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4. Forschungslenkung

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Unter Forschungslenkung[35] – es handelt sich nicht um einen Rechtsbegriff – ist das Bündel aller staatlichen und nicht-staatlichen Maßnahmen zu verstehen, die gezielt auf den Einsatz von Forschungsressourcen einwirken. Es sind dies einmal Lenkungsmechanismen zur Institutionalisierung von Forschungsstandorten und zum anderen Lenkungsmechanismen zur Intensivierung der Forschung über bestimmte Forschungsgegenstände. Außer Betracht bleiben die Steuerungseffekte, die gleichsam ungewollt eintreten, beispielsweise dadurch, dass ein aktueller Anlass ein gewisses mediales Echo hervorruft, dass die Berufungspolitik der Universitäten zu neuen Schwerpunktsetzungen führt etc.

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Den Privaten ist es unbenommen, durch Gründung von Forschungseinrichtungen, privaten Instituten und Privatuniversitäten eine eigene Standortpolitik zu betreiben. Die betreffenden Gründungsaktivitäten sind von der Forschungsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst.[36] Allerdings kann der Gesetzgeber die Anerkennung der an den privaten Einrichtungen erworbenen Abschlusszeugnisse und damit ihre Verwendung beim Zugang zu zahlreichen Berufen von Voraussetzungen abhängig machen (§ 70 HRG), die dann auch auf die Forschung in diesen Institutionen einwirken.

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Die Errichtung und Schließung von staatlichen Hochschulen obliegt nach der sog. Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts[37] dem Gesetzgeber, der die Statusmaßnahmen in der Form eines Parlamentsgesetzes vornehmen muss. Der Schließungsakt sieht sich dabei mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass beamtete Hochschullehrer nicht kündbar und nicht versetzbar, allerdings umsetzbar sind. Insgesamt ist es, rechtlich gesehen, wesentlich leichter, eine neue staatliche Universität zu errichten und damit einen neuen Forschungsstandort zu schaffen, als eine Universität zu schließen.

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Rechtlich problematisch ist der zweite Typus forschungslenkender Maßnahmen, der weniger auf die Forschungsstandorte, als vielmehr auf die Forschungsgegenstände Einfluss nimmt. Die wichtigsten Akteure auf diesem Feld sind die Unternehmen der deutschen Wirtschaft, die großen Forschungsförderungsorganisationen auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene, die zuständigen Ministerien, die Koordinierungs- und Beratungsgremien auf der Ebene des Bundes und zwischen Bund und Ländern sowie schließlich die Hochschulen selbst mit ihren freilich begrenzten Steuerungsmöglichkeiten. Sie alle wirken lenkend auf die Forschung ein. Die Lenkungsinstrumente reichen von Empfehlungen zur Finanzausstattung bestimmter Forschungszweige über das Ausloben von Forschungspreisen hin bis zur sachlich-finanziellen Förderung bestimmter Forschungsprojekte. Problematisch sind diese Lenkungsmechanismen aus der Sicht des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG solange nicht, wie sie den eigentlichen wissenschaftlichen Erkenntnisprozess in seiner Eigengesetzlichkeit unbeeinflusst lassen.[38] Nun ist allerdings eine genaue Grenzziehung zwischen zulässigen Anreizen, die das Forschen antreiben, nicht aber beeinflussen sollen, und unzulässigen Anreizen, die das Forschen nicht nur antreiben, sondern in ein bestimmtes Ergebnis drängen wollen, schwer zu ziehen. Im staatlichen Forschungssystem ist der Verweis auf die sozialen Selbstregulierungsmechanismen der wissenschaftlichen Fachgemeinschaften nicht geeignet, das Problem zu lösen.

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Hinzu treten weitere rechtliche Schwierigkeiten. Das Hervorheben und Bevorzugen einzelner – gestern umweltwissenschaftlicher, heute nanotechnischer – Forschungsgegenstände mag auch ein Gleichheitsproblem darstellen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gilt auch im Bereich des öffentlichen Dienstes.[39] Professoren, die in willkürlicher Weise bei der Förderung übergangen werden, können sich auf Art. 3 Abs. 1 GG berufen.[40] Freilich darf dies nicht dahin missverstanden werden, als dürften Fördermaßnahmen stets nur nach dem „Gießkannenprinzip“ ohne Ansehung des Forschungsgegenstandes gewährt werden.

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In eine rechtliche Grauzone führen alle Versuche, das Innenleben der großen Forschungsförderungseinrichtungen und ihrer Koordinierungsstellen zu durchleuchten.[41] Die dort benötigte sachverständige Begutachtung von Forschungsprojekten steht oft genug im Verdacht der Parteilichkeit.[42] Insgesamt scheinen nicht wenige dieser Einrichtungen von den rechtsstaatlichen Errungenschaften des modernen Verwaltungsrechts (z.B. Transparenz, Vertrauensschutz, Rechtsschutz) noch meilenweit entfernt zu sein. Das ist einerseits nicht verwunderlich, da die meisten Einrichtungen aus der Zeit der Entstehung des Grundgesetzes oder aus noch älterer Zeit stammen und bis heute unverändert fortexistieren. Andererseits halten auf diese Weise aber auch Akzeptanzprobleme an, die einem effektiven Ressourceneinsatz hindernd im Wege stehen.

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