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1. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung

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Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung (Art. 134 WRV) enthält das Grundgesetz nicht ausdrücklich den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung. Als Eingriffsrecht trifft das Steuerrecht jedoch immer auf grundrechtliche Gesetzesvorbehalte und damit auf den Vorbehalt formeller (Parlaments-)Gesetze. Steuerliche Eingriffe sind nur zulässig, wenn und soweit sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen – sog. Gesetzmäßigkeit der Besteuerung. Stellt etwa die Geldleistungspflicht eine Beeinträchtigung von Ehe und Familie dar – wie zB die Zusammenrechnung der Einkünfte nach Eheschließung entsprechend § 26 EStG 1951 – so kann sich der Einzelne wegen dieses Eingriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG als subjektives Abwehrrecht berufen. Aber auch soweit kein Eingriff in ein spezielles Grundrecht vorliegt, ergibt sich nach Auffassung des BVerfG der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung „jedenfalls“ aus Art. 2 Abs. 1 GG[91]. Darüber hinaus setzt auch Art. 20 Abs. 3 GG den Vorbehalt des Gesetzes und damit die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung voraus, da die Gesetzesbindung der Verwaltung zumindest im Eingriffsbereich ein eigenmächtiges Vorgehen der Exekutive ausschließt.

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Auch im Steuerrecht ist es nicht ausgeschlossen, dass dem Wortlaut des (Steuer-)Gesetzes unmittelbar keine Entscheidung über eine bestimmte Rechtsfrage entnommen werden kann[92]. So ist es möglich, dass ein Steuergesetz nur eine allgemeine unvollkommene Anweisung gibt oder aber schweigt. Darüber hinaus können sich Lücken ergeben, wenn bspw ein Steuergesetz Folgen herbeiführt, die in ihren Gestaltungswirkungen nicht verfolgt oder zumindest nicht bedacht worden sind. Zu unterscheiden sind hier bewusste Gesetzeslücken, zB weil die Frage zur Entscheidung im Gesetz noch nicht reif war, von unbewussten Gesetzeslücken. Diese können entstehen, wenn der Gesetzgeber den zu regelnden Lebenssachverhalt einfach übersehen hat oder diesen noch gar nicht entscheiden konnte, weil der regelungsbedürftige Lebenssachverhalt nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände Bedeutung erlangt hat.

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Im Öffentlichen Recht geht man allgemein davon aus, dass die Ausfüllung einer gesetzlichen Lücke durch Analogieschluss auch bei Eingriffsnormen in Betracht kommt. Teilweise wird indes angenommen, dass eine Analogie zum Nachteil des StPfl nicht möglich sei[93]. Seit einigen Jahren gehen jedoch die Rspr des BFH wie auch das Schrifttum zunehmend davon aus, dass auch eine Analogie zum Nachteil des StPfl zulässig ist, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig und somit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht[94]. In solchen Fällen dient die Analogie der Verwirklichung des Gleichheitssatzes und durchbricht auch nicht das Vertrauen auf das Gesetz[95]. Musste der Bürger nach dem erkennbaren Zweck des Gesetzes davon ausgehen, dass der Regelungsgehalt auch über den Wortlaut hinausgeht, also auch Fälle erfasst, die zwar nicht anhand der bloßen Begriffe, aber anhand des Bedeutungszusammenhangs und des Sinngehalts der Norm in dessen Regelungsbereich einbezogen werden können („planwidrige Regelungslücke“), kommt also eine analoge Anwendung in Betracht.

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