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1. Merkmale des Steuerbegriffs

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Der Steuerbegriff des Grundgesetzes (Art. 105 ff) knüpft zwar an das traditionelle Begriffsverständnis an, ist jedoch „im Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung“ auszulegen[2]. Er ist also nicht mit dem in § 3 Abs. 1 AO normierten Steuerbegriff identisch. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass der einfach-gesetzliche Steuerbegriff bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs eine wichtige Auslegungshilfe ist[3]. Solange sich aus dem Gesamtzusammenhang der Finanzverfassung des Grundgesetzes keine Abweichung gegenüber dem Steuerbegriff der AO ergibt, können beide Begriffe synonym verwendet werden[4].

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§ 3 Abs. 1 AO hat den traditionellen Steuerbegriff der Reichsabgabenordnung inhaltlich unverändert übernommen. Die Abweichungen des § 3 Abs. 1 AO 1977 gegenüber § 1 Abs. 1 RAO waren überwiegend redaktioneller Art[5]. Allerdings stellte die Aufnahme des § 3 Abs. 1 HS 2 AO, wonach „die Erzielung von Einnahmen auch Nebenzweck sein kann“, nun ausdrücklich klar, dass Steuern in einer modernen Industriegesellschaft auch als Mittel der Wirtschaftslenkung eingesetzt werden können[6]. Von einer Steuer kann also auch dann gesprochen werden, wenn mit einer Abgabe in erster Linie Lenkungszwecke verfolgt werden und ihr lediglich „Ertragsrelevanz“ zukommt[7].

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Steuern sind gem. § 3 Abs. 1 AO

(1) Geldleistungen,

Sach- und Dienstleistungen wie die Wehrpflicht scheiden damit aus. Die Geldleistungspflicht kann auch unbar (vgl § 224 AO) oder (im Fall des § 224a AO) sogar durch Hingabe von Kunstgegenständen „an Zahlungs statt“ erfüllt werden.

(2) die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen,

Stellt die Geldleistung die Gegenleistung für eine besondere, dem Abgabepflichtigen individuell zurechenbare Leistung des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens dar, so handelt es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Vorzugslast (Beitrag oder Gebühr; dazu unten Rn 104 ff).

(3) und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen auferlegt werden,

Der Rechtsgrund für die Geldleistungspflicht muss von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen einseitig und ohne Rücksicht auf den Willen des Verpflichteten bestimmt werden[8]. Freiwillige Leistungen oder Leistungen aufgrund einer vertraglich übernommenen Verpflichtung scheiden damit von vornherein aus dem Steuerbegriff aus. Überdies können Steuern lediglich von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen, also aufgrund eines Hoheitsrechts[9] auferlegt werden.

(4) zur Erzielung von Einnahmen, wobei die Einnahmeerzielung auch Nebenzweck sein kann.

Die Geldleistung muss zur Erzielung von Einnahmen auferlegt sein. Insb müssen die Einnahmen endgültig erzielt werden und dürfen nicht zur Rückzahlung vorgesehen sein[10]. Allerdings kann die Einnahmeerzielung auch Nebenzweck sein. Hieraus ergibt sich die Unterscheidung zwischen Fiskalzwecknormen, also Normen, bei denen die Erzielung eines Steuerertrages im Vordergrund steht, und Lenkungsnormen, also Normen, mit denen der Gesetzgeber in erster Linie sozialpolitische oder wirtschaftspolitische Zwecke verfolgt (dazu Rn 199 ff).

(5) Solche Geldleistungen sind allen aufzuerlegen, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Dieses in § 3 Abs. 1 AO zusätzlich genannte Merkmal ist streng genommen nicht Bestandteil des Steuerbegriffs[11], sondern umschreibt nur die strenge Gesetzesbindung im Steuerrecht (zur Tatbestandsmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung vgl unten Rn 155 ff).

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