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4. Die Zulassung zum Studium
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Neuregelungen für die Vergabe von Studienplätzen enthält u.a. das 7. Änderungsgesetz zum Hochschulrahmengesetz, welches seit dem 1.1.2005 in Kraft ist. Auf dieser Grundlage vereinbarten die Länder im Jahr 2006 einen neuen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen (Gesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 21.11.2006, HmbGVBl. 2006, S. 569) und erließen entsprechende landesrechtliche Regelungen. Grundlage hierfür waren die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Reform des Hochschulzugangs vom 30.1.2004. Seit dem Wintersemester 2006/2007 wurde für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge das Zulassungsverfahren ausschließlich auf dieser landesrechtlichen Grundlage durchgeführt. Das 7. Hochschulrahmenänderungsgesetz vom 28.8.2004[19] und die auf der Grundlage des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5.6.2008[20] erlassene Vergabeordnung der Stiftung für Hochschulzulassung[21] sieht für die Studienplatzvergabe der bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin und Pharmazie vor, dass 20 % der Studienplätze an die Abiturbesten vergeben werden. Diese können wählen, an welcher Hochschule sie studieren möchten. Weitere 20 % werden nach Wartezeit zugeteilt. Der Großteil der Studienplätze (60 %) soll von den Hochschulen selbst nach hochschuleigenen Auswahlverfahren vergeben werden.
Vor dem Hintergrund der flächendeckenden Studentenauswahl durch die Universitäten und der Studieneingangsprüfungen lohnt es, sich einiger verfassungsrechtlicher Eckpunkte zu vergewissern, die das Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen schon vor nunmehr rund 40 Jahren im sog. Numerus-clausus-Urteil[22] beschrieben hat. Verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt ist hierbei nicht Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, sondern das in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Recht der freien Wahl der Ausbildungsstätte. Das Gericht hat dieses Grundrecht nicht nur als Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern auch als ein Grundrecht mit Anspruchscharakter gedeutet.
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Die Ausweitung der Gewährleistung reicht in der Judikatur des Gerichts aber nicht so weit, dass dem Grundrecht ein Anspruch auf Schaffung neuer oder auch nur auf Erhaltung der vorhandenen Studienplätze zu entnehmen wäre. Einen solchen Leistungsanspruch hat das Bundesverfassungsgericht zwar erwogen, im Ergebnis aber offen gelassen, um dann nie wieder darauf zurück zu kommen.[23] Festgeschrieben hat das Gericht aber in dem Numerus-clausus-Urteil ein derivatives Teilhaberecht auf einen Studienplatz. Im Unterschied zu einem Leistungsgrundrecht, das einen Anspruch auf eine in ihren Existenzvoraussetzungen erst noch zu schaffende staatliche Leistung begründen würde, gibt das derivative Teilhaberecht seinem Inhaber nur einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an vorhanden staatlichen Leistungen. Das Gericht führte aus, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip jedem Staatsbürger, der die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfülle, also insbesondere die allgemeine Hochschulreife besitze, grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium einräume.[24] Ein numerus clausus darf danach und unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen, die das Gericht auch sonst an Berufswahlregelungen stellt, nur unter folgenden Voraussetzungen verhängt werden: Er darf nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen nach Erschöpfung der vorhandenen Ausbildungskompetenzen angeordnet werden, wenn die Auswahl und die Verteilung der Bewerber nach Kriterien erfolgen, die jedem Bewerber mit Hochschulreife eine Zulassungschance eröffnen und die dessen individuelle Wahl des Ausbildungsplatzes nach Möglichkeit berücksichtigen.[25]
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Ein Bewerber, der unter Verstoß gegen diese Voraussetzungen abgewiesen worden ist, hat einen vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch auf Zulassung selbst dann, wenn er eine ungünstige Rangziffer besitzt. Darin offenbart sich die originär in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG verortete Teilhabeberechtigung: Ginge es nur darum, nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG im Wege der Gleichberechtigung zugelassen zu werden, könnte der abgewiesene Bewerber mit der ungünstigen Rangziffer erst zum Erfolg kommen, wenn alle Bewerber vor ihm gleichheitsgemäß einen Studienplatz erhalten hätten.[26]
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Die Regeln über die Zulassung zu den bundesweit begrenzten numerus-clausus-Fächern werden durch die bundeseinheitlich abgestimmten Kapazitätsverordnungen der Länder ergänzt. Auf deren Grundlage wird für jede Hochschule die Höchstzahl (Zulassungszahl) der aufzunehmenden Bewerber festgesetzt. Die Kapazitätsverordnungen müssen dabei die Vorgabe des § 29 Abs. 2 HRG beachten. Danach darf die Zulassungszahl in einem zulassungsbeschränkten Studiengang nicht niedriger festgesetzt werden, „als dies unter Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung unbedingt erforderlich ist.“ Die Kapazität einer jeden Hochschule ist mit anderen Worten in den zulassungsbeschränkten Studiengängen bis zur absoluten Obergrenze auszuschöpfen.
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Im Zulassungsrechtsstreit[27] vor den Verwaltungsgerichten[28] kann sowohl die Anwendung der einschlägigen Zulassungsnormen durch die ZVS, als auch die Kapazitätsermittlung anhand der Kapazitätsverordnungen zur Überprüfung gestellt werden. Die Gerichte sind dabei befugt, die Abwägungsvorgänge, die zur Festsetzung einer Zulassungszahl geführt haben, über eine bloße Willkürkontrolle hinaus auch daraufhin zu prüfen, ob sie den Erfordernissen rationaler Abwägung genügen.[29] Außerdem können die Gerichte den Rahmen der Kapazitätsverordnungen auch gänzlich verlassen und auf die Ausbildungswirklichkeit in einem beschränkten Studiengang zurückgreifen.[30]
1. Kapitel Grundfragen des institutionellen Hochschulrechts › III. Freiheit der Lehre › 5. Prüfungen