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c) Ausklammerung von Zahlungsstockungen: Dreiwochenfrist
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Da es in jedem Betrieb zu nicht vorhersehbaren vorübergehenden Zahlungsstockungen kommen kann, muss eine zeitliche Mindestdauer der Deckungslücke rechtssicher festgelegt werden, um bei Verfahrenseröffnungen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren. Der BGH hat sich dabei an der dreiwöchigen Antragsfrist orientiert, die das Gesetz auch den Organträgern juristischer Personen zur Verfügung stellt, bevor Straftatbestände erfüllt werden (§ 15a Abs. 1 InsO). Daraus wurde gefolgert, dass dem Schuldner zumindest diese Dreiwochenfrist zur Verfügung stehen müsse, um Deckungslücken zu schließen; in dieser Zeit könne sich eine kreditwürdige Person die zur Deckung erforderlichen Geldmittel beschaffen (s aber Rn 75); in diesem Zeitraum darf also noch von einer insolvenzrechtlich unerheblichen Zahlungsstockung ausgegangen werden[37]. Ist aber bereits absehbar, dass die Schließung der Deckungslücke vor Ablauf der Dreiwochenfrist (oder auch später) nicht gelingen wird, steht die Zahlungsunfähigkeit bereits vorher fest. Anstelle des vom BGH festgesetzten Dreiwochenzeitraums wäre jedoch die Betrachtung eines Wirtschaftsmonats zielführender: Zum einen werden die Buchhaltungsunterlagen immer monatlich aktualisiert, zum anderen haben Betriebe zum Monatsende wiederkehrende Ausgaben für Löhne, Gehälter und Steuern, die einen hohen Liquiditätsbedarf auslösen[38]. Letztere können ausgegrenzt werden, wenn man nur drei Wochen betrachtet.
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Auf der anderen Seite dürfen diese Regeln nicht starr gehandhabt werden, um vorschnelle Insolvenzeröffnungen zu vermeiden. Der BGH hat eingeräumt, dass in (seltenen) Ausnahmefällen auch ein längerer Beobachtungszeitraum geboten ist. Besteht also eine relevante Liquiditätslücke und kann der Schuldner darlegen, dass diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zwar erst in mehr als drei Wochen, aber in zumindest absehbarer Zeit (fast) vollständig geschlossen werden kann, und ist den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten, könne man nicht ohne Weiteres von der Zahlungsunfähigkeit ausgehen[39].
Hiervon ausgehend wird von betriebswirtschaftlicher Seite vorgeschlagen, die Finanzplanung auf längere Zeiträume auszudehnen, um sicherzustellen, dass alle Umstände, die bereits angestoßen worden sind und zu einer erheblichen Verbesserung der Liquidität führen können, ausreichend berücksichtigt werden können[40]. Als Beispiele sind angekündigte, aber noch nicht vollzogene Kreditauszahlungen sowie Abschlags- oder Schlusszahlungen bei Großaufträgen zu nennen. Schließlich können bei Verlängerung des Betrachtungszeitraums auch Lücken unter zehn Prozent als Unterdeckung entlarvt werden, ohne die sog. Bugwelle (s Rn 101) bemühen zu müssen.