Читать книгу Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen - Katharina Becker - Страница 81
dd) 3. Stufe – § 1 Abs 3 S 5 ff
Оглавление255
In Fällen, in denen keine uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbaren Werte festgestellt werden können, ordnet das Gesetz in Abs 3 S 5 an, dass der StPfl einen hypothetischen Fremdvergleich durchführt. Der Preisbildungsprozess ist mithin zu simulieren. Das stellt die 3. Stufe in der Anwendungsreihenfolge der Verrechnungspreismethoden dar. Weitere Ausführungen zum hypothetischen Fremdvergleich auf der 3. Stufe enthalten die S 5–12 in Abs 3.
256
Durch Abs 3 S 5 wird eine Einkünfteermittlung zu Lasten des StPfl geregelt.[445] War es bisher ausreichend, dass der StPfl seine Einkünfte auf der Grundlage des von ihm verwirklichten Sachverhalts erklärte, ist er nun angehalten, die Angemessenheit des Verrechnungspreises anhand eines von ihm durchzuführenden Fremdvergleichs nachzuweisen.[446] Dabei ist der Fremdvergleich unter Beachtung von Abs 1 S 2 durchzuführen, dh der StPfl muss unter der Annahme vollständiger Transparenz im Hinblick auf alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung ermitteln, welchen Preis er selbst fordern oder leisten würde und welchen Preis der Geschäftspartner fordern oder leisten würde. Das trägt dem Erfordernis Rechnung, im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs notwendigerweise beide Vertragspartner zu fingieren.
257
Dem aus dem hypothetischen Fremdvergleich folgenden Preisbildungsprozess konkretisiert Abs 3 S 6 dahin, dass der StPfl aufgrund einer Funktionsanalyse und innerbetrieblicher Planrechnungen den Mindestpreis des Leistenden und den Höchstpreis des Leistungsempfängers zu ermitteln hat. Das Gesetz ordnet damit immer eine doppelte „ertragswertorientierte“ Ermittlung an.[447] Das stellt den Einigungsbereich dar. Das Gesetz geht bei Anwendung eines hypothetischen Fremdvergleichs in jedem Fall davon aus, dass sich der Mindestpreis des Leistenden und der Höchstpreis des Leistungsempfängers nicht decken, mithin ein Einigungsbereich entsteht. Das Entstehen eines Einigungsbereiches ist jedoch nicht zwingend, etwa wenn sich die Preisvorstellungen der Vertragspartner decken.[448]
258
Ist ein Einigungsbereich ermittelt, bestimmt Abs 3 S 7, dass grds der Verrechnungspreis aus dem Einigungsbereich den Einkünften des StPfl zugrunde zu legen ist, der den Fremdvergleichsgrundsatz am besten widerspiegelt. Zur Vereinfachung ergibt sich aus dem Gesetz die Vermutung, dass der Mittelwert den zutr Verrechnungspreis darstellt, wenn keine besonderen Anhaltspunkte für einen bestimmten (anderen) Wert feststellbar sind und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles keine wesentlichen Gründe für einen bestimmten (anderen) Wert glaubhaft gemacht werden.[449] Bestehende Unsicherheiten gehen damit zu Lasten des StPfl.[450] Das Gesetz sagt nichts darüber aus, wie der StPfl die Wahrscheinlichkeit eines anderen Wertes glaubhaft machen soll, was bei Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs jedoch angezeigt gewesen wäre, denn bei Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs gelingt es nicht, eine höhere Wahrscheinlichkeit als Wiedergabe der beobachtbaren Häufigkeit einer Ausprägung in der Statistik darzustellen, weil Ausprägungen gerade nicht beobachtbar sind; sie können allenfalls „erdacht“ werden.[451]
259
Wassermeyer/Baumhoff/Greinert[452] kritisieren, der Gesetzgeber habe sich einmal mehr mit dem Mittelwert eines Begr aus der Statistik bedient, ohne die Bedeutung richtig abzuschätzen. Es gebe nämlich den arithmetischen Mittelwert, den geometrischen Mittelwert und den harmonischen Mittelwert. Bei Anwendung der verschiedenen Mittelwerte gelange man für den gleichen Einigungsbereich zu unterschiedlichen Erg. Der Gesetzgeber habe indes offen gelassen, welcher Mittelwert steuerlich relevant sein solle. ME folgt aus der GesetzesBegr,[453] dass der Gesetzgeber den arithmetischen Mittelwert gemeint hat, denn er geht davon aus, dass die Vermutung für den Mittelwert das Erg fiktiver Preisverhandlungen zwischen voneinander unabhängigen Dritten simuliert. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber den Mittelwert nicht als statistischen Begr verwenden wollte, sondern das regeln wollte, was allg unter Mittelwert verstanden wird, nämlich das arithmetische Mittel.
260
Ist der Einigungsbereich vom StPfl unzutr ermittelt worden, und ist daher gem Abs 3 S 8 von einem anderen Einigungsbereich auszugehen, ist der Verrechnungspreis grds zu berichtigen. Bei Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs schreibt das Gesetz damit gleichermaßen vor, unter welchen Umständen der Verrechnungspreis zu korrigieren ist.[454] Der Einigungsbereich ist unzutr, wenn mindestens eine der Preisgrenzen unrichtig ist, was aus einer unzutr Funktionsanalyse oder aus unzutr Planrechnungen resultieren kann.[455]
261
Ist der Einigungsbereich unzutr und der Verrechnungspreis daher eigentlich zu berichtigen, wird der FinVerw Ermessen („kann“) eingeräumt, trotz des unrichtigen Einigungsbereichs keine Berichtigung durchzuführen, wenn der vom StPfl festgestellte Verrechnungspreis im (anderen) zutr ermittelten Einigungsbereich liegt.[456] Dafür soll darauf abzustellen sein, ob die Abweichung vom eigentlich anzusetzenden Wert erheblich ist, ob durch die Berichtung ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren ausgelöst wird und wie die Aussichten eines solchen Verfahrens einzuschätzen sind.