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Ultreïa et suseia – weiter und darüberhinaus

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Pilger in Kotahira, Japan

An jedem Morgen, da treibt’s uns hinaus, An jedem Morgen, da heißt es: Weiter! Und Tag um Tag, da klingt der Weg so hell: Es ruft die Stimme von Compostell’: Ultreïa, ultreïa et suseia, Deus adjuva nos!

(ein Pilgerlied des Jakobsweges)

Bereits seit tausend Jahren grüßen sich die Pilger auf den vielen Jakobswegen quer durch Europa mit dem Ruf »Ultreïa!« oder ausführlicher »Ultreïa et suseia!«. Dieser Pilgergruß findet sich auch in manchen der Pilgergesänge, die den weiten Weg über die Routen nach Santiago de Compostela begleiten, wo das (vermeintliche) Grab des Apostels Jakobus in der dortigen Kathedrale das Ziel solcher Jakobswege ist, die wie ein Netz das westliche und südwestliche Europa durchziehen.

Die beiden Begriffe stammen aus dem Spätlateinischen und dem daraus abgeleiteten Spanischen. Lateinisch »ultra, ulterius«, ebenso das Spanische »ultra, ulterior« bedeutet »weiter hinaus, jenseits, hinüber, ferner«; lateinisch »sus« und spanisch »¡sus!« ist ein mutmachender Aufruf »Wohlan, lasst uns anfangen!«; Ähnliches drückt das lateinische »eia« aus. Die beiden Grußworte verweisen also auf Bewegung, einen Anfang, ein Losgehen und zwar in eine weite Ferne, in einen noch nicht sichtbaren Bereich.

Damit war und ist natürlich zuerst einmal die körperliche Anstrengung der unter Umständen mehrere tausend Kilometer langen Wege gemeint. Vor allem im Mittelalter waren die wochen- und monatelangen Pilgerfahrten auf den Jakobswegen ein beschwerliches und auch gefährliches Unterfangen, für das sich die Pilgerkameraden immer wieder Mut zusprechen mussten: »Weiter auf unserem Weg!«

Doch geben die beiden Grußworte eine Losung vor, die tiefer reicht: Nicht nur um das äußere Tun auf dem Pilgerweg geht es, sondern um eine innere Haltung, um die grundsätzliche Motivation, die die Pilger bewegt hat und auch heute noch bewegt, sich auf anstrengende und unsichere Wege zu begeben: Pilgern ist körperliches Tun, aber zugleich auch eine innere Haltung – das Hinausgehen aus dem Gewohnten und das Hinausschreiten ins Ungewohnte, um so neue Perspektiven für das eigene Leben zu erlangen: Pilgern ist ein spirituelles Tun, eine geistige Haltung, die sich körperlich ausdrückt. Der Mensch ist eine Einheit von leiblichen, seelischen, geistigen Aspekten – das wird kaum irgendwo so deutlich wie beim Pilgern. Der Pilger macht sich auf einen Weg hin zum Fremden und letztlich zum Göttlichen, das er auf seinem Weg und dann am Ziel tiefer erfahren will und das ihm Kraft und Hoffnung für seinen weiteren Weg geben soll. Anders als Trecking, Bergtouren und Exkursionen ist die innere Mitte des Pilgerns eine geistliche Anstrengung, die der körperlichen vorangeht. Pilgern bedeutet, dass der Glaube – gleich welcher Art, dies werden wir bei den Weltreligionen sehen – laufen lernt. Pilgern ist die Verkörperlichung von Religion.

Man ist dann mal weg

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