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13. Elegie

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Properz wie auch die anderen Elegiker Tibull und Ovid schrieben keine Geschichte ihrer Liebe, sie haben ein weiteres Thema. Sie stellen die Welt der Liebe in vielen Aspekten und unter verschiedenen Blickwinkeln dar. So variiert hier Properz das Thema der 10. Elegie. Wie dort wird hier das heftige Aufflammen einer Liebesleidenschaft bei seinem Freund Gallus beobachtet, das er ohne Eigeninteresse, aber mit sichtlicher Sympathie schildert. Die Frage, ob das dieselbe Liebe war, ist wohl müßig. Die Gedichtsituationen und die dahinterstehenden Lebensvorgänge sind kaum so deckungsgleich, daß man diese Frage beantworten könnte. Zur Vorsicht in unserem Fall mahnt, daß zwar die Liebe des Freundes in ähnlicher Weise geschildert wird, daß Properz aber aus einer geradezu gegensätzlichen Lebenssituation heraus spricht. In der 10. Elegie war er der durch die Erfahrungen der eigenen Liebe klug gewordene, selbstbewußte Kenner in allen Liebesfragen, in der 13. Elegie ist er der von Cynthia verlassene unglückliche Liebhaber, der fürchtet, von Gallus deswegen verspottet zu werden.

Nur die ersten Verse verbinden das Gallusthema mit der eigenen Person. Wie schon in der 12. Elegie ist er von seiner Geliebten verlassen; abrepto amore deutet darauf hin, daß ihn ein Rivale aus der Gunst der Geliebten verdrängt hatte. Properz vermutet nun, daß der in Vers 2 angesprochene Gallus dafür kein Mitleid zeigen, ja, wie er ihn kenne, sein Mißgeschick verspotten werde. Er aber will ein besserer Freund sein, er wünscht Gallus, daß ihn sein Mädchen nie verläßt (Vers 1–4).

Nachdem so in wenigen Strichen eine Gesprächsituation angedeutet ist ist, wendet sich das Gedicht ganz dem Liebesleben des Freundes zu, der dabei fortwährend angesprochen wird (Vers 5–12). Offenbar war der in Liebessachen höchst leichtfertig gewesen und hat sich einen Namen als ein Don Juan gemacht. Er hatte manches Mädchen geliebt, es aber schnell wieder verlassen und sich immer wieder einer anderen zugewandt. Vers 11, der diese Liebschaften als vulgares amores bezeichnet, läßt darauf schließen, daß Gallus in der Wahl der Mädchen nicht sehr wählerisch war. Aber nun ist etwas eingetreten, das die Lage gründlich verändert. Properz bemerkt an Symptomen wie einer unnatürliche Blässe, daß der Freund von einer heftigen Leidenschaft198 für ein bestimmtes Mädchen (Vers 7: perditus in quadam, Vers 10: una, Vers 11: haec) ergriffen ist. Er habe schon zu Beginn der Liebschaft den festen Stand verloren und gleite hoffnungslos in den Abgrund der Leidenschaft.199 Das werde die Strafe dafür sein, daß er den Schmerz vieler Mädchen so geringgeschätzt habe. Ein Mädchen werde für viele schmerzvolle Rache nehmen (Vers 9f.), und sie werde seinem vagabundierenden Liebesleben ein Ende setzen (Vers 11f.).

Im nächsten Abschnitt (Vers 13–24) tritt Properz den Beweis für seine Behauptung an. Der Freund könne ihm das nicht abstreiten, er habe das ja nicht gerüchtweise vernommen, sondern das Geschehene mit eigenen Augen gesehen.200 Das die Augenzeugenschaft betonende vidi ego von Vers 14 wird in Vers 15 nochmals bekräftigend wiederholt201 und wird so der Ausgangspunkt der nächsten Versreihe. Properz war Augenzeuge, wie sich das Liebespaar leidenschaftlich umarmte, wie Gallus in seiner Liebesverzückung in Tränen ausbrach und das Mädchen inbrünstig küßte,202 bis es sich ihm hingab. Properz nennt diese Liebe eine unlösbare, wahnsinnge Leidenschaft (demens furor), was auf eine Liebe von der Art weist, wie er sie bei sich selbst charakterisiert.

In Vers 21–24 vergleicht er dann diese Liebe mit Liebesleidenschaften der Heroenzeit: So leidenschaftlich hätten sich nicht einmal Tyro und Poseidon umarmt, der um ihretwillen die Gestalt des Flußgottes Enipeos annahm.203 Dann nennt er Herakles und Hebe: So leidenschaftlich habe auch nicht der vergöttlichte Herakles Hebe geliebt, als sie sich in erster Liebe auf den Höhen des Oeta trafen. Das ist eine andere Vorstellung, als sie die griechische Kunst von der Vergöttlichung des Herakles hatte. Dort sehen wir einen feierlichen, von Hermes und Athene geleiteten Zug, der Herakles zum Olymp geleitet, oder eine Götterversammlung, in deren Mitte der dem Irdischen entrückte Held steht, oder der Held genießt, auf einer Kline gelagert und von Athene betreut, seinen himmlischen Lohn.204 Daß sein Lohn auch darin bestand, daß er Hebe, die Tochter des Zeus, heiraten durfte, steht schon in Hesiods Theogonie,205 aber von einer heftigen Liebe in der überirdischen Welt wissen die frühen Quellen nichts. Näher an Properzens Vorstellung sind vielleicht spätere Schriftsteller, die die Vergöttlichung als ein plötzliches Wunder schildern, das den Helden durch eine Wolke oder ein riesiges Feuer den Blicken der Menschen entzog.206 Properz könnte sich von einer solchen Sagenversion haben anregen lassen, aber er kann das auch selbst erfunden haben. So hat auch Catull einem alten Mythos ein anderes Gesicht gegeben. Im 64. Gedicht, Vers 12–21, hat er das alte feierliche Thema der Peleushochzeit zu einer leidenschaftlichen Liebesbegegnung von Mensch und Göttin umgestaltet.207

Vers 25 wendet er sich wieder Gallus’ Liebe zu und hebt sie buchstäblich in den Himmel: An einem einzigen Tag habe er alle anderen Liebenden übertroffen, eine so heiße Leidenschaft habe die Geliebte in ihm entzündet. Darum mache sie eine Rückkehr zu seiner früheren hochmütigen Lebenshaltung unmöglich: Sie lasse sich nicht mehr verdrängen (Text: abduci). Und es sei kein Wunder, wenn ihn die neue Geliebte festhalte: Durch ihre Schönheit übertreffe sie die größten Schönheiten der alten Sage. Der Dichter vergleicht in einer sich steigernden Reihe Zeus’ Geliebte Leda, ihre schönen Töchter Helena und Klytaimestra und alle Schönheiten, die das alte Argos hervorgebracht hat, ja sie werde noch Zeus selbst in Liebe entflammen.208

In den Schlußversen 33–36 schließt Properz mit einer Mahnung und einem Wunsch. Der Freund solle, da er eine so große und seiner würdige Liebe gefunden habe, sie nützen,209 und seine neue Liebe möge ihm weiter Glück bringen210 und, was immer er wolle, möge sie ihm gewähren.

Die Elegien des Properz

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