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a) Verfassungsrechtliche Vorgaben
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Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufnahme eines Berufes ist, berühren die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG. Das Grundrecht wirkt inhaltlich auf die Prüfungsanforderungen, auf das Prüfungsverfahren und auf die gerichtliche Überprüfung von Prüfungsentscheidungen ein. Im Wesentlichen nur auf das Prüfungsverfahren wirkt zudem der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ein.
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Die Prüfungsanforderungen müssen im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG und in der Terminologie des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit „geeignet“ sein, die berufsspezifischen Fähigkeiten der Prüflinge festzustellen. Das setzt voraus, dass sie in einer sachlichen Beziehung zu dem angestrebten Beruf stehen.[32] Dabei brauchen (und können) sie nicht das entsprechende Berufsbild vollständig nachzeichnen.[33] Andererseits dürfen sie in den Anforderungen über die späteren beruflichen Anforderungen partiell hinausgehen, zumal wenn eine unsachgemäße Berufsausübung erhebliche Gefährdungen der Allgemeinheit befürchten lässt.[34]
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Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspringt auch das Gebot, nach nicht bestandenen Prüfungen Wiederholungsprüfungen durchzuführen. Die Zahl der Prüfungsversuche kann auf drei oder zwei beschränkt werden.[35]
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Es muss sichergestellt werden, dass die Prüflinge schon im Prüfungsverfahren Einwände und Gegenvorstellungen wirksam vortragen können.[36] Dies setzt nicht zwingend voraus, dass sämtliche Prüfungsentscheidungen schriftlich oder mündlich zu begründen sind. Eine Begründungspflicht besteht nur insoweit, wie dies im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit geboten ist. Bei mündlichen Prüfungen reicht es aus, wenn eine Begründung nur auf Verlangen des Prüflings gegeben wird.[37]
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Auf das Prüfungsverfahren wirkt der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dergestalt ein, dass ein überraschender Wechsel in den Prüfungsanforderungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit in der Zeit ausgeschlossen ist.[38] Der Gleichheitssatz verlangt nach einer Kompensation körperlicher Behinderungen oder chronischer Erkrankungen[39] und nach der Herstellung gleicher äußerer Prüfungsbedingungen für alle Prüflinge, was die räumliche Prüfungssituation[40] und die anwendbaren Hilfsmittel angeht. Vor allem aber verlangt der Gleichheitssatz, dass die erbrachten Prüfungsleistungen in einem fairen Verfahren mit gleichen Maßstäben gemessen werden. Dem dient die Anonymisierung von schriftlichen Prüfungsarbeiten und, ohne dass dies freilich verfassungsrechtlich zwingend wäre, die Bewertung der Arbeiten durch zwei voneinander unabhängige Prüfer.[41] Grobe Unsachlichkeit und stilistische Entgleisungen des Prüfers entsprechen nicht den Anforderungen eines fairen Verfahrens.[42]
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Die gerichtliche Überprüfung von Prüfungsleistungen wiederum ist ganz wesentlich durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG geprägt. In Verbindung mit der Garantie eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) hat das Grundrecht der Berufsfreiheit zu der späten Einsicht verholfen, dass Prüfungsentscheidungen durchaus justitiabel sind.[43] Die Verwaltungsgerichte sind verpflichtet, angefochtene Prüfungs-Verwaltungsakte in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte ist allerdings stark zurückgenommen, wenn es um die prüfungsspezifischen Wertungen geht, die in der Einstufung und Benotung zum Ausdruck kommen.[44] Dazu zählt auch die Einschätzung des Schwierigkeitsgrades einer Prüfungsaufgabe.[45] Die Sachgesetzlichkeiten der Prüfungsmathematik sind hingegen genauso überprüfbar wie die Frage, ob eine bestimmte Prüfungsfrage noch zum Prüfungsstoff gehört.[46]