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aa) Stufenverhältnis zur Ermittlung von Verrechnungspreisen
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Soweit uneingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte feststellbar sind, stellt jedoch Abs 3 S 1[393] den Vorrang der Standardmethoden (vgl Rn 262 ff) fest. Die vorrangige Anwendung entspricht nach Auffassung des Gesetzgebers[394] dem int Konsens.[395] Der Aussagewert der Vorschrift ist insoweit banal.[396] Es entspricht der gängigen Praxis, den Fremdvergleichspreis auf Grundlage der sog Standardmethoden zu ermitteln. Den OECD-RL 1995[397] kann dazu entnommen werden, mit den geschäftsfallbezogenen Standardmethoden ließe sich am direktesten feststellen, ob die kaufmännischen und finanziellen Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen dem Fremdvergleich standhalten. Folglich sei den geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden gegenüber anderen Methoden der Vorzug zu geben. Aus dem Vorrang der Standardmethoden kann aber zugleich geschlossen werden, dass das Gesetz die Anwendung anderer (nachrangiger) Fremdvergleichsmethoden nicht ausschließt.[398]
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Abs 3 stellt ein gesetzliches Stufenverhältnis zwischen den Standardmethoden auf.[399] Auf der ersten Stufe soll stets ein tatsächlicher Fremdvergleich durchgeführt werden. Die Anwendung der ersten Stufe setzt allerdings uneingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte voraus. Scheitert die Anwendung der 1. Stufe an dieser Voraussetzung, soll auf der 2. Stufe ein tatsächlicher Fremdvergleich auf der Basis eingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte durchgeführt werden. Scheitert die Anwendung der 2. Stufe, an dem Fehlen eingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte, so soll auf der 3. Stufe ein hypothetischer Fremdvergleich durchgeführt werden, für den ein hypothetischer Einigungsbereich zu ermitteln ist.[400]
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Der RegierungsBegr[401] zum UntStRefG 2008[402] kann zur Einf dieses Stufensystem folgendes entnommen werden: „Soweit uneingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte feststellbar sind, stellt Abs 3 S 1 den Vorrang der sog Standardmethoden fest. Werden mehrere solcher Werte für die Anwendung einer Methode ermittelt, bilden diese eine Bandbreite…. In allen Fällen, in denen keine uneingeschränkt vergleichbaren Werte ermittelt werden können, wird vom StPfl gem Abs 3 S 2 gefordert, eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte (zB Preise, Bruttomargen, Kostenaufschlagsätze, Provisionssätze) für die Anwendung einer geeigneten Verrechnungspreismethode zu verwenden. Ergibt sich eine Bandbreite eingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte, regelt Abs 3 S 3, dass diese Bandbreite einzuengen ist. Dies ist erforderlich, weil die nur eingeschränkte Vergleichbarkeit der Werte regelmäßig zu einer größeren Bandbreite führt, als bei uneingeschränkt vergleichbaren Werten. Die Einengung ist entspr den Verwaltungsgrundsätze Verfahren[403] vorzunehmen. In Fällen, in denen der vom StPfl verwendete Wert außerhalb der im jeweiligen Fall maßgeblichen Bandbreite liegt, ist gem Abs 3 S 4 eine Korrektur unter Verwendung des Medians der Werte dieser Bandbreite durchzuführen. Wäre der StPfl berechtigt, den für ihn günstigsten Wert zu verwenden, könnte das deutsche Besteuerungssubstrat ohne sachliche Begr ungerechtfertigt zu Gunsten der ausl Besteuerung geschmälert werden. In Fällen, in denen keine uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbaren Werte ermittelt werden können, verpflichtet Abs 3 S 5 den StPfl dazu, einen „hypothetischen“ Fremdvergleich durchzuführen, weil mangels verwendbarer Vergleichswerte keine andere Möglichkeit zur Bestimmung des Verrechnungspreises besteht. Zur Durchführung des hypothetischen Fremdvergleichs ist zu fingieren, welche Preise voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vereinbart hätten. Im hypothetischen Fremdvergleich ergibt sich nach Abs 3 S 6 regelmäßig ein Einigungsbereich zwischen der Mindestpreisvorstellung des Leistenden einerseits und der Höchstpreisvorstellung des Leistungsempfängers andererseits. Die Preisvorstellungen hängen von den jeweiligen Gewinnerwartungen ab. Durch das AmtshilfeRLUmsG 