Читать книгу Die Elegien des Properz - Hans Peter Syndikus - Страница 35
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Das zweite Buch
Einleitung
Wie die Elegie 2,3,1–4 deutlich macht, begann Properz unmittelbar nach der Veröffentlichung des 1. Buches eine Fortsetzung des Themas in neuen Gedichten. Alle datierbaren Gedichte des 2. Buches sind zwischen den Jahren 28 und 26 v. Chr. verfaßt.1 Properzens zentrales Thema im 2. wie schon im 1. Buch ist die Liebe zu Cynthia. Im Prologgedicht wird sie die Inspirationsquelle seiner Dichtung genannt und sie wird in einer großen Zahl von Gedichten direkt angesprochen. Diese Ausschließlichkeit unterscheidet Properz von Horaz, aber auch von Catull und Tibull: Im 2. Buch fällt nie ein anderer Name als Cynthia, und sehr oft versichert der Dichter, daß sie die unvergleichlich Einzige sei. Gewiß sagt er einmal, daß er von jeder weiblichen Schönheit angezogen werde (2,22), ja daß es empfehlenswert sei, die Liebe williger leichter Mädchen zu suchen (2,23); aber solche Motive sind eher leichthin um einer thematischen Variation willen gesucht, als daß sie einen grundsätzlichen Wechsel anzeigten.
In dem Liebesverhältnis gibt es wie schon im 1. Buch keine nachvollziehbare Entwicklung.2 Dicht nebeneinander stehen wie schon im 1. Buch Nähe und Entfremdung, Liebe, Enttäuschung, ja Abkehr. Etwa die 11. Elegie des 2. Buches liest sich wie ein endgültiger Bruch, die 12. beschreibt die unentrinnbare Macht Amors, in der 13. zeigt Cynthia ein einzigartiges Verständnis für Properzens Dichtung, in der 14. und 15. wird das überwältigende Glück einer Liebesnacht gefeiert, in der 16. sehen wir dann Cynthia in den Armen eines reichen Liebhabers u.s.w. Gut zeigt Vers 7 der 12. Elegie das Schicksal des von Amor bewegten Liebenden: Von wechselnden Wogen wird er umhergetrieben, an keiner Stelle kommt er zur Ruhe. Auf die Reihenfolge der Begebnisse kommt es also offenbar nicht an.
Das 2. Buch übernimmt wesentliche Grundthemen des 1., versucht aber künstlerisch zu variieren. Die Gedichte lösen sich vielfach von der Ausgangssituation und gehen zu allgemeineren Betrachtungen über. Dabei entfalten sich die Motive vielfach nicht in einer rationalen Gedankenentwicklung, sondern zeichnen das Hin- und Herschwanken einer Gefühlsbewegung nach. Der oft recht komplizierte Gedichtaufbau irritierte manche Betrachter, die den geschlossenen Zusammenhang einer Situation erwarteten, aber gerade in dieser lockereren Fügung liegt eine Eigenheit mancher Elegien des 2. Buches, die es von der einfacheren Kompositionsart des 1. und dann wieder des 3. Buches unterscheidet.3
Eine auffallende Veränderung gegenüber dem 1. Buch ist, daß kaum mehr einzelne Freunde in gewissen Lebenssituationen angesprochen werden, sondern daß sich der Dichter, wenn er nicht die Geliebte anredet, an eine allgemeine Leserschaft wendet.4 Er ist offenbar eine bekannte Persönlichkeit geworden und verkehrt nicht mehr nur in einem kleinen Zirkel. Damit geht Hand in Hand, daß die zeitgenössische, d. h. augusteische Welt in Properzens Dichtung in höherem Maße sichtbar wird. Das äußere Zeichen ist die Aufnahme im Maecenaskreis. Allerdings scheint diese Öffnung nicht ganz ohne Spannung gewesen zu sein: Properz ist in seiner privaten Thematik nicht mehr unangefochten, er muß sich gegen Zumutungen wehren, seine Thematik zu wechseln und eine politische Dichtung zu verfassen.