Читать книгу Man ist dann mal weg - Hermann-Josef Frisch - Страница 25

Geburt und Tod – Orte der Religionsstifter

Оглавление

Die Stifter der großen Religionen der Menschheit stellen »spirituelle Leuchttürme« dar, die auf Geschichte und Kultur vieler Völker und Regionen, auch global einen hohen Einfluss genommen haben. Deshalb verwundert es nicht, wenn die Religionen ihre Stifter in hohem Maß verehren und dabei besonders die Orte berücksichtigen, an denen sie gewirkt haben, bzw. an denen herausragende Erinnerungen an die Stifter bewahrt werden.

Die Stifter werden meist – etwa Mohammed oder Guru Nanak (Sikhismus), Bahā’u’llah (Bahai) – als Menschen mit einem zeitgemäßem Lebenslauf dargestellt. Doch gibt es auch Stifter, die sowohl menschlich wie göttlich verstanden werden. Jesus wurde zuerst als Prophet in der Linie der alttestamentlichen Propheten verkündet, zudem als in einer besonderen Beziehung zu Gott stehend (Messias, Sohn Gottes). Zunehmend aber und besonders durch die Konzilien des 4. und 5. Jahrhunderts wird formuliert, dass er Gott und Mensch zugleich ist, in untrennbarer Wesenheit. Ähnliches geschah beim Buddha, der sich als Lehrer und Mensch wie alle verstand, über den aber schon bald eine Fülle von Legenden erzählt wurden, die ihn nicht als Gott, wohl aber als himmlisches Wesen ansahen, das aus dem Tushita-Himmel zur Erde kam, um aus Mitleid mit allen Lebewesen einen Weg zur Befreiung aus dem Leidenskreislauf zu zeigen. Spätere Zeiten vor allem in der Volksfrömmigkeit von Mahayana- und Vajrayana-Buddhismus verehren Siddhartha, den Buddha, wie einen Gott.

Ähnliches gilt auch für verschiedene Avataras des hinduistischen Gottes Vishnu, besonders von Rama und Krishna. Sie sind zwar eingebettet in eine menschliche Geschichte, zugleich aber Zwischenwesen mit göttlichen Kräften. Die Antike kennt Halbgötter wie Herakles und Perseus; die chinesische Mythologie erzählt von der Apotheose, Vergöttlichung von bedeutenden Gestalten nach ihrem Tod wie beim General Guan Yu (160–219), der zum daoistischen Kriegsgott Guan Di erhoben wurde.

Die Wirkungsorte solcher Gestalten, besonders die Orte ihrer Geburt und ihres Todes entwickelten sich zu Pilgerorten, an denen man sich mit den Religionsgründern und damit mit der von ihnen begründeten oder abgeleiteten Religion in besonderer Weise verbunden weiß. Nach Ende der Christenverfolgung im Römischen Reich pilgerte etwa die Kaiserinmutter Helena zu den Orten des Heiligen Landes Israel, an denen Jesus den Evangelien nach war, besonders Betlehem (Geburt) und Jerusalem (Tod). Vergleichbare Pilgerreisen ins Heilige Land wurden bald von vielen unternommen. Als dies wegen der muslimischen Eroberung nicht mehr uneingeschränkt möglich war, wurden anderenorts Ersatzstätten geschaffen – so etwa im 12. und 13. Jahrhundert im äthiopischen Lalibela ein nachgebildetes Jerusalem bzw. Israel (mit Fluss Jordan, Berg Golgota etc.), zu dem die christlichen Pilger wandern konnten, nachdem dies im eigentlichen Heiligen Land nicht mehr möglich war. Auch ist dies der Ursprung von »Heiligen Stiegen« (etwa die Scala Santa – Heilige Treppe der Lateranbasilika in Rom oder die Stiege auf dem Bonner Kreuzberg), die an den Leidensweg Jesu erinnern und an seinen Aufstieg zum Palast des Pilatus, wo er verurteilt wurde.


Kopf des liegenden (= toten) Buddha im Paranirvana-Tempel, Kushinagara, Indien

Neben dem (theologischen, wohl nicht historischen) Geburtsort Jesu, Betlehem, und dem Ort seines Leidensweges bis zum Kreuzestod, Jerusalem, ist besonders Galiläa mit dem See von Gennesaret das Ziel christlicher Pilger aus aller Welt. Dem entsprechen bei Buddhisten die vier wichtigsten Pilgerorte Lumbini (Geburt des Siddhartha Gautama), Bodh Gaya (Erleuchtung: Siddhartha wird zum Buddha), Sarnath (Ort der ersten Lehrrede: Gründungsort des buddhistischen Mönchsordens) und Kushinagara (Hinübergehen des Buddha ins Nirvana). Mit Ayodhya und Vrindivan/Mathura sind die Gedenkorte der Geburt von Rama und Krishna benannt, der Avataras des hinduistischen Gottes Vishnu. Dorthin strömen unzählige Pilger, aber auch weitere Orte ihres Wirkens werden verehrt. Muslime pilgern beim Hadsch nach Mekka, wo die Kaaba das Symbol des einen und einzigen, zudem nicht darstellbaren Gottes ist. Viele kommen aber danach auch nach Medina (medina al-nabi, die Stadt des Propheten), wo sich die erste islamische Moschee im ehemaligen Wohnhaus Mohammeds und auch sein Grab befinden. Auch gibt es in vielen islamischen Richtungen Pilgerfahrten zu Gräbern von Heiligen und bedeutenden Lehrern, in der Schia zu den Gedenkorten der Prophetenenkel Hasan und Husein und der Imame. Jains gedenken an unterschiedlichen Pilgerorten der »Furtbereiter« (Tirthankaras), welche die Lehre der Jains geprägt haben (vgl. Seite 204).

Man ist dann mal weg

Подняться наверх