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Nur mal schauen – touristisches Pilgern

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Eine ganz andere Motivation steht hinter touristischem Pilgern, das keineswegs nur ein Symptom unserer Zeit ist. Bereits in der Antike wird von Reisenden berichtet, die die unterschiedlichsten Pilgerorte weniger aus religiösem Antrieb besuchten, sondern um auf ausgedehnten Reisen interessante Ziele zu besuchen. Das Kennenlernen und Besichtigen von Kultur, Bauwerken, Ritualen, sicher auch religiösen Ausdrucksformen standen im Vordergrund, kaum ein eigenes Tun oder eine eigene religiöse Überzeugung. Es gab in der Antike ebenso wie im Mittelalter Reiseschriftsteller, der Grieche Pausanias (115–180) gehörte ebenso dazu wie der nordafrikanische Muslim Ibn Battuta (1304–1368), der alle kulturell und religiös wichtigen Stätten in Nordafrika und Asien besuchte. In der Neuzeit war der amerikanische Schriftsteller Mark Twain (1835–1910) ein touristischer Pilgerreisender, der nicht nur in der Mitte und im Osten der Vereinigten Staaten unterwegs war, sondern auch in Europa.

Das touristische Reisen und Pilgern, das in früheren Zeiten nur priviligierten Personen zeitlich und finanziell möglich war, ist heute angesichts von Globalisierung und weltweiten Verkehrsverbindungen einer breiten Schicht zugänglich. So pilgern riesige Menschenströme zu den Weltkulturerbestätten der UNESCO sowie zu den heiligen Stätten der Weltreligionen überall auf der Welt. Die verschiedenen Jakobswege führten 2013 über 200.000 Besucher nach Santiago de Compostela, die Wallfahrt in den französischen Marienwallfahrsort Lourdes wurde von 6 Millionen Pilgern unternommen, zum Kumbh Mela in Allahabad kamen weit mehr als 100 Millionen Pilger. Bei den meisten von ihnen werden wohl religiöse Gründe vorherrschend gewesen sein, doch pilgern auch viele, um einfach nur einmal zu schauen, um Neues zu erleben sowie die riesigen Gemeinschaften an solch heiligen Orten wahrzunehmen.

Beispielhaft lässt sich dies am touristischen Pilgern in China darstellen: Durch die wirtschaftlichen Reformen seit 1990 und die größere Freizügigkeit, was Reisen innerhalb und außerhalb Chinas angeht, sind die Chinesen zu »Reiseweltmeistern« geworden. Die großen Tempel in den chinesischen Städten oder an den Hängen der Heiligen Berge sind zu überlaufenen Touristenzielen geworden. Natürlich vollziehen viele dieser Touristenpilger auch religiöse Rituale wie etwa das Anzünden von Räucherstäbchen, doch das Gespür für Heiliges ist weithin verschwunden – man klettert auf Buddha- und Götterstatuen, um Selfies zu machen, und anderes mehr. Touristisches Pilgern – eine Verschiebung religiösen Tuns in den säkularen Bereich.

Man ist dann mal weg

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