Читать книгу Insolvenzrecht - Klaus Reischl - Страница 57
a) Seit dem 1.11.2008
Оглавление120
Die derzeitige Gesetzesfassung sieht in der Unterbilanz und der Fortbestehensprognose zwei gleichwertige (aber hintereinander gereihte) Entscheidungskriterien, die eine Überschuldung im Sinne von § 19 InsO jeweils für sich auszuschließen geeignet sind. Ist eine juristische Person gemäß der insolvenzrechtlichen Sonderbilanz überschuldet, so soll man nach dem Willen des Gesetzgebers die Eröffnung eines Insolvenzantrages gleichwohl verhindern können, wenn ein sachverständiges Testat besagt, dass der Betrieb weiterhin ertrags- und damit überlebensfähig ist. Präventiver Gläubigerschutz ist dann nicht geboten, zumal das daneben geltende Merkmal der Zahlungsunfähigkeit eine ausreichende Sicherung ist.
Zu dieser Situation kann es kommen, wenn bei Großunternehmen der Finanzbranche (zB Banken, Versicherungen) erhebliche Wertverluste bei Finanzanlagen oder Immobilien eintreten, die zwangsläufig zu einer entsprechend hohen Reduzierung der Aktivseite der Insolvenzbilanz führen. Dies war im Rahmen der sog. Finanzmarktkrise in 2008 und 2009 der Fall bzw wurde zumindest vom Gesetzgeber so befürchtet, der mit der Verselbstständigung der Fortführungsprognose die reihenweise Insolvenzantragstellung der „systemrelevanten“ Finanzunternehmen verhindern wollte (vgl Bt-Ds 16/10600, S. 21). Es ist nicht zu übersehen, dass damit für kleinere Betriebe die Möglichkeit besteht, eine in Kürze drohende Insolvenzantragspflicht durch die Umschuldung in längerfristige Kredite hinauszuschieben und die Zwischenzeit zur ungestörten Beiseiteschaffung von Vermögenswerten oder zur Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen (vgl § 135 InsO) zu nutzen[78].