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3. Elegie, Vers 45–54 und 4. Elegie

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Nach der Aldina von 1502 trennen vor allem Schrader, Lachmann und Enk60 die Verse 45–54 von der 3. Elegie ab und lassen mit ihnen ein neues Gedicht beginnen. Das ist wohl begründet. Die Verse 43f. schließen die 3. Elegie wirkungsvoll ab, und mit Vers 44 setzt ebenso betont ein anderes Thema, die Klage über die Enttäuschungen und Mühseligkeiten einer Liebesleidenschaft, ein. Auch die Sprachform der Verse 45ff. ändert sich grundlegend. Anstelle des fast hymnisch preisenden Tons der 3. Elegie hat die folgende Partie einen sehr sprunghaften Charakter. Der Dichter wechselt fortwährend zwischen Selbstaussagen, Verallgemeinerungen, einer Mythenerzählung und einer unbestimmten Anrede. Das erste Distichon beginnt mit einer Selbstaussage, die Verse 3,49f. sprechen nach einem Tiervergleich von den Liebenden im allgemeinen (iuvenes); nach einem Mythenvergleich fährt der Dichter mit einer Anrede an eine 2. Person fort (Vers 4,1–4), wobei ebenfalls ein üblicher Liebhaber angesprochen wird. In Vers 4,5 kommt dann Properz auf eigene Erfahrungen zurück. Und bis zum Gedichtschluß wechseln in dieser Weise allgemeine Aussagen mit persönlichen Erfahrungen.61

Das Gedicht setzt wie oft bei Properz sehr unvermittelt ein. Sofort steht das neue Thema im Mittelpunkt: Wenn der Dichter in 3,45 wünscht, nur von seiner einen Liebe62 festgehalten zu werden, eine zweite wäre sein Tod, hat schon diese erste Liebe einen recht bedenklichen Charakter.63 Wie eine so beschaffene Liebe doch ertragen werden kann, zeigen die nächsten Verse. Als Vergleich dient ein Stier, der sich zuerst gegen das auferlegte Joch sträubt, dann aber durch Gewöhnung die Last willig auf sich nimmt.64 So nähmen zuerst widerstrebende junge Männer, wenn sie sich unterworfen haben (wörtlich: wenn sie gezähmt sind), alle Unbill hin. Darauf zeigt ein Mythenbeispiel, was man alles um der Liebe willen ertragen kann. Um die schöne Pero zu gewinnen, habe Melampos ein ganzes Jahr lang schmähliche Fesseln ertragen.65 In Vers 4,1–4 transponiert Properz Melampos’ Liebesleiden in die römische Welt. Er wendet sich einem Leidensgefährten zu: Wie er selbst im ersten Distichon, wie in Vers 3,50 die allgemein iuvenes genannten Leidenden und wie schließlich der mythische Melampos soll auch ein Liebhaber in Rom seine Knechtschaft willig ertragen: Er müsse über die Treulosigkeit der strengen Gebieterin seufzen, Zurückweisungen geduldig hinnehmen und dürfe sich seinen Zorn nicht anmerken lassen.66 Dann führt er in Vers 4,5f. sich selbst als Beispiel ein. Auch er habe sich oft vergeblich bemüht, der Geliebten zu gefallen, wobei er selbstironisch schildert, wie er sich vergeblich herausputzte und affektiert einherstolzierte.

Bis zum Vers 4,6 war durch die glücklich endende Melamposgeschichte und das auf einen schließlichen Erfolg deutende prius in Vers 4,167 angedeutet, daß die von einem Liebenden zu ertragenden Leiden doch zum ersehnten Ziel führen können. Im folgenden Abschnitt, in den Versen 4,7– 16, erscheint aber dann die Liebesleidenschaft als immer aussichtsloseres Streben. Die Liebe erscheint als Krankheit. Hier hilft kein Arzt, keine Medizin, kein Liebestrank oder -zauber.68 Anders als bei üblichen Krankheiten, bei denen bestimmte Ursachen festgestellt werden können und bei denen Ärzte Schonung und Kuren verordnen können, tappt man bei der Liebeskrankheit im dunkeln. Heilung ist also nicht möglich, und diese Krankheit kann tödlich sein.69 Properz erwähnt dann, wieder auf sich selbst kommend, auch er gebe ganz umsonst Wahrsagern und Traumdeuterinnen viel Geld, um einen Ausweg aus diesem Wirrsal zu finden. Das nimmt ein literarisches Motiv auf: Ähnlich verzweifelt fragt in Theokrits Idyll 2,90f. ein verlassenes Mädchen, welche zauberkundige Alte sie denn nicht schon aufgesucht habe. Properz geht wie in Vers 4,5f. vom Allgemeinen zu seiner persönlichen Erfahrung über.70

Die drei letzten Distichen drücken die verzweifelte Stimmung noch einmal anders aus. Während Properz zu Gedichtbeginn unbedingt an seiner Liebe festhalten wollte und für geduldiges Ausharren doch noch ein Lohn möglich schien, erscheint nun alles aussichtslos. So wünscht er nur seinem Feind eine Liebesleidenschaft, wie sie ihn und seine Leidensgefährten ergriffen hat, einem Freund rät er, statt solch unseliger Leidenschaften eine problemlose Liebe bei Knaben zu suchen. Aber bei einem Frauenliebhaber wie Properz ist das ein Rat, den nur die Verzweiflung eingegeben haben kann.71 Im letzten Distichon ist die Gegenüberstellung von Knabe und Mädchen sentenzenhaft zugespitzt, sodaß ein wirkungsvoller Gedichtschluß entsteht.

Nach den drei hellen Gedichten zu Beginn des Buches zeichnet Properz in der 4. Elegie die Liebe in sehr düsteren Farben, wie er schon im 1. Buch die Extreme der Liebeserfahrung vom höchsten Glück zur tiefsten Verzweiflung ausgelotet hatte.

Die Elegien des Properz

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