2013[404] erfuhr die Regelung in Abs. 3 S. 6 nach Auffassung des Gesetzgebers[405] eine technische Klarstellung: „Für die Bestimmung des Mindestpreises für den Leistenden und des Höchstpreises für den Leistungsempfänger ist es im hypothetischen Fremdvergleich notwendig, funktions- und risikoadäquate Kapitalisierungszinssätze zu berücksichtigen; dies ist bisher nur in Abs 3 S 9 enthalten, gilt aber allgemein. Für eine Geschäftsbeziehung zwischen einem Unternehmen, das alle wesentlichen Chancen und Risiken dieser Geschäftsbeziehung trägt, und einen anderen verbundenen Unternehmen bleibt es wie bisher möglich, den Verrechnungspreis aufgrund innerbetrieblicher Planrechnungen zu bestimmen, die dem verbundenen Unternehmen einen fremdüblichen Gewinn zuweisen und das Restergebnis dem erstgenannten Unternehmen. Abs 3 S 7 bestimmt, dass grds der Wert im Einigungsbereich der Einkünfteermittlung zugrunde gelegt werden muss, der dem Fremdvergleichsgrundsatz am besten entspricht. Sind keine besonderen Anhaltspunkte für einen bestimmten Wert ersichtlich und werden unter Berücksichtigung der konkreten Unstände des Falles keine tragenden Gründe für einen bestimmten Wert glaubhaft gemacht, wird vermutet, dass sich die beiden ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter auf den Mittelwert des Einigungsbereiches einigen würden. Die Vermutung für den Mittelwert simuliert das Erg fiktiver Preisverhandlungen zwischen voneinander unabhängigen Dritten.“
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Auch wenn das in Abs 3 angeordnete Stufenverhältnis in seinem Ausgangspunkt auf den ersten Blick verständlich ist,[406] so schwierig ist es in seiner Anwendung. Abs 3 S 1 gibt den Standardmethoden den Vorrang, ohne zu bestimmen, welche der Methoden dem tatsächlichen und welche dem hypothetischen Fremdvergleich zuzuordnen sind.[407] Diese Abgrenzung ist aber nicht unbedeutend, weil Abs 3 S 5 ff nur noch für den hypothetischen Fremdvergleich gelten.[408] Wassermeyer/Baumhoff/Greinert[409] verstehen die Regelung in Abs 3 S 1 zutr daher so, die Preisvergleichs-, die Wiederverkaufspreis- und die Kostenaufschlagsmethode seien gleichermaßen dem tatsächlichen Fremdvergleich zuzuordnen. Ob deshalb die Vergleichswerte uneingeschränkt oder nur eingeschränkt vergleichbar seien, könne nur für den jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Der Vorrang der Standardmethoden und die gleichrangige Anwendbarkeit der Standardmethoden nebeneinander entspricht der Auffassung der OECD[410] und der des BFH.[411] Bei der Auswahl der richtigen Methode auf den konkreten Fall kommt es auf die Art, den Umfang und die Qualität der verfügbaren Fremdvergleichsdaten an und hängt weiter von den durch die beteiligten Unternehmen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken ab. Daher ist zunächst eine Funktionsanalyse durchzuführen. Als Erg dieser Funktionsanalyse können die beteiligten Unternehmen dann entweder als Strategieträger (Entrepreneur) oder als Routineunternehmen qualifiziert werden. Lange/Rohler[412] geben folgenden Überblick über die typischen Anwendungsfälle der Standardmethoden:
– | Preisvergleichsmethode bei der Lieferung von Standardprodukten und der Erbringung von marktgängigen Dienstleistungen, wobei leistendes und empfangendes Unternehmen jeweils Strategieträger oder Routineunternehmen sein können; |
– | Wiederverkaufspreismethode bei der Lieferung von Waren an eine Vertriebsgesellschaft, wobei das leistende Unternehmer der Strategieträger und das empfangende Unternehmen ein Routineunternehmen ist; |
– | Kostenaufschlagsmethode, bei der Lohnfertigung, Auftragsforschung und bei der Erbringung von Routinedienstleistungen, wobei das leistende Unternehmen ein Routineunternehmen und das empfangende Unternehmen der Strategieträger ist. |
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Versteht man den Aufbau in Abs 3 dergestalt, dass die S 2–4 für den tatsächlichen Fremdvergleich Anwendung finden, während die S 5 ff nur für den hypothetischen Fremdvergleich anwendbar sind, ergeben sich aus dem Gesetz, je nach Durchführung des Fremdvergleichs in Form eines tatsächlichen oder hypothetischen, sowohl unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen als auch unterschiedliche Rechtsfolgen.[413] Das ist eine gesetzgeberische Neuheit, die nicht mit int Grundsätzen im Einklang steht.[414]