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d) Funktionsanalyse

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Vor der Festlegung des Verrechnungspreises ist eine Funktionsanalyse durchzuführen.[370] Bei der Untersuchung, welche Funktionen von den beteiligten Unternehmen ausgeübt werden, handelt es sich nicht etwa um eine Methode zur Bestimmung des Verrechnungspreises, sondern vielmehr um eine vorangestellte Prüfung zur Sachverhaltsermittlung, der die Bestimmung der anwendbaren Verrechnungspreismethode folgt. Für die Vergleichbarkeit der Verhältnisse ist die wirtschaftliche Funktion des Unternehmens innerhalb des Unternehmensverbundes von Bedeutung.[371] Die wirtschaftlichen Funktionen werden von der FinVerw[372] beispielhaft („insb“) aufgezählt. Dazu gehören:

die Struktur, Organisation, Aufgabenteilung und Risikoverteilung in Konzernen sowie die Zurechnung von Wirtschaftsgütern;
welche Unternehmen die einzelnen Funktionen (Herstellung, Montage, Forschung und Entwicklung, verwaltungsbezogene Leistungen, Absatz, Dienstleistungen) erfüllen und
in welcher Eigenschaft die Unternehmen diese Funktionen erfüllen (zB als Eigenhändler, Agent oder gleich geordneter Teilnehmer bzw Handlungsbeauftragter eines Pools).

Baumhoff[373] nennt darüber hinaus: Produktion von Grundstoffen, Montage von Fertigerzeugnissen, „Veredelung“ von Produkten, Materialbeschaffung Lagerhaltung, Verpackung, Zurverfügungstellung von Kapital, Verwertung und Schutz von Patenten und Know-how, Qualitätskontrolle, Transport, Marketing, Verkauf und Vertrieb, Kundendienst, Unternehmensberatung, sonstige und technische Dienstleistungen. Aber auch hierbei handelt es sich lediglich um eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung. Auch in den OECD-RL 1995[374]ist eine beispielhafte Aufzählung von Funktionen enthalten, dazu zählen: Design, Herstellung, Montage, Forschung und Entwicklung, Service, Einkauf, Vertrieb, Marketing, Werbung, Transport, Finanzierung und Management.

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Eine Definition des Begr „Funktion“ ist weder im Schrifttum bzw Rspr, noch in den OECD-RL 1995 gegeben. Kaminski[375] weist weiter darauf hin, die Unterschiede würden schon damit beginnen, dass die OECD von einer Funktionsanalyse sprächen, während im deutschen Schrifttum häufig von einer Funktions- und Risikoanalyse gesprochen werde. Außerdem werde noch der Begr der Transaktion verwendet, ohne dass dieser regelmäßig definiert werde. Dieses überrasche umso mehr, weil der transaktionsbezogene Ansatz in der int Staatenpraxis,[376] in der Rspr[377] und in der Lit[378] fast ohne Widerspruch als tragendes Prinzip der int Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen angesehen werde.

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Der Gesetzgeber ist der Auffassung, eine Definition des Begr „Funktionsanalyse“ sei nun in Abs 3 S 1 idF des UntStRefG 2008[379] enthalten. Nach dem Wortlaut der Norm sollen Anpassungen im Hinblick auf die ausgeübten Funktionen, die eingesetzten Wirtschaftsgüter und die übernommenen Chancen und Risiken (Funktionsanalyse) vorgenommen werden, um vergleichbare Werte zu ermitteln. Ob das eine Definition des Begr „Funktionsanalyse“ darstellt, ist zweifelhaft, jedenfalls wird der Begr „Funktion“ in Abs 3 S 1 nicht definiert.

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Eine Definition des Begr „Funktion“ ist in der Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs 1 des AStG in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (FVerlV)[380] enthalten. Gem § 1 Abs 1 FVerlV ist eine Funktion eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Sie ist ein organischer Teil eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss.

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Die Definition in § 1 Abs 1 FVerlV ist für die Bestimmung der Funktion im Rahmen einer Funktionsanalyse als Vorüberlegung der Angemessenheit eines Verrechnungspreises wenig nützlich. Der Grund dafür liegt darin, dass die Funktion bei einer Funktionsverlagerung (vgl Rn 304 ff) an einen anderen Tatbestand anknüpft. Voraussetzung einer Funktionsverlagerung ist die Übertragung von betrieblichen Einheiten in Form von (innerbetrieblichen) Stellen oder (innerbetrieblichen) Abteilungen. Bei der Funktion im Rahmen einer Funktionsanalyse geht es hingegen um die Leistungen im weiteren Sinne, zu denen sich eine Vertragspartei im Rahmen der Geschäftsbeziehung verpflichtet hat. Zwar können sich beide Begr decken; der eine Geschäftspartner verfügt etwa über eine eigene Abteilung zur Forschung und Entwicklung neuer Produkte (Funktion im Sinne einer Funktionsverlagerung), deren Aufwendungen in der Preisfindung einer Geschäftsbeziehung berücksichtigt werden müssen (Vergütung der Forschung und Entwicklung iRd Wertschöpfungskette). Die Funktion im Rahmen einer Funktionsanalyse geht jedoch weiter. Übernimmt zB der eine Geschäftspartner bei Abschluss eines Vertrages eine über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende (fremdübliche) Garantie, wird er sich diese Bedingung (fremdüblich) vergüten lassen. Diese Garantieübernahme ist ohne Zweifel eine Funktion, die bei Durchführung einer Funktionsanalyse zu berücksichtigen ist. Die Garantieübernahme stellt hingegen regelmäßig keine Funktion iSd Funktionsverlagerung (vgl Rn 304 ff) sondern lediglich ein Risiko als Teil dieser Funktion dar. Für die Funktionsanalyse kann daher jede betriebliche Leistung, die sich mittelbar oder unmittelbar auf den Verrechnungspreis auswirken kann, eine zu berücksichtigende Funktion sein, wobei nicht erforderlich ist, dass diese Funktion einen marktfähigen Vermögensgegenstand darstellt.[381]

