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c) Eindeutige Zeitangaben?

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Je schwerer das Umstandsmoment wiegt, je kürzer ist das Zeitmoment; je mehr der Arbeitnehmer auf das Zeugnis gedrängt hat, je kürzer wird die Zeit für die Verwirkung zu bemessen sein, falls er sich danach in Stillschweigen hüllt. Es hängt sehr von der „Vorgeschichte“ ab, wie er sich aufgeführt, welchen Nachdruck er verliehen hat und dann eine unverständliche Pause einlegt, die nicht mit dem vorausgehenden Verhalten zusammenpasst.

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Aber es gibt keine zeitgenauen Angaben, ab wann der Zeugnisanspruch verwirkt ist – es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, wie die folgende Aufstellung zeigt:

 • In einem vom BAG147 entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer nach erfolgloser Kündigungsschutzklage in einem weiteren Prozess erst im Wege der Widerklage 5 Monate nach Erhalt des Zeugnisses Schadensersatz wegen angeblich unrichtigen Zeugnisses verlangt. Die Klage wurde abgewiesen, weil der Arbeitgeber mit solchen Ansprüchen nicht mehr zu rechnen brauchte.

 • In einem weiteren Falle hatte das BAG148 den Anspruch auf „Berichtigung“ als verwirkt angesehen, der erst nach 10 Monaten weiterverfolgt wurde; hier hatte der Arbeitnehmer durch dreimaliges Ersuchen um Zeugnisausstellung sein lebhaftes Interesse an einem Zeugnis zum Ausdruck gebracht, und als er es erhielt, 10 Monate zugewartet – der Arbeitgeber konnte davon ausgehen, der Arbeitnehmer werde sich alsbald melden, wenn er mit dem Zeugnis nicht einverstanden sei (und nicht 10 Monate zuwarten werde).

 • Der Anspruch ist jedenfalls verwirkt, wenn zugewartet wurde:149unter ursprünglich anwaltlicher Klagedrohung 11 Monate nach Fristsetzung (LAG Düsseldorf150), 12 Monate (LAG Köln151), 15 Monate nach Erteilung des Zeugnisses aufgrund eines Vergleichs (LAG Hamm152).

Das LAG Hamm153 hat eine Zeitspanne von rund 2½ Monaten noch nicht als ausreichend erachtet, um eine Verwirkung anzuerkennen. Es gibt keine Mindest-Zeitspanne, es kommt immer auf die besonderen Umstände und das Verhalten des Zeugnisempfängers an.

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Als Versuch der zeitlichen Eingrenzung lässt sich die äußerste Grenze der Geltendmachung von Zeugnisansprüchen in etwa festlegen, die im Anhalt an § 5 Abs. 3 KSchG bei 6 Monaten liegen dürfte; auch Ausschlussfristen oder Verfallsklauseln154 haben durchweg eine Länge von maximal 6 Monaten – d.h. spätestens nach einem halben Jahr haben sich diese Themen erledigt.

Daher wird bei der Verwirkung des Zeugnisanspruchs – als grobe Faustregel – von maximal 6 Monaten auszugehen sein.155

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Allerdings ist dem Arbeitnehmer dringend zu empfehlen, diese äußerste Frist nicht annähernd auszunützen und nicht Monate zuzuwarten, sondern so früh wie möglich den Zeugnisanspruch geltend zu machen, um nicht mit dem Verdikt der Verwirkung belegt zu werden; denn Arbeitsgerichte können je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus eine kürzere Frist für die Verwirkung zugrunde legen – z.B. geht das ArbG Passau von 3–4 Monaten aus.156

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Die Verwirkung ist zu beachten nicht nur für den Anspruch auf erstmalige Erteilung des Zeugnisses, sondern auch für den (in der Praxis häufigeren) Fall, dass das erteilte Zeugnis nicht den Vorstellungen des Arbeitnehmers entspricht, also im Falle der verlangten Änderung/Berichtigung.

Zwar dürfte die Zeitspanne für den „Berichtigungsanspruch“ kürzer zu bemessen sein als die für den Anspruch auf erstmalige Zeugniserteilung; denn von dem Arbeitnehmer, der bereits im Besitz eines Zeugnisses ist, kann eine schnellere Prüfung erwartet werden als von demjenigen, der noch nicht sogleich übersehen kann, ob er überhaupt ein Zeugnis benötigt.157

Aber der Anspruch auf erstmalige Erteilung und der auf „Berichtigung“ werden gleich behandelt; denn es gibt im Zeugnisrecht keinen Gewährleistungsanspruch, sondern nur den auf Erteilung eines ordnungsgemäßen Zeugnisses, und falls dies nicht vorliegt, wird der ursprüngliche Zeugnisanspruch im Falle der „Berichtigung“ gewissermaßen ein zweites Mal geltend gemacht.

Ausnahme?

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Ist der Zeugnisanspruch verwirkt, lässt sich aber der Arbeitgeber auf Drängen des Arbeitnehmers dennoch darauf ein, die Tätigkeitsbeschreibung zu ändern, so kann er aber die zusätzlich beantragte Verbesserung der Leistungsbewertung wegen Verwirkung ablehnen – wenn es nur um Fakten in der Tätigkeitsbeschreibung geht, die korrigiert werden (etwa falsches Eintrittsdatum, unvollständige Beschreibung der Tätigkeiten), so ist es zu behandeln ähnlich wie bei Schreibfehlern = eine solche Korrektur hat mit der Beurteilung nichts zu tun, lässt sie unberührt, und eine Änderung der Beurteilung kann daher nicht verlangt werden.158

Das Arbeitszeugnis

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