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Wohin gehe ich – neue Horizonte

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Der Rückblick auf die Vergangenheit und die daraus folgenden Haltungen von Dankbarkeit und Buße (= Umkehr), zudem eine veränderte Haltung in der Gegenwart, die geprägt ist von Verantwortung für sich selbst, für andere, für das Leben überhaupt – all das führt zur dritten Grundfrage menschlichen Lebens: Wohin gehe ich?

Diese Frage wird von Pilgern auf ihren Wegen in doppelter Weise verstanden. Es ist zum einen die Frage nach der konkreten Zukunft eines Menschen, nach dem, was ihn erwartet, nach dem, was er selbst für seine Zukunft tun kann. Es ist die Frage nach den »innerweltlichen« Hoffnungen, die bei der Besinnung des Pilgers aufkommen. Sie sind berechtigt, weil solche Hoffnungen nicht nur Träume sind, sondern Kraft geben für neue Horizonte und einen Neubeginn.

Doch der Blick von Pilgern, die sich an ihre jeweilige Religion gebunden wissen, geht tiefer und weiter. Es geht auch um »außerweltliche« Hoffnungen, letztlich um die existentiellen Fragen nach Sterben, Tod und Jenseits. Der chinesische Philosoph Lü Buwe (ca. 300–236 v. Chr.) fasst dies wie folgt zusammen: »Gründlich das Leben zu kennen ist des Weisen wichtigste Aufgabe. Gründlich den Tod zu kennen ist der Weisheit letzter Schluss.« Man kann für den »Weisen« auch Pilger einsetzen. Der Pilgerweg ist also für einen nachdenklichen Menschen die Gelegenheit, die oft tabuisierte Frage nach dem eigenen Tod und seinen Jenseitshoffnungen nachzugehen. Dabei steht er nicht allein, sondern kann auf die jeweiligen Traditionen und Hoffnungsbilder seiner Glaubensgemeinschaft zurückgreifen.

Alle Religionen fragen nach dem Woher des Menschen und zugleich nach dem Wohin. Sie versuchen, einen Ausblick darauf zu bekommen, was auf die Menschen zukommt. Die Religionen wissen von der Vergänglichkeit allen Lebens auf dieser Erde und in diesem Kosmos und von der Angst vor Sinnlosigkeit und dem Tod. Alle Religionen der Welt richten sich auf ein Letztes, Unbedingtes, ein den Menschen und die Welt übersteigendes Geheimnis aus, ein Absolutes, das sie entsprechend ihrer Traditionen unterschiedlich benennen (Gott, die Götter, die Geister, das Göttliche, das All-Eine …). Alle Religionen der Welt gehen davon aus, dass der Mensch im Letzten von diesem unbedingten und unfassbaren Geheimnis abhängig ist, dass sein Leben von Anfang (Schöpfung) bis Ende (Auferweckung, Befreiung …) in einem unlösbaren Zusammenhang damit steht. Ja mehr noch, sie künden von der Hoffnung, dass der Mensch auch nach seinem Tod in einer nicht beschreibbaren Weise in diesem Absoluten geborgen ist, sie künden von einem Jenseits in Gemeinschaft mit Gott, dem letzten und tiefsten Geheimnis der Welt.

Eine solche grundsätzliche Aussage konkretisiert sich in den Religionen in unterschiedlicher Weise, immer aber in bildhafter, metaphorischer, symbolischer, gleichnishafter Sprache. Doch künden alle Religionen von der Hoffnung, dass das Ende ein Anfang ist, der Tod ein Tor und dass die Menschen zu einem Leben in Vollendung berufen sind. Der Pilgerweg mit Aufstieg und Abstieg, mit Tag und Nacht, mit Mühe und Freude kann dazu beitragen, sich dieser Sicht des Glaubens tiefer bewusst zu werden.

Man ist dann mal weg

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