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I. Überblick

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Art. 10 DSGVO trägt dem Umstand Rechnung, dass Reputation, Diskriminierungsrisiken und Resozialisierungsaussichten einer Person in besonderer Weise von einem Strafmakel tangiert werden können. Das Recht des Einzelnen, „grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen“ und zu entscheiden, wer was über ihn weiß, ist daher in diesem Kontext besonders schutzwürdig.

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Die Regelung des Art. 10 DSGVO ist weitgehend bereits aus Art. 8 Abs. 5 der Richtlinie 95/46/EG (DSRl) vertraut, allerdings mit Detail-Unterschieden in der Reihenfolge der Trias („Daten, die Straftaten, strafrechtliche Verurteilungen oder Sicherungsmaßregeln“) und graduellen Abstufungen bei der Formulierung der Garantien (zuvor „angemessene“, nunmehr „geeignete“). Allein in Bezug auf „Strafurteile“ ergibt sich die besondere Sensitivität auch bereits aus Art. 6 Satz 2 der Europäischen Datenschutzkonvention. Das Risikopotenzial ist zudem an mehreren Stellen der DSGVO anerkannt, wobei – etwa im Kontext der Folgenabschätzung, Art. 35 Abs. 3 lit. b DSGVO – jeweils auf Art. 10 DSGVO Bezug genommen wird.

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In Entwurfsfassungen der DSGVO wurde die nunmehr in Art. 10 DSGVO aufgenommene Regelung noch als besondere Kategorie i.S.d. Art. 9 DSGVO gewertet. Anders als bei Art. 9 DSGVO wird nun aber kein generelles Verarbeitungsverbot mit Ausnahmekatalog mehr statuiert. Vielmehr ist in Art. 10 DSGVO als Grundsatz ein Vorbehalt behördlicher Aufsicht vorgesehen, der zusätzlich neben die materiell-rechtliche gesetzliche Grundlage der Verarbeitung tritt.1 Letzteres ergibt sich aus dem Verweis auf Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Im Fall umfassender Register (Satz 2) ist für diesen Vorbehalt auch keine Ausnahme vorgesehen.

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Angesichts der auch im Strafrecht zunehmenden „Privatisierungstendenzen“ ist die Inpflichtnahme und proaktive Mitwirkung der Privatwirtschaft im Bereich der Strafverfolgung bzw. im Vorfeld der sog. Strafverfolgungsvorsorge2 von immer größerer praktischer Bedeutung. Dabei stellen sich auch verfassungsrechtliche Fragen des Staatsorganisationsrechts und der unmittelbaren Drittwirkung von Grundrechten beim Umgang mit personenbezogenen Daten.

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Trotz der großen Bedeutung des Datenschutzrechts in diesem Kontext liefert die DSGVO durch Art. 10 DSGVO keinen Fortschritt und Zugewinn an Rechtssicherheit. Dazu bleiben zu viele konkrete Fragen zur Reichweite des Art. 10 DSGVO offen. Nahezu jede Facette ist umstritten. Eine so extensive Lesart, dass auch bereits nicht-hoheitliche Compliance-Maßnahmen und interne Ermittlungen i.S.d. § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG erfasst wären, drängt sich jedenfalls nicht auf und wird auch bislang kaum vertreten, selbst wenn dies bei konsequenter Anwendung der jeweiligen Position schlüssig erschiene.3

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Vereinzelt sehen Gesetze, die natürliche und juristische Personen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 10 DSGVO verpflichten, inzwischen bereichsspezifische Regelungen vor, etwa in § 11a GwG4 oder § 4e FinDAG. Konkrete Regelungen sind jedoch bislang allenfalls Lichtblicke, die kontrastierend aufzeigen, wie dringend der Gesetzgeber bei Inpflichtnahmen der Privatwirtschaft zur Unterstützung der Strafverfolgung entstehende Pflichtenkollisionen sehen und auflösen müsste. Als erheblich defizitär ist hier exemplarisch das NetzDG mit seinen stetig wachsenden Anforderungen zu nennen.

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Zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung, die auf Art. 10 DSGVO Bezug nimmt, bestätigt seine große Bedeutung in aktuellen Fragestellungen. So war die Norm u.a. in Entscheidungen zum Recht auf Vergessenwerden relevant im Rahmen der erwarteten Herstellung praktischer Konkordanz auch durch private Akteure. Dies zeigte sich etwa beim Umfang der Auslistungspflicht von Suchmaschinenbetreibern.5 Ein anderes Beispiel ist die Sicherstellung zugriffserschwerender Schutzmaßnahmen als Anspruchsvoraussetzung, wenn ein Auskunftsanspruch sich auf derart sensitive Daten bezieht.6 Teilweise ergeben sich aus den Urteilen über den konkreten Gegenstand hinaus zudem mehr Fragen als Antworten zur Systematik und Anwendung des Art. 10 DSGVO.7

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