aber auch fremdbestimmt sein. Zweckfreiheit ist kein notwendiges Attribut von wissenschaftlicher Forschung. Das Verfolgen eines bestimmten, auch merkantilen, Erkenntnisinteresses schließt den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG keinesfalls aus. Die natur- oder geisteswissenschaftliche Grundlagenforschung genießt keinen höheren oder anderen Grundrechtsschutz als alle Formen einer praxisorientierten Forschung. Unter Grundlagenforschung ist dabei jede Forschung zu verstehen, „die eine Erweiterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Ziel hat, ohne an der praktischen Anwendbarkeit orientiert zu sein.“[12] Angewandte Forschung, die auch als Zweckforschung oder anwendungsorientierte Forschung bezeichnet wird, ist demgegenüber von vornherein auf bestimmte Forschungsziele festgelegt, wobei konkrete praktische Verwendungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen.[13] Sie ist die Domäne der Natur- und Technikwissenschaften innerhalb und außerhalb der Universität.

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Eine besondere Art der angewandten Forschung ist die industrielle Forschung. Es ist dies eine wissenschaftliche Forschung, die weniger den Gewinn reiner Erkenntnis, als den betriebswirtschaftlichen Nutzen konkreter Forschungsergebnisse zum Gegenstand hat.[14] Um über die Größenverhältnisse einen Eindruck zu erhalten, sei auf die Forschungs- und Entwicklungs-Ausgaben[15] der „Wirtschaft“ in Relation zu den FuE-Ausgaben von Bund und Ländern hingewiesen, die sich im Jahr 2014 auf 57,0 Mrd. Euro (Wirtschaft) zu 14,3 Mrd. Euro (Bund und Länder) beziffern. Bemerkenswert an dieser Relation ist auch die über die Jahre zu beobachtende Tendenz eines immer weiter auseinander klaffenden Ressourceneinsatzes: 1980 lag das Verhältnis bei 10,17 Mrd. Euro (Wirtschaft) zu 8,19 Mrd. Euro (Bund und Länder).[16]

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Industrielle Forschung ist, auch in ihrer Zweckhaftigkeit, Anwendungs- und Gewinnorientierung, Forschung im Sinne des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. Die grundrechtliche Freiheitsgewährleistung schützt die industrielle Forschung vor staatlichen Eingriffen, gibt ihr aber keinen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch gegen den Staat an die Hand. Einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf steuerliche oder sonstige staatliche Förderung stellt die Forschungsfreiheit nicht zur Verfügung.

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Forschung in den staatlichen Hochschulen wird entweder unmittelbar aus Haushaltsmitteln oder aus Drittmitteln finanziert. In beiden Fällen handelt es sich um grundrechtsgeschützte Forschung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG.[17] Der Begriff der Drittmittelforschung hatte in § 25 Abs. 1 HRG eine Legaldefinition gefunden.[18] Danach handelt es sich um „Forschungsvorhaben, die nicht aus den der Hochschule zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln, sondern aus Mitteln Dritter finanziert werden.“ Die selbe Vorschrift regelt auch, unter welchen Voraussetzungen Hochschulmitglieder Drittmittelforschung betreiben können, ob und inwieweit die Inanspruchnahme von Hochschulressourcen ausgeschlossen werden kann und wem die Erträge des drittfinanzierten Forschungsvorhabens zustehen. Eines regelte § 25 HRG freilich nicht und konnte die Vorschrift auch schwerlich regeln, die Frage nämlich, wie Vorkehrungen getroffen werden können gegen ein Abrutschen der drittmittelabhängigen Forschung ins Unwissenschaftliche. Vorerst regelt dies nur der Wissenschaftsmarkt selbst: Wissenschaftliche Glaubwürdigkeit, Anerkennung und Reputation sind schnell verspielt, wenn im Zustand finanzieller Abhängigkeit die wissenschaftlichen Mindeststandards unterschritten werden. Andererseits: Drittmittelforschung ist im Dauerzustand angespannter öffentlicher Haushalte oft der einzige Weg, Forschungsprojekte durchzuführen. So gesehen mag man auch dem Einwerben von Drittmitteln als einem Evaluationskriterium zur Messung wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit etwas abgewinnen können. Eine schematische Anwendung dieses Kriteriums verbietet sich aber schon wegen der unterschiedlichen fachlichen Gegebenheiten, die zu berücksichtigen nicht zuletzt Art. 3 Abs. 1 GG fordert. Zu diesen Gegebenheiten gehört, dass es Fächer an den Universitäten gab und gibt, für die es auf dem Drittmittelmarkt keinerlei Angebot gibt.

1. Kapitel Grundfragen des institutionellen HochschulrechtsII. Freiheit der Forschung › 2. Forschungsverbote und ethische Grenzen

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