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f) Beweisfragen

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Der rückblickende Nachweis der Zahlungsunfähigkeit anhand einer Liquiditätsbilanz kann dem Insolvenzverwalter, der dieses Tatbestandsmerkmal im Rahmen eines Anfechtungsprozesses darlegen muss, große Schwierigkeiten bereiten. Für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, etwa in Form einer Liquiditätsbilanz[43]. Nicht immer kann der Insolvenzverwalter jedoch auf geordnetes und verlässliches Zahlenmaterial zugreifen, und im Nachhinein ist die Rekonstruktion der Buchhaltung meist schwierig bzw wenig aussagekräftig. Der BGH hilft dem Insolvenzverwalter aus diesem Dilemma, indem er ihn vom Erfordernis der Vorlage einer detaillierten negativen Liquiditätsbilanz für den relevanten Zeitraum befreit, falls die Zahlungsunfähigkeit auch auf andere Weise dargestellt werden kann[44]. Das ist zum Beispiel anhand einer ex-post-Betrachtung möglich, wenn zum behaupteten Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit bereits erhebliche fällige Verbindlichkeiten bestanden haben, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind[45]. Gestundete bzw nicht ernsthaft eingeforderte Forderungen gehören jedoch nicht dazu[46]. Es bedarf dann zunächst weder der Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden fälligen Verbindlichkeiten noch des Nachweises einer zehnprozentigen Deckungslücke[47], es muss aber aufgezeigt werden, dass die offen gebliebenen Forderungen einen wesentlichen Teil der damals bereits fälligen Forderungen darstellen, weil man dann von einer Zahlungseinstellung ausgehen könne (s Rn 110).

Legt der Insolvenzverwalter jedoch auf der Grundlage der schuldnerischen Buchhaltung eine schlüssige Liquiditätsbilanz vor, aus der sich die Zahlungsunfähigkeit ergibt, genügt der pauschale Einwand des Schuldners, die Buchhaltung sei unrichtig, nicht, um seiner Substantiierungslast nachzukommen; vielmehr muss der Schuldner im Einzelnen vortragen und ggf beweisen, welche der in der Liquiditätsbilanz passivierten Verbindlichkeiten nicht bestanden haben oder nicht fällig gewesen sein sollen[48].

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Der Insolvenzverwalter muss demzufolge anhand der Buchhaltung oder der Forderungsanmeldungen die ältesten Verbindlichkeiten ermitteln und überprüfen, ob diese erheblich sind und bereits aus Geldmangel offen geblieben sind. Da die Zehnprozent-Regel lediglich als Schutz vor vorschnellen Verfahrenseröffnungen gedacht ist, steht sie einem solchen Nachweis nicht entgegen, denn auch die Bagatellgrenze suspendiert den Schuldner nicht vom Erfordernis hundertprozentiger Erfüllung aller Verbindlichkeiten. Entsprechend einfach ist die Begründung einer widerlegbaren Vermutung durch das Aufzeigen einer zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits erfolgten Zahlungseinstellung anhand von leicht feststellbaren Indiztatsachen (s Rn 110). Diese Vermutung kann jedoch vom Schuldner oder Gegner ausgeräumt werden, beispielsweise durch den Vortrag von Einreden, sofern diese nicht abwegig sind. Auch ein unter Krisenverdacht stehender Schuldner muss nicht jede an ihn herangetragene Forderung ungeprüft oder unwidersprochen begleichen, nur um zu verhindern, dass ein etwaiger Insolvenzverwalter seine Geschäftspartner später aus § 133 InsO in Anspruch nehmen kann. Nach Auffassung des BGH ist demgegenüber die Darlegung der bloßen Zahlungsunwilligkeit noch nicht ausreichend, um die Vermutung der durch die Zahlungseinstellung manifestierten Zahlungsunfähigkeit zu erschüttern, vielmehr sei dafür der Nachweis der Zahlungsfähigkeit zu erbringen[49]. Das bedeutet aber nicht, dass die Forderungen automatisch in den Liquiditätsplan einzustellen sind, sondern es wird geprüft, ob die vorgetragenen Einreden des Schuldners geeignet sind, die Fälligkeit der Forderung so zu entkräften, dass sie zumindest nicht mit ihrem vollen Nennbetrag zu aktivieren ist.

§ 3 Die Begründetheit des Insolvenzantrags › I. Zahlungsunfähigkeit › 2. Zahlungseinstellung

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