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Zu dem Unterschied zwischen dem Begr „Funktionsanalyse“ und „Risiko- und Funktionsanalyse“ ist anzumerken, dass dieser Unterschied für die Praxis unbedeutend ist, denn die Übernahme von Risiken ist stets ein Unterfall einer Funktion. Das bringen die OECD-RL 2010 in Tz 1.20 auch ausdrücklich hervor, indem „die wahrgenommenen Funktionen … (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes und der übernommenen Risiken) in der zwischen unabhängigen Unternehmen vereinbarten Vergütung zum Ausdruck kommen. ME können die Begr daher synonym verwendet werden.

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Zum Begr der Transaktion ist eine Definition aus der Volkswirtschaftslehre bekannt. Danach bezeichnet man als Transaktion eine gegenseitige Übertragung von Verfügungsrechten an Gütern oder Dienstleistungen.[382] Es ist auch zutr, die Transaktion als tragendes Prinzip der internationalen Gewinnabgrenzung anzusehen, denn ohne eine Transaktion – im volkswirtschaftlichen Sinne – kann kein (Verrechnungs-)Preis vereinbart werden, was wiederum zwingende Tatbestandsvoraussetzung von § 1 ist.[383] So ordnet wohl auch Kaminski[384] die Transaktion ein, denn „ist eine Transaktion identifiziert muss in einem zweiten Schritt eine Analyse der übernommenen Funktionen durchgeführt werden“.

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Unabhängig von der jeweiligen Verrechnungspreismethode wird von der Analyse der Funktionen der beteiligten Unternehmen ein grds Verteilungsmaßstab für die Gewinnmarge des konkreten Geschäfts vorgegeben. Denn es entspricht dem Verhalten am Markt, einen umso höheren Preis zu verlangen, je mehr Funktionen und Risiken von dem Geschäftspartner übernommen werden bzw je mehr Mittel der Geschäftspartner in der konkreten Geschäftsbeziehung einsetzt.

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Ausgangspunkt für die Funktionsanalyse ist die Identifizierung der einzelnen Beiträge der jeweils beteiligten Unternehmen des Unternehmensverbundes an der gesamten Wertschöpfung. Das Ziel ist dabei, die ausgeübten Funktionen innerhalb der Wertschöpfungskette zu isolieren, um sie den diese Funktionen ausübenden Unternehmen zuordnen zu können. Dabei ist einem Unternehmen, welches viele Funktionen ausübt und viele Risiken übernommen hat (jeweils im Verhältnis zu allen der Wertschöpfung zugrunde liegenden Funktionen und Risiken), ein größerer Teil der Gewinnmarge (von der Gesamtgewinnmarge der gesamten Wertschöpfungskette) zuzurechnen. Dagegen erhalten an der Wertschöpfungskette beteiligte Unternehmen, die lediglich Standardfunktionen ausüben, nur einen geringen Teil der Gesamtgewinnmarge zugewiesen.

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Der zugewiesene Teil der Gesamtgewinnmarge stellt das Äquivalent für die übernommenen Funktionen und Risiken dar. Die übernommenen Funktionen und Risiken sind danach zu untersuchen, welche Chancen und möglichen Nachteile mit ihnen verbunden sind bzw in ihnen ruhen. Drohen einem Geschäftspartner aus der Übernahme einer Funktion Nachteile, so entspricht es dem Verhalten unabhängiger Dritter dass diese Gefahr vergütet wird, denn andernfalls würden fremde Dritte den möglichen Nachteil nicht in Kauf nehmen. Hingegen besteht kein sachlicher Grund, eine Funktion, die kein wesentliches Risiko mit sich bringt, durch einen hohen Gewinn – oder die Chance hierauf – abzugelten.[385] Die FinVerw[386] vertritt insoweit die gleiche Auffassung und hält eine Unternehmenscharakterisierung für unverzichtbar, um zu klären, ob und welches Unternehmen Routinefunktionen ausübe, welches Unternehmen das wesentliche Unternehmensrisiko trage und welches mehr als nur Routinefunktionen ausübe ohne wesentlichen Risiken zu tragen. Die FinVerw[387] unterscheidet zwischen drei verschiedenen Unternehmensarten:

