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Stille und Feier – zur Ruhe und Freude finden

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Diese Ausgewogenheit, einen eigenen Weg zu gehen und doch Gemeinschaft zu erfahren, gilt auch für zwei Grundhaltungen, die das Pilgern der Weltreligionen in einem steten Zusammenspiel bestimmen: Es geht um Stille und um Feier, um den Rückzug ins eigene Ich und um das Hinausgehen zu anderen, um Ruhe und um gemeinsame Freude.

Auf dem Jakobsweg etwa, aber auch auf anderen Pilgerwegen im Buddhismus und im Hinduismus, fällt auf, dass viele Pilger bewusst alleine gehen und sich erst abends in den Herbergen wieder mit anderen Pilgern zusammentun, um zusammen zu essen und den Abend zu verbringen. Ein solches Alleinsein auf dem Weg wird dann erst am Ende des Weges abgelöst durch die gemeinsame Feier, das Pilgerfest, den festlichen Gottesdienst – beim Jakobsweg etwa in der Kathedrale von Santiago de Compostela.

Der Weg – beim Jakobsweg zudem meist in Richtung Westen, der Todesrichtung der untergehenden Sonne, steht dabei für den Lebensweg, der für glaubende Menschen hin zu einem Ziel führt: der Vollendung im Jenseits. Das (Gottesdienst-)Fest am Ende symbolisiert danach gleichsam die erhoffte Vollendung des Lebensweges durch Gott in der jenseitigen Welt – im himmlischen Jerusalem, in der goldenen Stadt, im Paradies, in der Befreiung (hinduistisch moksha), in einem Dasein ohne Leid und Tod (buddhistisch nirvana oder Paradies des Westens).

Der Weg in die Stille, bei vielen Pilgern und Asketen in Europa wie in Asien oft mit einem bewussten Verzicht auf Sprechen tagsüber verbunden, soll das Bewusstsein konzentrieren auf das Wesentliche und alle Ablenkung vermeiden. In der bewusst gesuchten Stille erhofft man sich einen Zugang zur Transzendenz, zum Göttlichen, zu Gott selbst. Ein solcher Weg in die Stille unterscheidet sich grundsätzlich vom Beten mit formulierten (oft von anderen vorformulierten) Worten. Der dänische Philosoph und Theologe SØren Kierkegaard (1813–1855) formulierte: »Zu beten bedeutet nicht, dass man sich selbst sprechen hört, sondern dass man das Schweigen erreicht und dass man im Schweigen verharrt, darauf wartet, dass der Beter Gott vernimmt.« Nichts anderes ist das Ziel vieler Pilger, wenn sie möglichst allein und in Stille ihren Weg zurücklegen. Aus einer neu gewonnenen Begegnung mit dem Göttlichen heraus stellen sie sich dann neu die drei entscheidenden Fragen menschlichen Lebens »Woher komme ich? – Wozu lebe ich? – Wohin gehe ich?« (vgl. Seite 17, 21, 23).

Der Weg des Schweigens und der Stille, um zur inneren Mitte zu gelangen, ist nur die eine Seite der Begegnung mit der Transzendenz. Ebenso geschieht der Zugang zum ganz Anderen, den Menschen Übersteigenden, das in abrahamitischen Religionen Jahwe, Gott, Allah genannt wird, im Fest, im Jubel, in Musik und Tanz, selbst in der Ekstase einer gleichgesinnten Gemeinschaft. Das ist nicht nur im Festgottesdienst in Santiago de Compostela zu erfahren, sondern vielleicht stärker noch beim Hadsch in Mekka mit Millionen Pilgern, bei der Kumbh Mela in Indien mit über 100 Millionen Pilgern, an den Wallfahrtsstätten des sufistischen Islam in Afrika, etwa im marokkanischen Moulay Idriss (vgl. Seite 116) oder im senegalesischen Touba. Die Freude, sein Pilgerziel erreicht zu haben, mischt sich mit der intensiv empfundenen Erfahrung einer großen Gemeinschaft (der Weltkirche, der muslimischen Umma, der buddhistischen Sangha …) und den über alle Religionen hinweg ähnlichen Formen religiöser Feste mit ihrer bunten Vielfalt und Symbolik von Licht, Wasser, Weihrauch, bunten Farben, Musik und Trommelrhythmus, gemeinsamem Essen und Trinken. Stille und Feier sind beide Grundbestandteile des Pilgerns.

Man ist dann mal weg

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