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5.Grundrechte und Organisations-/Verfahrensrecht
ОглавлениеLiteratur:
Blümel, W., Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: ders. (Hrsg.), Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, 1982, S. 23; Borowski, M., Grundrechte als Prinzipien, 2007; Goerlich, H., Grundrechte als Verfahrensgarantien, 1981; Schroeder, D., Die Justizgrundrechte des Grundgesetzes, JA 2010, 167; Schucht, C., Grundrechtsschutz durch Verfahren – Zur Risikobewertung im Produktsicherheitsrecht, DÖV 2014, 21.
Rechtsprechung:
BVerfGE 35, 79 – Hochschulurteil; BVerfGE 46, 325 – Zwangsvollstreckung II; BVerfGE 48, 292 – vorläufiges Berufsverbot; BVerfGE 49, 220 – Zwangsvollstreckung III; BVerfGE 52, 380 – Prüfungsverfahren; BVerfGE 53, 30 – Mülheim-Kärlich; BVerfGE 63, 131 – Gegendarstellung; BVerfGE 65, 1 – Volkszählungsurteil; BVerfGE 69, 315 – Brokdorf II; BVerfGE 73, 280 – Auswahl von Notarbewerbern; BVerfGE 75, 318 – Betretensrecht des Sachverständigen; BVerfGE 84, 34 – Juristische Staatsprüfung; BVerfGE 90, 60 – 8. Rundfunkurteil/Rundfunkgebühren.
91Für die prozessualen Grundrechte (Justizgrundrechte) folgt der verfahrensrechtliche Charakter bereits aus dem Gewährleistungsinhalt. Zu den Verfahrensgrundrechten zählen insbesondere das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4), das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101), der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1) und die Verfahrensgarantien des Art. 104.39
92Darüber hinaus hat das BVerfG den materiellen Grundrechten verfahrensrechtliche Wirkungen zuerkannt,
„wonach die Grundrechte nicht nur die Ausgestaltung des materiellen Rechts beeinflussen, sondern zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisationsgestaltung und Verfahrensgestaltung sowie für eine grundrechtsfreundliche Anwendung vorhandener Verfahrensvorschriften setzen.“40
93Die materiellen Grundrechte haben somit eine organisations- und verfahrensrechtliche Dimension, die sich auf die Anwendung und Auslegung, aber auch auf die Ausgestaltung des Organisations- und Verfahrensrechts auswirkt.41 Insbesondere darf die verfahrensrechtliche Ausgestaltung nicht zu der Gefahr einer Entwertung materieller Grundrechtspositionen führen.42
94Organisationsrechtliche Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit hat das BVerfG für die staatlichen Organisationsnormen im Bereich des Hochschulwesens aus der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3) hergeleitet.43
Für die Festsetzung der Rundfunkgebühren verlangt die Rundfunkfreiheit ein Verfahren, das dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die zur Erfüllung seiner Aufgabe im dualen System erforderlichen Mittel gewährleistet und ihn vor Einflussnahmen auf das Programm wirksam sichert.44
95Das BVerfG hat überdies aus einer Reihe von Abwehrgrundrechten verfahrensrechtliche Konsequenzen gezogen.45 So hat das Gericht im Volkszählungsurteil den Gesetzgeber aufgrund des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dazu verpflichtet, organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.46
Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist bei der verfassungskonformen Anwendung materiell- und verfahrensrechtlicher Vorschriften für die Genehmigung von Kernkraftwerken zu berücksichtigen.47
Die grundrechtsfreundliche Anwendung und Auslegung von Verfahrensvorschriften gebietet im Versammlungsrecht ein „versammlungsfreundliches Verfahren“, zumal Art. 8 auch einen wesentlichen verfahrens- und organisationsrechtlichen Gehalt aufweist.48
Besondere Anforderungen an berufsbezogene Prüfungsverfahren folgen aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit. Aus Art. 12 Abs. 1 ergibt sich etwa der allgemeine Bewertungsgrundsatz, dass eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden darf.49
Überdies hat das BVerfG aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 die Pflicht hergeleitet, bei Eingriffen in dieses Grundrecht einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewähren. Dies gilt beispielsweise im Rahmen von Zwangsversteigerungen.50