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VI.Die deutschen Grundrechte und die supranationale Hoheitsgewalt der EU

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169Art. 1 Abs. 3 hat nach allgemeiner Auffassung nur die Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt zum Gegenstand.61 Ausländische Staaten und supranationale Organisationen wie die Europäische Union sind daher nicht an den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes gebunden.62

170Das Rangverhältnis von Europarecht und nationalem Verfassungsrecht ist für die Frage von Bedeutung, ob europäisches Sekundärrecht an den Grundrechten des Grundgesetzes zu messen ist.63 Im Kern geht es um die Kompetenzabgrenzungsprobleme, die sich namentlich aus dem Hineinwirken des Unionsrechts in das mitgliedstaatliche und damit eben auch deutsche (Verfassungs-)Recht ergeben.64 Prozessrechtlich hat das etwa im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Verfassungsbeschwerde – dort bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstandes bzw. der Prüfung der Beschwerdebefugnis65 – oder im Rahmen der Zulässigkeitserörterung eines abstrakten Normenkontrollverfahrens – dort bei der Klärung des Verfahrensgegenstandes66 – Bedeutung.67

Hinweis: In der Fallbearbeitung muss man sich also darüber klarwerden, was in einem bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren als Prüfungsmaßstab und was als -gegenstand fungiert.

171Nach Auffassung des EuGH68 hat das Gemeinschaftsrecht stets Vorrang vor dem nationalen Recht, also auch vor dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten. Denn

„dem aus dem Vertrag als einer autonomen Rechtsquelle fließenden Recht können wegen dieser seiner Eigenständigkeit keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen, wenn ihm nicht sein Charakter als Gemeinschaftsrecht aberkannt und wenn nicht die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt werden soll.“ 69

172Demnach soll das BVerfG nicht befugt sein, Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten des Grundgesetzes zu prüfen:

Nach gefestigter Rechtsprechung [scil.des EuGH] kann nämlich nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der die Unionsrechtsordnung wesentlich prägt […], die Geltung des Unionsrechts in einem Mitgliedstaat nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass dieser Staat Vorschriften des nationalen Rechts, und haben sie auch Verfassungsrang, geltend macht […].“70

173Nach Auffassung des BVerfG sind die Abgrenzungsfragen dagegen aufgrund einer mehrfachen Differenzierung zu beantworten. Zunächst ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des Prüfungsmaßstabes der deutschen Grundrechte und damit der (verfassungsgerichtlichen) Überprüfung danach zu unterscheiden, ob Prüfungsgegenstand das sog. europäische Primärrecht (nachfolgend 1.) ist oder ob es um die Kontrolle daraus abgeleiteten Sekundärrechts geht (nachfolgend 2.). Sodann sind die verbleibenden verfassungsgerichtlichen Kontrollvorbehalte darzustellen (nachfolgend 3.).

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