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1. Vollzug und Finanzierung von Rechtsetzungsakten der Europäischen Union

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Rechtsetzungsakte der Europäischen Union sind Richtlinien und Verordnungen. Verordnungen richten sich an sämtliche Mitgliedstaaten und stellen unmittelbar anwendbares Recht dar, Art. 288 Abs. 2 AEUV. Richtlinien können demgegenüber auch an ausgewählte Staaten gerichtet sein und sind grds nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen eines nationalen Umsetzungsaktes, Art. 288 Abs. 3 AEUV. Aufgrund der Notwendigkeit eines nationalen Gesetzes ist die Kompetenzzuweisung für den Gesetzesvollzug und die Finanzierung unproblematisch; hier finden die allgemeinen Regelungen der Art. 83 ff GG sowie Art. 104a GG Anwendung[114].

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Schwieriger gestaltet sich demgegenüber die Kompetenzverteilung beim Vollzug von Verordnungen, wenn diese nicht durch die EU-Kommission vollzogen werden. Dem Wortlaut nach erfassen die Art. 83 ff GG nur den Vollzug von Bundesgesetzen. Rechtsetzungsmaßnahmen der Europäischen Union sind nicht vom Anwendungsbereich der Bestimmungen erfasst. Aufgrund von Art. 30 GG wären die Länder vollumfänglich für die Ausführung der Verordnungen zuständig.

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Der eigenverantwortliche Vollzug durch die Landesebene hätte allerdings den Verlust der Einflussmöglichkeiten des Bundes, die ihm durch die Art. 83 ff GG gewährt werden, zur Folge. Der Bund wäre auf Maßnahmen nach Art. 37 GG beschränkt. Um dem entgegenzuwirken, sollen auf unmittelbar anwendbare Rechtsetzungsakte der Europäischen Union die Art. 83 ff analog anzuwenden sein. Dabei wird zudem eine Differenzierung anhand der Gesetzgebungskompetenzen vorgeschlagen[115]. Die Verwaltungszuständigkeit soll sich dann nach den Art. 83 ff GG richten, wenn der Bund zur Gesetzgebung befugt wäre. Obwohl eine Heranziehung der Art. 83 ff GG sachgerecht erscheint, ist sie nur schwer zu begründen, insb fehlt es wegen der Grundregel des Art. 30 GG an der für eine Analogie notwendigen planwidrigen Regelungslücke[116].

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Unabhängig von den Einflussmöglichkeiten des Bundes erfolgt die Verwaltung im Regelfall (über Art. 30 GG oder Art. 84 GG) durch die Länder. Gem. Art. 104a Abs. 1 GG müssen diese auch für die daraus resultierenden Ausgaben aufkommen, soweit diese nicht durch die EU übernommen werden. Problematisch ist, welche Möglichkeiten dem Bund zur Verfügung stehen, sich an der Finanzierung von Zweckausgaben zu beteiligen. Insb stellt sich bei Geldleistungsgesetzen die Frage nach einer (analogen) Anwendung von Art. 104a Abs. 3 GG.

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Art. 104a Abs. 3 GG ist nach seinem Wortlaut auf Bundesgesetze beschränkt. Eine analoge Anwendung ist wie im Fall der Art. 83 ff GG (Rn 187) kaum zu begründen. Neben einer planwidrigen Regelungslücke (wegen der Grundregel in Art. 104a Abs. 1 GG) fehlt es auch an einer vergleichbaren Interessenlage: Bei Geldleistungsgesetzen der Union hat der Bund, anders als in den Fällen des Art. 104a Abs. 3 GG (Rn 132), idR keine Gestaltungsmöglichkeiten[117]. Einer pauschalen Verteilung der Ausgabenlast, wie sie in der Praxis erfolgt, steht das Verbot der Mischfinanzierung entgegen. Damit muss es letztlich, dem Konnexitätsprinzip folgend, bei der Finanzierungsverantwortung der Bundesländer bleiben. Einer übermäßigen Belastung kann durch Anpassung der vertikalen Umsatzsteuerverteilung nach Art. 106 Abs. 3, 4 GG auf einfach-gesetzlicher Ebene entgegengewirkt werden.

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