„Ein Unternehmen, das lediglich Routinefunktionen ausübt (beispielsweise konzerninterne Dienstleistungen erbringt, die ohne weiteres am Markt auch bei Dritten in Auftrag gegeben werden könnten, oder einfache Vertriebsfunktionen) und nur in geringem Umfang Wirtschaftsgüter einsetzt und nur geringe Risiken trägt, erzielt bei üblichen Geschehensablauf keine Verluste, sondern regelmäßig geringe aber relativ stabile Gewinne („Unternehmen mit Routinefunktion“). Das gilt auch für einen sog Lohnfertiger oder einen sog „low risk distributor“, der im Hinblick auf Forderungsausfälle und die Marktentwicklung nur kommissionärsähnliche Risiken trägt.
Einem Unternehmen, das über die zur Durchführung von Geschäften wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter verfügt, die wesentlichen, für den Unternehmenserfolg entscheidenden Funktionen ausübt und die wesentlichen Risiken übernimmt (vielfach als „Entrepreneur“ oder „Strategieträger“ bezeichnet), steht regelmäßig, (ggf zusammen mit anderen Unternehmen, die eine Entrepreneur-Funktion das betr Konzernergebnis zu (OECD-RL 1995 Tz 1.23 S 2 und Tz 1.27), das nach Abgeltung von Funktionen anderer nahe stehender Unternehmen verbleibt. Ob das von einem „Entrepreneur“ erzielte Erg dem Fremdvergleich entspricht, lässt sich mangels vergleichbarer Unternehmen regelmäßig nicht unter Verwendung von Fremdvergleichsdaten feststellen; das Erg bildet vielmehr eine Residualgröße.
Ein Unternehmen, das unter Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Funktionen, eingesetzten Wirtschaftsgütern und übernommenen Risiken weder als Unternehmen mit Routinefunktionen noch als der „Entrepreneur“ anzusehen ist, kann soweit für seine Geschäftsvorfälle keine Fremdpreise feststellbar sind, seine Verrechnungspreise aufgrund von Planrechnungen ermitteln, wobei es den Eintritt der prognostizierten Erg zu überwachen und ggf auf Abweichungen zu reagieren hat. Die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode ist in diesem Zusammenhang keine geeignete Methode.“

Die Zuordnung von Unternehmen zu einer der Gruppen könne – nach Auffassung der FinVerw[388] – nur anhand der Umstände des jeweiligen Falles erfolgen. Die Gründe seien unter Verwendung einer Funktions- und Risikoanalyse darzustellen.

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Aus der Zuordnung der Unternehmen in einer der Gruppen ist zugleich der Grundstein für den Gewinnteil, der dem jeweiligen Unternehmen aufgrund seiner Stellung gebührt, gelegt. Wenn im internationalen Konzern anders verfahren wird, muss eine Korrektur der (vereinbarten) Verrechnungspreise erfolgen.

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Eine Verpflichtung des StPfl zur Vornahme einer Funktions- und Risikoanalyse ergibt sich aus § 4 Nr 3 Buchstabe a GAufzV iRd Dokumentation nach § 90 Abs 3 AO. Danach hat der StPfl (nach Maßgabe der §§ 1–3 GAufzV) folgende Aufzeichnungen, soweit sie für die Prüfung von Geschäftsbeziehungen iSd § 90 Abs 3 AO von Bedeutung sind, zu erstellen: (1) Informationen über die jeweils vom StPfl und den nahe stehenden Personen iRd Geschäftsbeziehungen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken sowie deren Veränderungen über die eingesetzten wesentlichen Wirtschaftsgüter, über die vereinbarten Vertragsbedingungen, über gewählte Geschäftsstrategien sowie über die bedeutsamen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse; (2) Beschreibung der Wertschöpfungskette und Darstellung des Wertschöpfungsbeitrags des StPfl im Verhältnis zu den nahe stehenden Personen, mit denen Geschäftsbeziehungen bestehen.

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Kaminski[389] schlägt für die Umsetzung dieser Anforderungen tabellarische Übersichten vor, bei denen nicht nur eine einfache Zuordnung von Funktionen erfolge, sondern auch gesondert angegeben werde, wie ausgeprägt bestimmte Risiken seien. Insoweit könne es sich anbieten, hier ein abgestuftes System (etwa eine Skala von 1-5) vorzusehen. Ferner solle überlegt werden, inwieweit zusätzliche Erl erforderlich seien, um dieses System nachvollziehbar zu machen. Dies könne nicht nur sinnvoll sein, um diese Unterlagen der FinVerw vorzulegen, sondern auch innerhalb des eigenen Unternehmens für Transparenz und Akzeptanz sorgen.

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